Politik lässt arme Rentner warten
Die Energiekosten sind massiv gestiegen, trotzdem will der Bund EL-Bezügern vorderhand nicht mehr zahlen. Aber es gibt einen Ausweg.
Veröffentlicht am 8. August 2022 - 14:17 Uhr
Damit sie ihre Wohnung bezahlen können, erhalten Menschen mit einer zu tiefen AHV- oder IV-Rente Ergänzungsleistungen (EL).
Klingt gut. Weniger gut ist: Jetzt, da Energie teurer wird und die Nebenkosten steigen, müssen sie selber schauen. Es soll vorläufig keine generelle Anpassung der EL geben. Bei der Berechnung zählt nur, was im Mietvertrag zu den Nebenkosten steht – nicht die definitive Heiz- und Nebenkostenabrechnung. Wer die nicht zahlen kann, riskiert die Wohnungskündigung.
Der Mieterverband rechnet damit, dass die Heizkosten im Winter im Schnitt 1200 Franken steigen werden. Doch wie zahlen, wenn es sonst schon für nichts reicht?
Die grüne Ständerätin Maya Graf forderte daher vom Bundesrat «eine einfache und pragmatische Lösung» für EL-Bezügerinnen und -Bezüger . Wie genau diese aussehen soll, überliess sie dem Bundesrat. Dieser beantragte, die Motion abzulehnen. Es sei zurzeit nicht klar, wie stark die Heizkosten steigen werden. Er werde im Herbst entscheiden, ob und wie die EL an die Teuerung angepasst werden. Der Ständerat lehnte darauf die Motion ab.
«Das ist unverständlich», sagt Sozialversicherungsexpertin Sabine Neuhaus vom Beobachter-Beratungszentrum. Denn bereits die diesjährigen Nebenkosten können deutlich höher ausfallen, je nachdem, wann abgerechnet wird und wann der Vermieter seinen Öltank gefüllt hat.
Einen Ausweg gibt es. Die EL-Bezüger müssen den Vermieter bitten, die Akontobeiträge im Mietvertrag jetzt vorsorglich zu erhöhen. Dann werden ihre EL entsprechend erhöht. Davon profitieren auch die Vermieter, die sicher sein können, dass alle Mieter die höhere Energierechnung
bezahlen können. Wenn der Mietvertrag neu aufgesetzt wird, müssen Mieterinnen prüfen, ob weitere Änderungen vorgenommen wurden. Besser ist darum, in einem Zusatz zum bestehenden Vertrag höhere Akontobeiträge zu vereinbaren – und zwar möglichst schnell.
Obergrenze für die Akontobeiträge sind die regionalen Mietzinsmaxima – für alleinstehende EL-Bezüger in der Stadt Zürich rund 1370 Franken. Ist das Maximum erreicht, helfen auch höhere Akontobeiträge nichts. «Auch darum ist es so wichtig, dass der Bundesrat rasch eine pragmatische Lösung findet», so Expertin Neuhaus.
Um Ergänzungsleistungen (EL) zu beziehen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Beim Beobachter erfahren Mitglieder nicht nur, welche das sind, sondern führt auch mit Fallbeispielen auf, welche Auswirkungen eine Hausübertragung hat und welche Rechtsmittel bei einem negativen Entscheid offenstehen.
- 1Antrag auf Ergänzungsleistungen stellen
- 2EL-Revision: Das hat sich seit 2021 geändert
- 3Wohnrecht / Nutzniessung bei den Ergänzungsleistungen
- 4Erlass der Radio- und TV-Gebühren für EL-Bezüger
- 5Sich gegen einen Entscheid der EL-Behörde wehren
- 6Weitere Zusatzleistungen der Kantone
- 7Ergänzungsleistungen reichen nicht – wo finde ich Hilfe?
6 Kommentare
Erstaunlich, vor allem aber beschämend für die Zuständigen/Verantwortlichen für das WOHL der Bevölkerung, speziell auch der älteren Bevölkerung und deren finanzielle Lebensgrundlage??
Wer am lautesten schreit, erhält Unterstützungsgelder!!
Die bescheidenen Menschen trauen sich NICHT....!!
Echte ganzheitliche essenzielle und existenzielle VOLKS-Politik, sieht sehr wohl anders aus!!!
Schweizer Volks-Politik: Sehr unterschiedliche Handhabung von Zuständigen/Verantwortlichen betreffend gerechte, faire AHV-Renten (NICHT korrekte, konstante, jährliche Anpassung der AHV an die effektive, jährliche "Lebens-Unterhaltskosten-Erhöhung")....!??
Je "lauter und hartnäckiger" Mann/Frau klönt, reklamiert...umso schneller wird von Seite Sozialwesen Schweiz gehandelt, grosszügiger gehandelt...!!??
Laut und ausdauernd, sind natürlich NICHT die bescheiden lebenden, vor allem auch älteren Menschen, welche lebenslang gearbeitet haben....und sich eher schämen, um staatliche Unterstützung zu bitten!!
Wichtige thematische Präzisierung! Bei "neurechtlichen" EL-BezügerInnen wurde auf 2023 die Mietzinsmaxima Region 1 teuerungsbedingt von CHF 1370.- auf CHF 1465.- erhöht, bei altrechtlichen NICHT! Grund vom BSV: Verwaltungsökonomische Gründe!?, heisst übersetzt: Für nur noch dieses Jahr ist es uns egal Bundesrecht zu verletzen, Diskriminierung zu betreiben und die Betroffenen in eine Zweiklassen-Gruppe einzuteilen, Pech für die "altrechtlichen"! Intransparente Lösung im Detail in ZH: Hat mensch weniger Vermögen als die EL-Eintrittsschwelle von 100k, wirkt sich diese Schwelle diesbezüglich auch in der Berechnung beim möglichen Gemeindezuschuss (GZ CHF 3900.-/pa.) aus, allerdings nur bis CHF 3300.-/pa.! Dadurch kann auch bei "altrechtlichen" die Mietzinsmaxima von bisher CHF 1100.- auf CHF 1375.- angehoben werden, wenn eine allfällige 10% Vermögensverzichts-/Verzehr-Anrechnung diesen GZ-Betrag von CHF 3900.- unterschreitet! Ansonsten muss das Vermögen für GZ-Anrechnungen unter der Schwelle von CHF 25k liegen! Wie das wohl andere Kantone regeln?
Die bei den EL als Ausgabe für den Mietzins und die Nebenkostenakontobeiträgte anerkannten Maximalbeträge sind nicht die "Obergrenze für die Akontobeiträge", sondern die Obergrenze für die Summe aus dem Mietzins und den Akontobeiträgen. Darüber hinaus fehlt die Angabe, dass es sich bei dem im Artikel genannten Betrag von 1'370 Franken um den monatlichen Betrag handelt. Ich hätte mir erwartet, dass eine Sozialversicherungsexpertin des Beobachter-Beratungszentrums darauf hinweist, dass in der Stadt Zürich das Mietzinsmaximum für alleinstehende EL-Bezüger monatlich 1'370 Fr. gemäss dem Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen mit dem Gemeindezuschuss um monatlich 130 Franken erhöht wird und dieser wenn das Reinvermögen 25'000 Franken übersteigt gekürzt wird.