Die Abschaffung wird wohl abgeschafft
Für Hausbesitzer ein Ärgernis, für Mieterinnen eine gerechte Sache: Der Eigenmietwert ist umstritten. Die geplante Abschaffung scheitert wohl erneut.
Veröffentlicht am 17. Dezember 2024 - 11:50 Uhr
Was ist der Eigenmietwert?
Der Eigenmietwert
entspricht der Miete, die Eigentümer verlangen könnten, wenn sie ihre Immobilie nicht selbst bewohnen würden. Diesen Betrag müssen sie als Einkommen versteuern.
Warum geht es mit der Abschaffung des Eigenmietwerts nicht vorwärts?
Weil sich das Parlament nicht einig ist: Es stehen verschiedene Varianten zur Diskussion. Die bisherigen Beschlüsse der beiden Kammern des Parlaments, also des Nationalrats und des Ständerats, stimmen nicht überein. Darum ging die Vorlage jahrelang zwischen den beiden Kammern hin und her. Jetzt ist als letzte Instanz die Einigungskonferenz am Zug, ein vermittelndes Gremium zwischen National- und Ständerat. Selbst wenn es zu einer Einigung kommt, kann noch das Referendum dagegen ergriffen werden. Dann käme es zu einer Volksabstimmung. Das wird nochmals eine Weile dauern.
Entweder wird der Eigenmietwert abgeschafft oder nicht – warum ist das so kompliziert?
Weil die politischen Meinungen weit auseinandergehen – und weil der Teufel im Detail steckt. Wenn der Eigenmietwert abgeschafft wird, müssten konsequenterweise auch die damit zusammenhängenden Abzüge
gestrichen werden. Umstritten ist insbesondere, ob der Schuldzinsabzug gestrichen oder reduziert werden soll. Also die Möglichkeit, die gezahlten Hypothekarzinsen vom Einkommen abzuziehen und damit die Steuerlast zu senken.
Was spricht für die Abschaffung und was dagegen?
«Steuerlogisch» wäre es, den Abzug dann zuzulassen, wenn man dank der Schulden ein steuerbares Einkommen erzielt: Wer also mit geliehenem Geld eine Immobilie kauft, die Wohnungen vermietet und diese Einnahmen versteuert, soll auch die dafür notwendigen Auslagen abziehen können, darunter eben die Hypothekarzinsen. Gegen den Schuldzinsabzug spricht, dass dieser dazu einlädt, möglichst hohe Schulden zu machen. Ökonomisch betrachtet wäre es vernünftiger, die Verschuldung möglichst tief zu halten. Im internationalen Vergleich sind Schweizer Haushalte überdurchschnittlich hoch verschuldet – das liegt vorwiegend an den hohen Hypothekarkrediten und daran, dass man diese steuerlich abziehen kann.
Gibt es noch weitere Streitpunkte?
Ja. Unbestritten ist, dass bei der Abschaffung des Eigenmietwerts auch der Abzug für den Liegenschaftsunterhalt – also etwa Renovationen – abgeschafft werden muss. Offen ist aber, ob es weiterhin zulässig sein soll, energiesparende Investitionen (zum Beispiel eine Fassadendämmung oder eine Wärmepumpe anstelle einer Ölheizung) steuerlich abzuziehen.
Warum ist ein Teil der Kantone gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts?
Umstritten ist, ob der Eigenmietwert nur für den Hauptwohnsitz abgeschafft werden soll oder auch für Zweitwohnungen. Steuersystematisch ist nur eine generelle Abschaffung logisch. Doch die Bergkantone mit ihren vielen Ferienwohnungen profitieren sehr stark von den Steuereinnahmen aus dem Eigenmietwert und wollen ihn deshalb für Zweitwohnungen beibehalten. Ein Kompromissvorschlag sieht vor, dass der Eigenmietwert auch für Zweitwohnungen abgeschafft wird, die Tourismuskantone aber im Gegenzug eine neue Steuer speziell auf Zweitwohnungen erheben dürfen. Doch auch dieser Vorschlag ist umstritten, unter anderem deshalb, weil nicht immer klar zwischen Erst- und Zweitwohnung unterschieden werden kann – und weil die Unterscheidung möglicherweise neue Steuerschlupflöcher öffnet. Ausserdem bräuchte es dafür eine Verfassungsänderung, für die neben dem Volks- auch das Ständemehr notwendig wäre.
