Der nächste grosse Kochtrend wird Kochen mit Kindern sein – davon sind zumindest in den USA viele Fachleute überzeugt. Denn: Auch an Kindern gehen all die TV-Kochsendungen nicht spurlos vorbei. Kochen, das haben sie mitgekriegt, ist in. Das spürt man auch bei Betty Bossi. «Unsere Kinderkochkurse sind sehr beliebt – vor vier, fünf Jahren war das noch anders», sagt Susanna Ries, Leiterin Kulinarik bei Betty Bossi.

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Den Kindern macht das Kochen Spass. Und dabei spielen Vorbilder, meist die Eltern, eine zentrale Rolle. «Oft geht es aber auch um einen Machtkampf», sagt Sabine Leinhaas von der Kochschule «In aller Munde» in Solothurn. Als eine der ersten in der Schweiz hat sie sich auf Kinder- und Familienkochkurse spezialisiert. «Wenn ein Kind etwas selber zubereitet, wird es sich weniger weigern, das auch zu essen, da es ja seins ist», sagt sie.

Doch warum soll ein Kind in den Kurs, wenn es doch auch in Mamas Küche das Kochen lernen kann? Mama (oder Papa) hat oft zu wenig Zeit. Das erfährt auch Kochprofi Sabine Leinhaas, die selber drei Kinder hat: «Es dauert halt einfach immer viel länger, wenn sie beim Schnippeln helfen, als wenn ich es selber mache; man muss bewusst Raum schaffen dafür.» Zum anderen kochen Eltern häufig selber nicht. «Ein Viertel der Kinder in der Schweiz geht ohne Frühstück zur Schule», sagt zum Beispiel Christian Ryser, Programmleiter von «Suisse Balance». «Das ist ein Hinweis darauf, dass die dreiteilige Tischkultur mit Frühstück, Mittag- und Abendessen nicht mehr so gepflegt wird wie früher.»

In der Gruppe sind kleine Köche mutiger

Daheim können also manche Kinder den Umgang mit Messer und Pfanne nicht mehr lernen. Kinderkochkurse sind daher eine valable Alternative. Sie bieten Mädchen und Buben die Gelegenheit, in aller Ruhe das Kochen, Braten und Backen zu entdecken. Zudem beobachten die Expertinnen, dass sich Kinder in der Gruppe auch mal an neue Geschmäcker wagen. «Es gibt einen positiven Gruppeneffekt», sagt Kulinarikspezialistin Susanna Ries. «Wenn mehrere Kinder etwas gut finden, probieren es andere auch, die eigentlich anfangs sagten, dass sie das nicht mögen.»

Ab welchem Alter Kochen mit Kids empfehlenswert ist, ist relativ. Manche sind schon mit drei Jahren interessiert, andere erst viel später. «Ich denke, es macht Sinn, Kinder früh mit Kochen in Berührung zu bringen», sagt Max Rigendinger von der Kochschule Cookuk in Aarau. «Man sagt ja, dass das Wort ‹begreifen› etwas mit ‹greifen› zu tun hat – und beim Kochen ist das ein wichtiger Aspekt.» Zudem ist klar, dass das Kochen auch automatisch motorische Fähigkeiten schult.

Allerdings: Die staatliche Schule bietet diesbezüglich herzlich wenig. In manchen Kantonen wurde sogar der Kochunterricht in der Oberstufe abgeschafft. Christian Ryser von «Suisse Balance» glaubt, «dass die Schüler in der Oberstufe aber ohnehin in einem Alter sind, in dem sie schulischen Angelegenheiten eher ablehnend begegnen. Und das Thema Ernährung ist in der Pubertät generell schwierig.» Das Primarschulalter wäre seiner Meinung nach besser geeignet für Kochunterricht. Hoffnung diesbezüglich setzt Ryser in die gesamtschweizerische Schulharmonisierung (Harmos), die vor kurzem in der nötigen Anzahl Kantone angenommen wurde. Harmos will der Hauswirtschaft und damit auch dem Kochen in Zukunft wieder mehr Platz einräumen. Allerdings dauert es, wenn Harmos in die Praxis umgesetzt wird, noch Jahre bis zur Umstellung der Lehrpläne.

Vorerst bleibt es privaten Initiativen überlassen, Kids in die Kochwelt einzuführen. Wer es daheim versuchen will und nicht weiss, wie anfangen, deckt sich am besten mit Literatur ein. Betty Bossi etwa gibt seit 2006 jährlich zwei bis drei neue Sets von Kinderkochkarten heraus, die sehr beliebt sind. Das Erfolgsrezept: viele Bilder, wenig Zutaten – und nicht zu komplizierte Beschreibungen. Ein Dauerbrenner sind auch die «Cocolino»-Bücher von Spitzenkoch Oskar Marti, auch bekannt als «Chrüter-Oski»: Mit einfachen Rezepten und Bildern führt er schon ganz kleine Kinder ans Kochen heran. Seine Rezepte werden auch in verschiedenen Kochkursen umgesetzt. Und natürlich fehlt auch der Mini-Jamie-Oliver nicht: Teenagerkoch Sam Stern aus England gibt seinen Büchern so coole Namen wie «Licence to Cook» und will damit Kinder und Jugendliche animieren, sich einmal Roast Chicken oder Chili con Carne selber zuzubereiten.

In eine neue Welt eintauchen

Kids in der Küche – man kann ihnen durchaus etwas zumuten. Cookuk-Mitinhaber Max Rigendinger: «Manche haben viel Ausdauer, bleiben auch stundenlang an etwas dran, wenn es sein muss.» Natürlich brauchen Kinder dabei viel Betreuung. Überbetreuen ist allerdings auch nicht angebracht, sie sollen durchaus auch mal etwa mit einem Messer hantieren können. «Bloss wenn die Kinder übermütig werden und beispielsweise in der Küche herumrennen, muss man sie bremsen», so Rigendinger.

Wer seinen Kindern grünes Licht gibt fürs Hantieren am Herd, verschafft ihnen die Möglichkeit, in eine komplett neue Welt einzutauchen. «Eine Welt, die auch einen guten Kontrast bietet zum kopflastigen Schulbetrieb», sagt Max Rigendinger. Und das Schönste: Viele Kinder wollen, einmal erfolgreich, immer wieder kochen. Kursleiter etwa hören oft, dass die Mädchen und Buben sogar bereits anderntags wieder in der Küche standen. Da hat wohl niemand etwas dagegen.

Weitere Infos

Kochschule «In aller Munde», Solothurn: Kinder- und Familienküche, laufend neues Angebot. www.inallermunde.ch

Betty Bossi: Meist ein oder mehrere Kinderkochkurse pro Saison. www.bettybossi.ch 

Cocolino: Spitzenkoch Oskar Marti arbeitet mit Institutionen zusammen, die Kochkurse mit Kindern anbieten, etwa dem Lern-Punkt in Bolligen BE. www.cocolino.ch, www.lern-punkt.ch

Schweizerische Gilde etablierter Köche: Die Gilde bietet das Programm «Kids kochen mit Profis» an: Kinder können sich in Restaurantküchen für Kurse mit den Chefs anmelden. www.gilde.ch

Kochschule Cookuk, Aarau: Meist ein Kinderkochkurs pro Saison. Frühling 2009: Mittwoch, 13. Mai, 13.30 bis 16.30 Uhr, 95 Franken. Zudem Kochanlässe für geschlossene Gruppen von Kindern (beispielsweise Geburtstage). www.cookuk.ch