Abzocker-Handwerker, vermittelt vom Vermieter
Ruth Noser* hielt sich an die Handwerker-Firma, die ihr ihre Vermieterin vermittelt hatte – und holte sich so fiese Abzocker ins Haus. Die Vermieterin aber weigerte sich, für den Schaden aufzukommen.
Veröffentlicht am 26. Februar 2019 - 17:27 Uhr,
aktualisiert am 26. Februar 2019 - 16:08 Uhr
Ruth Nosers Heizung war defekt. Ihre Vermieterin gab ihr eine Nummer und Noser vereinbarte einen Termin mit der Sanitär-Service GmbH – nichtsahnend, was für eine Firma das ist.
Ein paar Tage später standen zwei Handwerker in der Wohnung der 42-jährigen Lehrerin. Der eine schraubte ein wenig an der Heizung herum, nahm das Ventil heraus, bog es zurecht und steckte es wieder ein. Keine zehn Minuten brauchte er dafür. Der andere legte Noser die Rechnung vor: 394 Franken, auf die Hand zu bezahlen.
Noser protestierte. Da wurde der eine Handwerker ungemütlich. «Ein stämmiger, breiter Mann, der mich wütend auf Hochdeutsch anblaffte», erzählt die Frau aus Basel. Der Handwerker behauptete, es stehe auf der Website, dass seine Firma immer Direktzahlung fordere. Zwei Fachmänner mit Anfahrtsweg hätten zudem ihren Preis. «Er drohte mir offen: Sie würden bei mir in der Küche bleiben, bis das Geld auf dem Tisch liege», erzählt Noser.
Schliesslich gab sie nach und zahlte. Die beiden Männer in ihrer Küche machten nicht nur ihr Angst, sondern auch ihrer 12-jährigen Tochter, die ebenfalls in der Wohnung war und das Asperger-Syndrom hat. «Ich hätte besser die Polizei gerufen», sagt sie heute. Denn ihr sei klar gewesen – diese Handwerker, obwohl von ihrer Vermieterin vermittelt, trieben ein falsches Spiel. In der Tat hat der Beobachter erst kürzlich über die Machenschaften der Sanitär-Service GmbH berichtet .
Noser informierte umgehend ihre Vermieterin. Diese entschuldigte sich zwar, dass sie anscheinend falsche Handwerker vermittelt habe. Sie habe sich im Ausland befunden, als man ihr den Schaden gemeldet habe, ihr bisheriger Handwerker sei kürzlich in Pension gegangen, deshalb habe sie Noser die erstbeste Nummer zugesandt , die sie im Internet gefunden habe. Die Rechnung zu übernehmen, weigerte sich die Vermieterin jedoch. Sie argumentierte: Noser hätte erkennen müssen, dass der geforderte Betrag völlig überrissen war. Ebenso hätte sie niemals direkt zahlen dürfen.
Wer hat Recht? Beobachter-Experte Patrick Strub sagt: «Auch wenn man gefühlsmässig eher auf der Seite der Mieterin ist – juristisch gesehen ist der Fall nicht ganz eindeutig.» Grundsätzlich muss der Vermieter für die Reparatur einer Heizung aufkommen. Und der Mieter ist normalerweise gut beraten, sich an jenen Handwerker zu halten, den der Vermieter ihm vermittelt . Dennoch ist es fraglich, ob Noser von der Vermieterin das Geld zurückverlangen kann. Denn dafür müsste man beurteilen, ob und inwieweit sich Noser hätte gegen die Machenschaften der Handwerker wehren können oder müssen.
«Die Frage ist, ob eine Rechnung von 400 Franken offensichtlich zu hoch ist oder nicht», sagt Strub. Klar wäre der Fall hingegen, wenn Noser den Handwerkern für das bisschen Arbeit 10'000 Franken bezahlt hätte. «Dann könnte man von der Vermieterin kaum verlangen, dass sie das übernimmt.»
Theoretisch könnte Noser das ergaunerte Geld von der Unternehmung zurückfordern. Wie die Erfahrung zeigt, ist das aber schwierig, weil es sich bei der Sanitär-Service GmbH um eine Briefkastenfirma handelt. Und die Vermittlungsportale, auf denen die Mieterin die Kontaktdaten gefunden hat, übernehmen keine Verantwortung für die Arbeit der vermittelten Handwerker.
Die Mieterin und ihre Vermieterin haben sich deshalb geeinigt, dass jeder die Hälfte des Rechnungsbetrags übernimmt. «Beide zähneknirschend», wie Noser erzählt. Beobachter- Experte Strub sagt: «In so einem Fall vielleicht nicht die schlechteste Lösung.»
Einfache Verhaltensregeln, damit man dubiosen Geschäftemachern nicht auf den Leim geht:
Bei Notfalldiensten
- Erkundigen Sie sich bei der Polizei, ihrer Hausrat-Versicherung oder bei der Hausverwaltung nach seriösen Schlüsseldiensten aus der Umgebung, statt die erstbeste 0800er-Nummer anzurufen, die Sie im Internet finden.
- Fragen Sie Nachbarn, mit wem sie schon gute Erfahrungen gemacht haben
- Speichern Sie Nummern von seriösen Notfalldiensten im Handy, um bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können.
- Wenn die Handwerker bei Ihnen sind: Unterschreiben Sie nichts, bevor der Auftrag zu Ihrer Zufriedenheit ausgeführt ist.
- Rufen Sie die Polizei, falls sie von den Handwerkern bedrängt werden.
So schützen Sie sich vor Online-Betrügern
- Lassen Sie sich vom Verkaufsgegenstand ein Foto senden, auf dem auch die Bankkarte des Verkäufers sowie eine aktuelle Ausgabe einer Zeitung zu sehen sind.
- Überprüfen Sie die Postanschrift des Verkäufers. Betrüger verwenden oft Fantasieadressen oder tragen sich in Online-Telefonbüchern mit einer Adresse ein, die es gar nicht gibt (Google-Streetview nutzen).
- Bestehen Sie bei besonderen Artikeln auf einer persönlichen Übergabe und Barzahlung.
Versetzt die Höhe der Handwerkerrechnung den Auftraggeber in Schockstarre, liegt das meist daran, dass die Preisabsprache im Vertrag zu nachlässig angegangen wurde. Im Merkblatt «Überschreiten des Kostenvoranschlags» erfahren Beobachter-Mitglieder, welche Art der Preisabsprache sich im persönlichen Fall am besten eignet, damit es später kein böses Erwachen gibt.