Kurt Thut gilt bis heute als einer der wichtigsten Schweizer Möbeldesigner. Der gelernte Schreiner, Designer und Innenarchitekt übernahm als 45-Jähriger 1976 die väterliche Schreinerei in Möriken AG. Daraus machte er ein bekanntes Unternehmen für selbst entworfene Designmöbel.

Ein gestalterisches Credo des 2011 verstorbenen Thut war, auf unnötigen Zierrat zu verzichten. Deshalb ärgerte ihn auch das Design klassischer Betten: «Eigentlich ist es Blödsinn, um den Rost herum noch einen Rahmen zu bauen», so Kurt Thuts Verdikt in den Achtzigerjahren. Aus diesem Ärgernis heraus entstand das noch heute erhältliche Bett Thut 990.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Es funktioniert nach demselben Prinzip wie die metallenen Scherengitter, die in vielen Haushalten als Topfuntersetzer dienen. Das Scherenbett benötigt nicht nur keinen Rahmen, es kann sich auch Matratzen verschiedener Breiten anpassen.

Das Bett wird zum Sofa

Kombiniert mit der vom Hersteller angebotenen dreiteiligen Matratze, ist es deshalb auch ein praktisches Gästebett: Im schmalen Zustand liegt die 90 Zentimeter breite Hälfte der Matratze auf dem gleich breiten Gestell. Die andere Hälfte kann der Länge nach mit einem Reissverschluss noch mal halbiert und gefaltet werden. Sie dient so als Lehne und macht aus dem Scherenbett ein einfaches Sofa. Wenn man das Gitter auseinanderzieht, die Lehne mit dem Reissverschluss wieder zu einer Matratze verbindet und sie neben die andere klappt, entsteht ein 180 Zentimeter breites Doppelbett.

Der Schweizer Designer Kurt Thut in seiner Werkstatt

Der Schweizer Designer Kurt Thut in seiner Werkstatt.

Quelle: ZVG

Das Prinzip ist aus heutiger Sicht verblüffend einfach, doch der Weg dorthin war lang und von Rückschlägen geprägt. «Mein Vater war ein Perfektionist und experimentierte lange daran herum», erinnert sich Benjamin Thut, der selbst als Designer in der heute in Buchs ZH ansässigen Firma arbeitet. Nach vielen Entwürfen landete Kurt Thut bei diagonal angeordneten, fix verbundenen Latten. Er baute 1989 einen Prototyp und brachte ihn zu seinem Freund und Fotografen Teddy Hablützel, um Bilder für eine Möbelmesse anzufertigen. Doch Hablützel fand die Lösung noch
zu wenig ausgereift.

Federn wie auf Skiern

Für ihn suggerierte die Lattenkonstruktion die Option, das Bett zu falten – was nicht möglich war. Kurt Thut nahm die Kritik seines Freundes ernst, verzichtete auf die Fotos, tüftelte weiter und fand 1990 schliesslich eine bessere Lösung. Das neue Bett liess sich für den Transport vom Fuss- zum Kopfende hin wie ein Scherengitter platzsparend zusammenschieben. Daher brauchte es für jede gewünschte Breite ein eigenes Modell. Auch das war deshalb noch nicht die optimale Lösung.

Bei der vertieften Auseinandersetzung mit dem Scherengitter-Prinzip stellte Kurt Thut anhand eines in der Breite zusammenschiebbaren Prototyps fest, dass sich dessen Länge beim Zusammenfalten viel weniger als ursprünglich gedacht veränderte – eine Differenz, die durch Matratze und Bettzeug gar nicht auffiel. Damit war das in der Breite variable Scherenbett geboren.

Es kam 1990 auf den Markt und findet bis heute Anklang – wohl nicht zuletzt, weil es einen Komfort bietet, der dem eines klassischen Betts mit Rost ebenbürtig ist. Der Clou: «Wir verwenden für das Scherengitter mit Sperrholz verleimte Buchenlatten, deren Prinzip sich am Holzkern von Skiern orientiert», sagt Benjamin Thut. Der beim Skifahren wichtige Federeffekt sorgt so bei Kurt Thuts Scherenbett für mehr Schlafkomfort.