Hallo Nachbarn!
Wer umzieht, macht immer neue Bekanntschaften. Damit diese rasch zu netten Nachbarn werden, sollten Neuzugezogene den ersten Schritt machen.
Veröffentlicht am 14. September 2009 - 17:15 Uhr
«Die Einweihungsparty war super! Auf jeden Fall verliess niemand vor Mitternacht unsere neue Mietwohnung.» Ornela Tomas ist zufrieden: Ihre Einladung zum gegenseitigen Kennenlernen kam bei den übrigen Hausbewohnern gut an. Doch nicht jeder, der zügelt, interessiert sich so aktiv für seine neuen Nachbarn, es brauche eine gesunde Distanz, wird etwa argumentiert. «Das ist schon richtig. Trotzdem ist es immer ein Vorteil, wenn man sich kennt», weiss Annalis Dürr von der Stiftung Domicil für Wohnungsvermittlung und -integration in Zürich. «Denn oft kommen die Leute miteinander erst in Kontakt, wenn etwas Negatives vorgefallen ist.» Wenn Probleme anstehen, ist es aber besser, wenn man schon mal miteinander gesprochen hat und sich beim Namen kennt.
Für ein angenehmes Zusammenleben sind alle Hausbewohner gemeinsam verantwortlich. Man muss ja nicht gleich zu engsten Freunden werden. Und dennoch: Wer sich kennt, legt auch mal dem Nachbarn die Zeitung vor die Tür oder informiert ihn, sollte es an einem Abend etwas lauter werden. «Es braucht wenig, damit in einem Haus eine gute Atmosphäre herrscht», so Annalis Dürr.
So weit, so gut. Doch wann ist nach dem Einzug der richtige Zeitpunkt, sich vorzustellen? Spontan von Tür zu Tür gehen? Das kann tückisch sein, wenn man zum Beispiel beim Nachtessen stört. Nicht lange überlegte Familie Stettler aus Uster: «Gleich nach dem gröbsten Einrichten hatten wir richtig Lust, die neuen Nachbarn zu uns einzuladen.» Die Erfahrung zeigt: Wer zu lange abwartet, lässt es am Schluss ganz bleiben. Und verpasst leider die Chance, wichtige Signale zu senden: Mit uns kann man reden, wir giessen auch mal die Blumen, und es ist uns nicht egal, wie es unseren Nachbarn geht.
Wer wagt, gewinnt
Einige Tipps, damit die Annäherung an die neuen Nachbarn erfolgreich verläuft:
- Die allererste Kontaktmöglichkeit ergibt sich, bevor Sie überhaupt einziehen: Kündigen Sie sich schriftlich als neuer Bewohner an, teilen Sie den neuen Nachbarn etwa mit, wenn am Einzugstag Parkplätze frei gehalten werden sollen.
- Wer sich nicht so früh in Szene setzen will und die persönliche Vorstellung vorzieht, geht nach dem Einzug von Tür zu Tür – mit einem Mitbringsel wie Blumen oder Gebäck. Der Nachteil: Nicht alle sind zu Hause, und es ergibt sich unter der Tür nur ein kurzes, belangloses Gespräch.
- Einfacher gehts mit einem ansprechenden Schreiben, das in die Briefkästen gelegt wird. Die Mitbewohner erfahren damit, wer neu eingezogen ist – wobei ein Foto nicht fehlen darf.
- Mutige gehen aufs Ganze und laden die Nachbarn zu einer Kennenlernparty ein. Als Einladungstag ist der Freitag beliebt. Wenn Sie jedoch möchten, dass die Leute nicht allzu lange bleiben, wählen Sie besser einen Tag unter der Woche. Vielleicht gibt es einen Partyraum im Haus?
- An der Party müssen Sie keine Menüs anbieten – am besten Fingerfood, einfach, aber fein (kleine pikante Häppchen, Knabbereien). Sorgen Sie für Getränke in ausreichender Menge. Im Getränkefachhandel kann man bestimmte Mengen in Kommission nehmen.
