Die Fahrt von Herisau nach Heiden dauert eine gute halbe Stunde. Für mehrere Mitglieder der erweiterten Geschäftsleitung des Spitalverbundes Appenzell-Ausserrhoden SVAR hat sich der zeitliche Aufwand gelohnt. Sie liessen sich am Vormittag des 18. Januars im Impfzentrum Heiden gegen Covid-19 impfen.

So berichtet es eine Person aus dem Spital, die aus Angst vor Repressalien anonym bleiben möchte. Via sichermelden.ch, der Whistleblower-Plattform des Beobachters, schreibt sie: «Da haben sich etwa eine fürs Personal verantwortliche Person und eine Chefärztin vorzeitig impfen lassen, während Mitarbeitende, die täglich Patientenkontakte haben, weiterhin auf der Warteliste stehen.»

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In einem Schreiben im Intranet rechtfertigte sich die SVAR-Geschäftsleitung. Grund für den Impfausflug nach Heiden sind demnach die Spitalangestellten in Heiden selber: «Die nun gemachte Erfahrung zeigt, dass es bezüglich Verbindlichkeit der Anmeldung und Terminwahrnehmung noch Verbesserungspotenzial gibt.»

Es hätten sich einige Mitarbeitende wieder abgemeldet, nachdem sie das Terminaufgebot für den Montag erhalten hatten. «Dies führte zur Situation, dass das für uns reservierte Kontingent beinahe nicht ausgeschöpft werden konnte.» Konkret habe man kurz vor dem Wochenende auf einmal weitere impfwillige Mitarbeitende organisieren und aufbieten müssen.

Spitalpersonal und Risikopatienten warten auf Impftermine

Die Whistleblowerin hält dieses Schreiben für einen Affront. Es verhöhne alle, die täglich an der Coronafront stünden und gerne nachgerückt wären. Viele von ihnen, die zur Zielgruppe zwei gehören, haben bislang noch nicht mal einen Termin für die erste Impfung erhalten.

«Pflegende und Ärztinnen sind während den Arbeitszeiten nahezu immer unmittelbar erreichbar, in der Freizeit sind sie dazu angehalten, kurzfristig via Mobiltelefon erreichbar zu sein, um bei Ausfällen einspringen zu können.» Falls man an diesem Montag nun tatsächlich niemanden im ganzen Spital habe auftreiben können, der oder die sich spontan hätte impfen lassen wollen, hätte man immer noch Zeit gehabt, im Spital in Herisau nachzufragen.
 
Oder zum Hörer zu greifen. In Fussdistanz zum Impfzentrum Heiden betreibt Dr. med. Alain Gigon eine Hausarztpraxis. Zahlreiche seiner Patientinnen und Patienten, die zu einer Risikogruppe gehören, warten noch auf einen Impftermin. Eine Anfrage, ob er jemanden spontan zum Impfen vorbeischicken könne, habe er nicht bekommen.

«Dank der Aktion konnten wir vermeiden, dass am 18. Januar Impfstoff ungenutzt hätte vernichtet werden müssen.»

Alain Kohler, Sprecher des Spitalverbundes Appenzell-Ausserrhoden

Gegenüber dem Beobachter bestätigt SVAR-Sprecher Alain Kohler den von der Whistleblowerin geschilderten Sachverhalt. Er sagt, man habe das ganze Wochenende lang intensiv versucht, impfwillige Personen aufzutreiben, auch in Herisau – leider nur mit mässigem Erfolg.

«Dank der Aktion konnten wir aber vermeiden, dass am 18. Januar Impfstoff ungenutzt hätte vernichtet werden müssen.» Dabei sei alles sauber gelaufen, betont Kohler. Und ganz bestimmt habe sich niemand vordrängeln wollen. Im Gegenteil halte man sich strikte an die von der eidgenössischen Kommission für Impffragen festgelegte Impfstrategie.

Wegen Lieferengpass: Impftermine in Appenzell-Ausserrhoden verschoben

Bis am 25. Januar wurden im Kanton Appenzell-Ausserrhoden insgesamt 2300 Impfungen verabreicht. Nun muss man aber das Impfprogramm anpassen, wie der Kanton in einer Medienmitteilung schreibt. Grund sei der Lieferengpass beim Impfstoffhersteller BioNTech/Pfizer. «Rund 300 Impftermine müssen um drei bis vier Wochen nach hinten geschoben werden.»

Hinweis

Dieser Artikel entstand aufgrund eines Hinweises auf unserer Whistleblower-Plattform Sichermelden.ch.

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Peter Aeschlimann, Redaktor
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