So wehren sich Anwohner gegen Autolärm
Der Verkehr ist an vielen Orten zu laut. Jetzt können betroffene Hauseigentümer Schadenersatz fordern.
Veröffentlicht am 25. April 2018 - 15:04 Uhr,
aktualisiert am 26. April 2018 - 14:47 Uhr
Das grösste Lärmproblem in der Schweiz ist der Strassenverkehr. Tagsüber ist jede fünfte Person davon betroffen, nachts jede sechste. Gemeinden und Kantone sind gesetzlich verpflichtet, die Strassen zu sanieren, die übermässigen Lärm verursachen. Die Lärmschutzverordnung hält fest, welche Dezibel-Belastung für Strassenlärm zulässig ist. Und auch, bis wann der Lärm auf die Grenzwerte reduziert werden muss: bis zum 31. März 2018.
Die Kantone und Gemeinden hatten rund 30 Jahre Zeit, diesen Auftrag zu erfüllen. Doch die Frist ist an vielen Orten ungenutzt abgelaufen. Seit Anfang April können lärmbetroffene Hauseigentümer auf Schadenersatz klagen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Am besten wenden Sie sich an die Lärmschutzfachstelle Ihres Wohnkantons. Informieren Sie sich darüber, ob «Ihre» Strasse saniert ist – respektive, ob und um wie viel die Lärmgrenzwerte bei Ihrer Liegenschaft überschritten werden. Bei einer Gemeindestrasse kann die kantonale Fachstelle keine Auskunft geben. Sie kann Ihnen aber die zuständige Stelle der Gemeinde nennen.
Sie können auf dem Rechtsweg verlangen, dass die nötige Sanierung umgesetzt wird. Sie können aber auch Schadenersatz für den Wertverlust der Liegenschaft geltend machen. Damit Sie mit dem Begehren durchkommen, müssen aber ein paar Voraussetzungen erfüllt sein (siehe «Das braucht es für eine Lärmklage»).
Es gibt zwei Möglichkeiten: Sie beauftragen eine im Enteignungsrecht spezialisierte Anwältin oder Sie nehmen – als kostengünstigere Variante – am «Klagepool» der Lärmliga Schweiz teil. Dabei bezahlen Sie einen Betrag in den Pool. Sobald es genug Klagewillige hat, führt eine spezialisierte Anwaltskanzlei Musterprozesse bis vor Bundesgericht.
Weil Ihnen die Liegenschaft nicht gehört, können Sie nicht Schadenersatz einklagen. Sie können aber von der Gemeinde oder vom Kanton fordern, dass die Strasse saniert wird und die Grenzwerte eingehalten werden. Suchen Sie zudem das Gespräch mit dem Vermieter. Fordern Sie ihn auf, sich dem Klagepool der Lärmliga anzuschliessen oder Sie zu bevollmächtigen, das in seinem Namen zu tun.
Der Verkehrslärm sollte in erster Linie an der Quelle bekämpft werden, etwa durch lärmarme Strassenbeläge, spezielle Autoreifen oder leise Motoren. Eine weitere – politisch stark umkämpfte – Massnahme sind Temporeduktionen.
Lärm in der Nachbarschaft, verursacht durch Kindergeschrei, feiernde Partygäste oder Baumaschinen, führt häufig zu Konflikten. Erfahren Sie als Mitglied des Beobachters, was ihre Rechte sind und wie sie sich wehren können.
Gemäss Bundesamt für Umwelt werden die Lärmemissionen um rund drei Dezibel reduziert, wenn statt Tempo 50 Tempo 30 gilt. Das bedeutet, dass der Verkehr nur noch halb so laut wahrgenommen wird.
Das ist sehr gut möglich . Denn die Methode ist ein vergleichsweise günstiger Weg, die Lärmschutzvorschriften ohne grösseren Aufwand zu erfüllen. Viele Gemeinden fürchten Schadenersatzforderungen von lärmbelasteten Eigentümern und führen seit einiger Zeit vermehrt solche Zonen ein.
- Nicht sanierte Strasse: Es muss sich um eine Strasse handeln, die noch nicht gemäss geltendem Recht lärmsaniert wurde – oder bloss scheinsaniert wurde (mit sogenannten Erleichterungen).
- Übermässiger Strassenlärm: Der Lärm muss die vorgeschriebenen Immissionsgrenzwerte verletzen. Sie variieren je nach Zone, in der die Liegenschaft liegt.
- Schwerer Schaden: Die Immobilie muss durch den Lärm eine Wertverminderung von mindestens zehn Prozent erlitten haben.
- Unvorhersehbarer Lärm: Die Immissionen gelten als unvorhersehbar, wenn zum Zeitpunkt des Kaufs oder Baus einer Liegenschaft nicht damit zu rechnen war, dass hier erheblicher Lärm entstehen wird.
- Keine Verjährung: Der Anspruch darf nicht verjährt sein. Klären Sie ab, was in Ihrem Fall diesbezüglich gilt.