- Wenn Sie Ihre privaten Freunde ebenfalls zur Party einladen wollen: Achten Sie darauf, dass Sie Ihre neuen Gäste nicht vernachlässigen – sonst verpufft der gewünschte Kennenlern-Effekt.
- Stockt die Kommunikation, gibt es genügend Themen, um sie wieder in Gang zu bringen: Gibt es gute Läden oder Restaurants in der Nähe? Wie sind die Bus- und Zugsverbindungen? Der beste Schulweg? Wie läufts mit der Abfallentsorgung?
Treffpunkt Küche
«Erstaunlich, dass gleich alle Nachbarn zum Eintrunk erschienen sind. Da unsere Vorräte an Alkohol und Chäschüechli locker auch fürs Nachbarhaus gereicht hätten, sahen mein Partner und ich dem Abend gelassen entgegen. Nach der obligaten Wohnungsbesichtigung versammelten sich alle in der Küche. Schon bald fanden wir heraus, dass während der letzten 30 Jahre offenbar niemand auf die Idee gekommen war, das Haus zusammenzutrommeln – kein Wunder also, war der Abend ein voller Erfolg. Und jetzt kennen wir nicht nur alle Namen, sondern konnten auch einen Nachbarn bereits eine Woche nach unserem Eintrunk mit gutem Gewissen fragen, ob er während unserer Ferien Pflanzen auf dem Balkon giessen würde.» Ornela Tomas, Zürich
Tierisch gerockt
«Von Anfang an war klar: Wir wollten keine biedere Wohnungseinweihung. Unsere WG hat dann Geschwister, Freunde und Bekannte eingeladen. Und natürlich die Nachbarn, die sich prächtig amüsierten. Wir offerierten die üblichen Partysnacks, Bier, Mineral und Wein. Später am Abend wurde noch der Backofen aufgeheizt, um Fertigprodukte aufzuwärmen. Im Hintergrund lief Musik in der Zufallswiedergabe. Während der Party, die bis in die frühen Morgenstunden dauerte, wurde viel diskutiert – und auch Musik gemacht. So stieg ein Gast in unser lebensgrosses, plüschiges Hasenkostüm und spielte darin E-Gitarre. Gegenwärtig schwebt uns eine Block-Party vor: Möglichst alle aus unserem Wohnblock sollen kommen! Es sollte kein Problem sein, sie zum Mitmachen zu animieren.» Urs Marti, Aarberg
Pizza zu vorgerückter Stunde
«Mein Partner und ich haben zur Einweihungsparty eingeladen, um unseren Kollegen unser neues Zuhause vorzustellen. Aber auch um uns bei den Zügelhelfern zu bedanken und die neuen Nachbarn kennenzulernen. Leider sind den Einladungen im Haus nicht viele gefolgt, weil wir die Flyer nur wenige Tage vorher verteilten. Zum Essen gabs Pizza, die man nach Lust und Laune selber belegen konnte, und wir stellten Getränke mit und ohne Alkohol bereit. Den Gästen hats gefallen, jedenfalls wurde es ziemlich spät. Obwohl wir am anderen Morgen mehrere Stunden aufräumen mussten, würden wir bei einem weiteren Umzug wieder zur Party einladen – einfach etwas früher, damit auch möglichst viele kommen können.» Corinne Marti, Lyssach
Auf Tuchfühlung bei Fingerfood
«Die Unterhaltung war von Beginn weg nicht aufs Wetter reduziert. Das mochte auch daran liegen, dass ich mit Frau und Sohn in ein Reiheneinfamilienhaus zog. Die feinen Nuancen in den Grundrissen und der Einrichtung waren Basis für Vergleiche: Wir haben hier einen Schrank mehr – Müllers bauten oben eine Dusche ein. Die Gespräche waren angeregt, die Stimmung locker. Untermalt haben wir den Anlass mit selbstgefertigtem Fingerfood und Getränken. Das konzentrierte Kennenlernen hat sich gelohnt – und es fiel in den kommenden Monaten positiv auf uns zurück: Wir durften mehrere Einladungen aus der Nachbarschaft annehmen. Die erste Tuchfühlung kann den Weg zu neuen Freundschaften ebnen. Oder sie kann warnend zur Vorsicht mahnen, je nach Nachbar.» Kurt Stettler, Uster