Wenn kein Kompromiss in Sicht ist: Warum lässt man das Vorhaben nicht einfach sterben und belässt alles beim Alten?
Wenn jetzt nach acht Jahren parlamentarischem Hin und Her keine Einigung in letzter Minute zustande kommt, passiert genau das: Die Vorlage scheitert, alles bleibt, wie es ist, und die Hauseigentümerinnen und -eigentümer müssen weiterhin den Eigenmietwert versteuern. Doch ihre Lobby macht seit Jahren Druck und wird wohl auch nicht so schnell lockerlassen. Und vielen Wohnungs- und Hausbesitzenden kommt es tatsächlich ungerecht vor, dass sie Steuern auf einem «Einkommen» bezahlen müssen, das es in ihrem Portemonnaie gar nicht gibt.
Wenn er ungerecht ist: Warum gibt es dann den Eigenmietwert überhaupt?
Es ist tatsächlich steuersystematisch fragwürdig, ein fiktives Einkommen real zu besteuern. Andererseits schafft der Eigenmietwert eine Art Gleichbehandlung mit Mieterinnen und Mietern: Sie bezahlen in der Regel mehr als Eigentümer und haben keine Abzugsmöglichkeiten, darum fahren sie trotz Eigenmietwert unter dem Strich schlechter als Wohneigentümer.
Dann könnte man doch einfach einen neuen Abzug für den Mietzins einführen?
Das würde erstens Steuerausfälle in Milliardenhöhe verursachen und würde zweitens neue Probleme und Ungerechtigkeiten schaffen: Kann dann jemand, der allein eine Wohnung für 3000 Franken mietet, den ganzen Betrag abziehen? Ist das nicht ungerecht gegenüber einer vierköpfigen Familie, die mit einer 1500-Franken-Wohnung auskommt?
Also gibt es gar keine Lösung ...
Doch, im Prinzip schon: Wenn nicht nur der Eigenmietwert, sondern auch alle damit zusammenhängenden Abzüge (Liegenschaftsunterhalt und Schuldzinsen) gestrichen würden, wären wohl auch Linke und Mieterverband zähneknirschend einverstanden. Aber die Hauseigentümer wollen möglichst viele Abzüge retten.
Dieser Artikel wurde erstmals am 16. Juni 2023 veröffentlicht und am 17. Dezember 2024 aktualisiert.
Wer eine Liegenschaft besitzt und selbst bewohnt, bezahlt in Form des Eigenmietwerts Steuern. Im Gegenzug kann ein Wohneigentümer Unterhaltskosten steuerlich abziehen, wenn auch nicht alle. Beobachter-Mitglieder erfahren, wie der Eigenmietwert bei einem Wohnrecht oder bei der Nutzniessung versteuert wird, was nach einer Trennung gilt und wie Fördergelder für bauliche Umweltschutzmassnahmen in der Steuererklärung angegeben werden müssen.
7 Kommentare
Warum haben meine Frau und ich ein eigenes Haus. Ja weil wir gespart haben und das Geld nicht für Reisen und Konsum verzockt haben. Tatsächlich haben wir auf vieles verzichtet und viele die und beneiden hätten das auch tun können. Dass wir für unseren Verzicht ein Einkommen versteuern müssen, das wir nie gehabt haben, ist schlicht und einfach eine Ungerechtigkeit.
SCHWEIZ: Eigenmietwert hat nicht nur auf die Steuergier Auswirkungen.
Um nur zwei zu nennen: Die Schweiz hat eine weltweit ellenlange Rekordliste: Die Schweiz hat weltweit das schärfste Strassenverkehrsgesetz. Dank alt-BR Moritz Leuenberger "Vision Zero" das man getrost auch als "Null Durchblick" bezeichnen darf. (Raubrittertum)
Die Schweiz in dieser finanz-olympischen Disziplin auch weltweit als einziges Land einen Eigenmietwert zu versteuern. Wenn ich das einem Ausländer erzähle, dass ich mir selber eine fiktive Miete für mein Wohneigentum bezahlen muss, krümmt der sich vor Lachen.
