Was gilt für gleichgeschlechtliche Paare?
Seit Juli können auch schwule und lesbische Liebespaare heiraten – und sind damit heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Was das im Einzelnen heisst.
Veröffentlicht am 24. Juni 2022 - 15:38 Uhr,
aktualisiert am 1. Juli 2022 - 08:52 Uhr
Frauen können keine Frauen heiraten, Männer keine Männer – so war es bis vor kurzem. Zwar gibt es seit gut 15 Jahren in der Schweiz die eingetragene Partnerschaft, doch diese ist nur teilweise der Ehe gleichgestellt, zum Beispiel beim Erben oder bei den Steuern. Das ändert sich jetzt – mit der Ehe für alle.
Diese Punkte sind mit der Ehe für alle relevant:
Güterstand
Wer heiratet und nichts Besonderes vereinbart, lebt unter dem sogenannten Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Er ist unter anderem auf das klassische Rollenmodell zugeschnitten, mit einem auswärts arbeitenden Vater und einer sich um die Kinder kümmernden Mutter. Bei Scheidung oder Tod wird bei der Errungenschaftsbeteiligung das vom Lohn angesparte Vermögen zwischen den Eheleuten geteilt. Das kann auch für gleichgeschlechtliche Paare passen, wenn der Unterschied der Einkommen gross ist. Mit einem öffentlich beurkundeten Ehevertrag kann man den Güterstand ändern und etwa eine Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbaren (siehe Mustervorlagen). Am besten lässt man sich dabei fachkundig beraten.
Adoption, Samenspende und Leihmutterschaft
Mit der Ehe für alle können gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam ein Kind adoptieren. Verheiratete Frauenpaare haben neu auch Zugang zur Samenspende . Bisher sind dafür viele ins Ausland gereist. Dort ist nicht überall gewährleistet, dass das Kind erfahren kann, wer sein biologischer Vater ist. Doch genau das ist das Recht jedes Kindes. Gemäss dem neuen Artikel 255a des Zivilgesetzbuchs gilt die Ehefrau der Mutter automatisch als anderer Elternteil des Kindes. Voraussetzung ist, dass die beiden Frauen im Zeitpunkt der Geburt verheiratet sind und dass das Kind durch eine Samenspende nach den Bestimmungen des Fortpflanzungsgesetzes gezeugt wurde. In der Schweiz weiterhin verboten bleibt die Leihmutterschaft.
Beobachter-Mitglieder erhalten mit dem Merkblatt «Adoption» eine Übersicht, welche Voraussetzungen für eine Adoption erfüllt sein müssen und wirft Fragen auf, mit denen sich Eheleute, Konkubinatspaare und eingetragene Partner beschäftigen sollten.
Bürgerrecht
Neu kann sich auch die ausländische Ehefrau einer Schweizerin oder der ausländische Ehemann eines Schweizers erleichtert einbürgern lassen. Davon konnten bisher nur heterosexuelle Ehepaare profitieren.
Eingetragene Partnerschaft
Mit dem Inkrafttreten des neuen Eherechts per 1. Juli 2022 ist es nicht mehr möglich, eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft einzutragen. Paare, die in einer solchen leben, haben nun die Wahl: Sie führen sie weiter oder sie wandeln sie in eine Ehe um. Letzteres geschieht durch eine gemeinsame Erklärung beim Zivilstandsamt, was in der Regel 75 Franken kostet. Die eingetragene Partnerschaft wird also «aussterben». Wenn ein Paar bereits im Ausland geheiratet hat, kann es beantragen, dass der Zivilstand angepasst wird.
Kirchliche Heirat
Das neue Gesetz sagt nicht, ob gleichgeschlechtliche Paare auch kirchlich heiraten können. Darüber entscheiden allein die Kirchen. In der römisch-katholischen Kirche wird dies nicht möglich sein, auch wenn es in fortschrittlichen Pfarreien besondere Segnungsfeiern gibt. Anders bei den Reformierten. Dort wäre die Heirat in der Kirche grundsätzlich möglich. Einige Kantone müssen dazu aber ihre Kirchenordnungen noch anpassen. In der christkatholischen Kirche sind Trauungen von gleichgeschlechtlichen Paaren möglich.
Nicht nur der Name kann sich ändern, wenn Paare entscheiden, den Bund der Ehe einzugehen. Mitglieder des Beobachters erhalten weitere Infos, welcher Güterstand sich für ihre Situation anbietet, wie das eheliche Vermögen anhand von konkreten Fallbeispielen aufgeteilt werden kann und profitieren von einer Vorlage für einen Ehevertrag, die aufzeigt, was wichtig ist.