Das Jahr 2019 war noch jung, der Tag so kalt wie das Verhältnis zwischen den Beteiligten: Am 15. Januar beobachtete Hundezüchterin Erika Fritsche, wie drei Personen über ihren Zaun kletterten, zwei Polizisten und Sascha Quaile, der Kantonstierarzt beider Appenzell. Fritsche rief ihren Anwalt an, dann Staatsanwalt Bruno Werlen. Als der Kantonstierarzt vor ihrem Haus auftauchte, reichte sie ihm das Telefon. Der sprach kurz mit dem Staatsanwalt, und die drei Eindringlinge zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Einen begründeten Verdacht, dass das Tierwohl gefährdet sei Tierschutz Tierquäler kommen oft ohne Busse weg , hatte Quaile nicht vorgebracht.

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«Sie wollten, dass ich Ihnen das Tor öffne, aber ich fand, sie sollen doch denselben Weg nehmen, auf dem sie gekommen sind», erzählt Fritsche. Staatsanwalt Werlen wird später auf Anfrage sagen: «Ich musste Herrn Quaile nicht zum Gehen bewegen, er wollte das Grundstück ohnehin verlassen.»

Erika Fritsche hatte schon 2017 Besuch von Kantonstierarzt Quaile und zwei Polizisten erhalten. «Er kam ohne Grund, drang in mein Wohnhaus ein, durchsuchte Küche, Badezimmer und Schlafzimmer und machte Fotos von den Möbeln. Er wollte sogar die Wohnung meines Mieters durchsuchen», sagt Fritsche. Die drei verliessen das Haus schliesslich ohne Beanstandung. 2018 wiederholte sich der Auftritt in ähnlicher Weise.

Rund 475 Tierhalter wollen Kantonstierarzt absetzen

Der Zwist ist alt und wird nicht nur zwischen Quaile und Erika Fritsche ausgetragen. «Vor allem die pflichtbewussten und um das Tierwohl besorgten Bauern ärgern sich über Quaile. Er beanstandet jede noch so geringe Kleinigkeit ohne gesunden Menschenverstand», sagt ein Bauer. Er will seinen Namen nicht genannt haben, er fürchtet die Rache des Kantonsveterinärs. Denn Quaile entscheidet mit seinen Berichten über Direktsubventionen Subventionen Der Ostereier-Wahnsinn , kann Existenzen vernichten.

«Viele haben Angst», sagt Bauer Josef Stark aus Schlatt-Haslen AI. Trotzdem hat er wie bereits 475 weitere Appenzeller Tierhalter eine Petition unterschrieben, mit der sie die Absetzung des Chefveterinärs fordern. «Wir sammeln weiter», sagt Initiantin Erika Fritsche. 

Kantonstierarzt der beiden Appenzell, Sascha Quaile, an einer Medienkonferenz.

Er steht unter Beschuss und eine Petition fordert seine Absetzung: Sascha Quaile, Kantonstierarzt der Kantone Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden.

Quelle: Keystone .
Tierarzt-Kunden kontaktiert: Überschritt Kantonsveterinär seine Befugnisse?

Die Petition ist nicht das einzige Problem, mit dem Quaile kämpft. Mittlerweile liegen drei fette Dossiers beim Staatsanwalt. Dem Kantonsveterinär wird unter anderem Amtsanmassung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Tätlichkeiten, Körperverletzung und Entweichenlassen fremder Tiere vorgeworfen. Quaile selber hat laut Staatsanwalt Werlen «20 bis 30 Strafanzeigen» gegen Tierhalter Tierhaltung Den Himmel sehen die «Optigal»-Hühner der Migros nie angestrengt.

Kantonstierärzte dürfen zwar unangemeldet kontrollieren. Ob sie sich Zutritt erzwingen dürfen, sogar zu Privaträumen, ist hingegen umstritten. «Sie sind in dieser Hinsicht der Kriminalpolizei gleichgestellt Recht Was darf die Polizei? . Aber auch die Kripo darf nicht einfach in Gebäude einbrechen, es sei denn, Gefahr ist im Verzug. Wäre das möglich, hätten wir ja einen Polizeistaat», sagt Rechtsanwalt Max Imfeld, der den Geschädigten Sven Oloff vertritt.

«Bei einer Hausdurchsuchung rempelte mich Quaile so heftig an, dass ich verschiedene Hämatome davontrug.»

Sven Oloff, ehemaliger Tierarzt aus Niederteufen AR

 

Oloff betrieb jahrelang eine Kleintierpraxis in Niederteufen AR. Er behandelte günstig, bot einen 24-Stunden-Dienst und war entsprechend beliebt bei den Kleintierhaltern. Vor drei Jahren suchte ihn Sascha Quaile in Polizeibegleitung auf und machte eine Hausdurchsuchung. Mit der beschlagnahmten Kundendatei telefonierte der Kantonsveterinär systematisch Oloffs Kunden ab und erklärte ihnen, dass gegen den Tierarzt ein Strafverfahren wegen ärztlichen Kunstfehlern laufe.