Der Staat wird immer gieriger:
Man betrachte schlicht und generell den enormen Sozialabbau mittels Gesetzes- und andren Revisionen seit der Jahrtausendwende zu Lasten der Bürger; in diesem Fall wird eigenverantwortliches Sparen während der Arbeitsperiode für Wohnen und AHV/IV-EL-Bezüger auch noch abgestraft.
Die rund 80% Staatangestelltinnen und restlichen Angestellten machen inzwischen 35% sämtlicher Arbeitnehmer in der Schweiz aus, mit im Durchschnitt 25% höheren Löhnen im Vergleich zur Privatwirtschaft. Wo bleibt da die feministische Forderung, "gleicher Lohn für gleiche Arbeit".
Alle drei Jahre AHV-Revision zulasten der betagten Bezüger!
Die AHV-Revision 2018 war schon der Hammer, und jene von 2021 (2023) liess so fast die Hälfte mit einer selbst kleinen EGT-Wohnung deswegen aus der EL schmeissen, was insbesondere ältere Menschen in der AHV verzweifeln lässt.
Eigenmietwert
Hat nun einer eine kleine Eigentumswohnung und je nach Kanton einen entsprechenden Freibetrag auf dessen Katasterschatzung, der die EL-Bezugshürden entlastet, da eine Mietkosten-Berücksichtigung als Abzug des Einkommens für diese wesentlich höher ausfiele, also die Kantone, besonders
nach der stattgefundenen Immigrationswelle, teurer zu stehen käme. Der Eigenmietwert ist also noch immer eindeutig das falsche Signal, der Anreiz klein und und die Quote der Eigentümer entsprechend niedrig. Experiment missglückt.
Mit der Eigenmietwert-Erhöhung würde vermutlich die andere Hälfte auch noch aus dem eh hochkomplizierten AHV-Verwaltungs-Konstrukt fallen und macht die kommende 13. AHV zur Makulatur, wie die vorhergehenden Revisionen auch. Alle drei Jahre Geld hind und herschieben, ist pure und teure Aktivitis, die dem Volk vorgaukeln soll, dass der Verwaltungsapparat in solchen Sachen etwas Sinnvolles täte.
Resultat: Die EL wird, aufgrund der stetig restriktiveren Parameter, nicht mehr ausbezahlt und die AHV nach weiteren solchen Revisionen, demnächst abgeschafft, da die wenigsten, die wirklich darauf angewiesen sind, zuwenig bis fast keine Liquidität, sondern nur noch das über Jahre selbst vorsorgerisch angesparte Dach über dem Kopf hätten. Kommt noch eine Vorsorgeversicherungsleistung in der Höhe von zwei AHV-Renten hinzu, kann man es ganz vergessen. Da wird das Versicherungskapital oben aufgeschlagen und die zwei Monatsrenten als Einkommen gleich hinzu.
Entweder, man lockert die stetig restriktiver werdenden Parameter zur EL-Erlangung, oder man schafft sie gleich ganz ab - und schickt sie stattdessen zur Fürsorge. Ein merkenswerter Unterschied ist kaum noch auszumachen.
In Zeiten der Diskussion 13. AHV schlage ich vor dass Rentner mit weniger als zb 100000 fr Einkommen aus AHV und Rente vom Eigenmietwert befreit werden - ohne grössere Bürokratie.
Rolf Stüssi
Man vergisst immer und immer wieder die AHV Rentner die ihre Hypothek tief habem um Tragbarkeit zu haben. Aber die Rente ist nur noch die Hälfte von dem früheren Einkommen. Da kann locker 1/4 der Rente für Steuern draufgehen. Für mich ist klar, so kann man sich als CH-Rentner die Schweiz nicht mehr leisten. Drum werd ich auswandern wie so viele Schweizer