Sags durch die Sonnenblume
«Wenige Tage nach dem Einzug in die neue Wohnung machten mein Mann, meine Tochter und ich eine Runde durch das Mehrfamilienhaus, um uns den neuen Nachbarn vorzustellen. Dabei schenkten wir jeder Wohnpartei eine Sonnenblume. Etwa zwei Wochen danach verteilten wir in unserem Bekanntenkreis Einladungen zum Tag der offenen Tür, und natürlich legten wir auch jeweils ein Exemplar in die Briefkästen der Nachbarschaft – und zu unserer Freude folgten fast alle der Einladung. Jene, die nicht kommen konnten, holten den Besuch später nach. Ein gelungener Start im neuen Zuhause! Und ein Erfolgsrezept zum Weitersagen und Ausprobieren: Wir haben diese Methode nun schon zweimal angewandt, und es entwickelten sich daraus schöne und nachhaltige Kontakte.» Denise Hegglin, Wettswil
Link zum Artikel
Die Stiftung Domicil fördert gute Nachbarschaft: www.domicilwohnen.ch
2 Kommentare
Ein äusserst seltsame "Be-Rat-ung" finde ich das hier: Zur Wohnungseinweihung wird «tierisch gerockt»: «Während der Party, die bis in die frühen Morgenstunden dauerte, wurde viel diskutiert – und auch Musik gemacht. So stieg ein Gast in unser lebensgrosses, plüschiges Hasenkostüm und spielte darin E-Gitarre.»
Ich frage: Schlagzeug auch noch? Im Ernst: Von einem Fachartikel erwarte ich Realitätssinn, Empathie insbesondere für die Schwächeren wie Chronischkranke. In jeder Mieterumfrage ist Lärm zuoberst auf der Sorgenliste. Und zwar notabene, obwohl es Lärmschutzgesetze längst gibt (die aber leider aus meine Erfahrung zahnlos sind: per se ein lauwarmer Kompromiss, plus zusätzlich in der Praxis schwer bis nicht durchsetzbar).
Zitat: «Gegenwärtig schwebt uns eine Block-Party vor: Möglichst alle aus unserem Wohnblock sollen kommen! Es sollte kein Problem sein, sie zum Mitmachen zu animieren.» Das zeigt, dieser Mieter meint, alle seien so (lärmfreudig) wie er.
Meine Meinung: Einzige Lösung, weil "My Home Is My Castle" nur durch zwei externe Faktoren konterkarierbar ist, Lärm und Abgase (aller Art): Lärmenthusiasten wohnen am einen Ort, Stillebedürftige am anderen Ort. So sind beide glücklich. Alles andere führt prinzipiell zu nie lösbaren Differenzen, Gesundheitsproblemen und Gängen bis vor Bundesgericht (die der Normalbürger nur schon finanziell kaum stemmen können dürfte), eine sinnlose Vergeudung von Volksressourcen aus meiner Sicht, zumal auch so das Problem in der Regel nicht gelöst werden kann, denn es ist strukturell vorprogrammiert, zumindest bisher.
Leider fand ich folgenden Vermietertext nur "im Internet", aber nicht in der Realität (wo es so verwirklicht werden sollte): «Bei uns werden Sie als Mieter nicht einfach mit anderen Mietern in einem Haus zusammengewürfelt. Sie sind uns wichtig und sollen sich wohl fühlen. Deshalb achten wir darauf, dass sich Gleichgesinnte in einem Haus wiederfinden.»