«Eine krasse Vorverurteilung, eine unzulässige Rasterfahndung, allenfalls eine Amtsgeheimnisverletzung Berufsgeheimnis Dürfen Anwälte & Co. ihr Schweigen brechen? », sagt Oloffs Anwalt Max Imfeld. Die Kunden sprangen ab, Oloff musste die Klinik schliessen. Beweise für einen ärztlichen Kunstfehler liegen laut Oloffs Anwalt bis heute nicht vor. «Bei einer zweiten Hausdurchsuchung rempelte mich Quaile so heftig an, dass ich verschiedene Hämatome davontrug», sagt Oloff.

Bewilligung erst auf Druck des Bundesamtes erteilt

Auch Andreas Aemisegger aus Lutzenberg AR hatte Probleme mit dem Kantonstierarzt. Er züchtet seit Jahren Bisons. 2015 musste die Bewilligung für die Haltung der Tiere Tierhaltung Wie gut geht es unseren Tieren wirklich? erneuert werden. Doch Quaile wollte sie nicht ausstellen, ohne dass das Blut der Tiere untersucht würde. Dafür bestellte er Hanspeter Steinmetz, einen auf Wildtiere spezialisierten, damals noch beim Zirkus Knie angestellten Tierarzt. «Dr. Steinmetz weigerte sich zwar aus Sicherheitsgründen, Blutproben zu nehmen, attestierte unseren Tieren aber beste Gesundheit und Ausgeglichenheit», sagt Andreas Aemisegger.

Der Wildtierarzt war laut Aemisegger rund zwei Stunden auf dem Hof und schrieb dann einen kurzen Bericht. Kostenpunkt: 2500 Franken. Quaile aber bestand weiterhin auf Blutproben. «Als ich die Rechnung nicht bezahlen wollte, weil ich den Auftrag ja gar nicht erteilt hatte, verweigerte er mir die Bewilligung», ärgert sich Aemisegger noch heute. Es folgte ein zwei Jahre dauernder Streit. Erst als sich das Bundesamt für Veterinärwesen einschaltete, beruhigte sich die Situation. Er erhielt zwar die Bewilligung, musste die Rechnung trotzdem zahlen. 

Polizeischutz für die Kontrolle einer 19-jährigen Tierhalterin

Dann ist da noch der Fall der heute 19-jährigen Ramona B.. Sie züchtet Kaninchen und hält rund 100 Tiere. Kantonsveterinär Quaile und seine Vertreter suchten die Lehrtochter innerhalb von zwei Jahren gleich viermal auf, dreimal mit der Polizei im Schlepptau. Dafür stellte der Kantonsveterinär der jungen Frau eine Rechnung über 2275 Franken.

«Völlig unverhältnismässig», findet Ramonas Vater. Quaile bestätigte mit seinen Berichten sogar selber, dass der Polizeischutz eigentlich unnötig war. Die Kaninchenhalterin war gar nicht anwesend. Ihr Vater verhielt sich, wie schon bei der Räumung seines Hofes durch Sascha Quaile, «ruhig und kooperativ», heisst es im Bericht. 

Das war 2017. Quailes Vorgänger hatte den Betrieb zwar mehrfach besucht und auch immer wieder gerügt, doch ging es lediglich um bauliche und betriebliche Massnahmen, nicht um Vernachlässigung der Tiere. 

Der Appell von Erika Fritsche gegen Kantonstierarzt Sascha Quaile.

Mit diesem Transparent machte Erika Fritsche auf die Missstände aufmerksam.

Quelle: ZVG
Amt löschte die Einträge für die Schweine

Quaile scheint selbst mit amtlichen Datenbanken einen eigenartigen Umgang zu pflegen. Erika Fritsche hielt bis vor kurzem neben den Hunden noch vier Zwergschweine. Bei einer seiner Kontrollen monierte Quaile, dass die Tiere nicht gemeldet seien.

Laut Auskunft des für die Führung der Datenbank zuständigen Amtes für Landwirtschaft hat Fritsche die Schweine aber sogar gleich zweimal gemeldet. Das Veterinäramt hatte den ersten Eintrag aber wieder löschen lassen. Stichtag für die Meldung sei gemäss Gesetz der 1.1. des jeweiligen Jahres. Fritsche hatte die – korrekt gemeldeten – Säuli mitten im Jahr erworben. Sie hat für alles schriftliche Bestätigungen des Amtes.

Ein externer Staatsanwalt übernimmt

Mittlerweile hat der Ausserrhoder Staatsanwalt Bruno Werlen das Dossier Sascha Quaile an den ausserkantonalen St. Galler Staatsanwalt Andreas Eigenmann abgegeben, meldete am Montag der Kanton in einer Medienmitteilung. Sascha Quaile wollte zu den laufenden Verfahren keine Stellung nehmen. 

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