Als Sebastian Steiner* (Name geändert) seinem Telekomanbieter eine Adress- und Vertragsänderung meldete, ahnte er nicht, welche Konsequenzen das haben würde: Statt einer Vertragsänderung registrierte das Computersystem ein zweites Abo. Steiner wehrte sich mit eingeschriebenen Briefen gegen die ungerechtfertigten Rechnungen und Mahnungen. Nichts nützte. Statt einer Entschuldigung bekam Steiner schliesslich einen Zahlungsbefehl.
Auch Fiona Meyer* wurde zu Unrecht betrieben. Ein Inkassobüro forderte die Zahlung von Coiffeurbedarfsartikeln. «Dabei habe ich nie etwas bestellt», ärgert sich die Servicefachfrau aus Zürich. Auf eine Entschuldigung wartet sie bis heute.
Rechtsvorschlag ist entscheidend
Sebastian Steiner hat Rechtsvorschlag auf die ungerechtfertigte Betreibung erhoben. Aber Fiona Meyer hat die Frist verpasst. Bei beiden erscheint die Betreibung im Betreibungsregisterauszug. Steiner kann sich einfach dagegen wehren (siehe Vorgehen A). Für Meyer wird es aber mühsam: Der Weg zum sauberen Register ist aufwendig und der Erfolg nicht garantiert (siehe Vorgehen B).
A: Rechtsvorschlag erhoben, Gläubiger bleibt untätig
Steiner braucht sich keine grossen Sorgen zu machen. Denn seit Januar 2019 gilt: Wenn der Gläubiger nicht innert 3 Monaten ab Zustellung des Zahlungsbefehls vor Gericht die Beseitigung des Rechtsvorschlages verlangt, wird die Betreibung auf Gesuch des Schuldners nicht mehr angezeigt. Was Sie dazu wissen müssen, lesen Sie als Beobachter-Abonnent im Artikel «Einträge schneller löschen – so gehts» nach. Mit dem Musterbrief unten können Sie ein Gesuch stellen.
Haben Sie gegen eine Betreibung Rechtsvorschlag erhoben und hat der Gläubiger nicht mehr darauf reagiert? Beobachter-Mitglieder können mit dem Musterbrief «Eintrag im Betreibungsregister löschen» beim Betreibungsamt vorstellig werden.
B: Keinen Rechtsvorschlag erhoben
Das oben erwähnte Gesuch können Betriebene nicht stellen, wenn sie den Rechtsvorschlag verpasst haben, dieser vom Gericht beseitigt wurde oder wenn sie zwar Rechtsvorschlag erhoben, aber die Forderung bezahlt haben. Trotzdem geht die Welt nicht unter, es wird nur alles etwas aufwendiger. Es gibt vier Varianten.
Variante 1: Abwarten
Auch wenn eine Betreibung im amtlichen Register vermerkt bleibt, erscheint sie auf einem Auszug nur während fünf Jahren. Weil jedes Betreibungsamt ein eigenes Register führt, lässt sich der Registerauszug auch mit einem Wohnortswechsel schönen. Ein beliebter Trick, denn die Einträge des alten Wohnorts sind im Register des neuen nicht ersichtlich. Deshalb verlangen erfahrene Immobilienbewirtschafter häufig noch einen Auszug des vorherigen Wohnorts, wenn der Bewerber erst kürzlich umgezogen ist, oder besorgen sich diese Daten selber .
Wer sich für eine Wohnung bewirbt und einen Eintrag hat, legt besser gleich die Karten auf den Tisch und versucht, die Situation zu erklären, ein höheres Mietzinsdepot oder einen Bürgen anzubieten. Registerauszüge zu fälschen ist keine gute Idee. Es drohen strafrechtliche Konsequenzen. Zudem kann der Vermieter den Vertrag wegen Täuschung auflösen.
- Vorteil: kein Aufwand, keine Kosten
- Nachteil: braucht Zeit und Geduld
Variante 2: Verhandeln
Zieht der Gläubiger die Betreibung beim Amt schriftlich zurück, verschwindet sie aus dem Auszug. Das ist auch bei berechtigten Forderungen möglich. Allerdings ist man als Schuldner auf den Goodwill des Gläubigers angewiesen. Dieser dürfte eine Betreibung am ehesten zurückziehen, wenn der Schuldner die Forderung samt Zinsen und aufgelaufenen Kosten sofort bezahlt – unter Umständen auch bestrittene.
Einzelne Unternehmen verlangen für den Rückzug eine pauschale «Umtriebsentschädigung» von bis zu 200 Franken. Ob sie dazu berechtigt sind, ist umstritten. Wer auf einen sauberen Auszug angewiesen ist, dem bleibt oft nichts anderes übrig, als klein beizugeben. Um diese Forderungen herunterzuhandeln, kann man dem Gläubiger auch anbieten, das Rückzugsbegehren selber zu verfassen und ihm zur Unterschrift vorzulegen (siehe Musterbrief unten).
- Vorteil: geringer Aufwand, keine Anwalts- und Gerichtskosten
- Nachteil: unter Umständen muss man bestrittene Forderungen bezahlen
Nur weil man eine Betreibung bezahlt hat, heisst das noch nicht, dass der Eintrag im Betreibungsregister dadurch verschwindet. Das kann für den Betriebenen zu Problemen führen. Es sei denn, er verhandelt mit dem Gläubiger, damit dieser das Betreibungsbegehren zurückzieht. Beobachter-Mitglieder sehen in der Mustervorlage «Rückzug des Betreibungsbegehrens», wie sie das Schreiben für den Gläubiger aufsetzen können, damit dieser einfacher in die Löschung einwilligt.
Variante 3: Schuld begleichen und Beweismittel dem Gericht liefern
Kann man schriftlich beweisen, dass man die Forderung samt Zinsen und allfälligen Kosten bereits beglichen hat, bevor man den Zahlungsbefehl erhielt, kann man beim Gericht die Aufhebung der Betreibung verlangen. Anerkennt das Gericht die Beweismittel, etwa eine Quittung oder einen Bankauszug, weist es das Betreibungsamt an, die Betreibung aufzuheben und den Eintrag zu löschen. Die Klage kann eingereicht werden, solange die Betreibung läuft, längstens bis zur Verteilung nach einer Pfändung.
Falls der Gläubiger eine Forderung betreibt, die noch gar nicht fällig ist, ist es möglich, beim Richter die Einstellung der Betreibung und die Löschung aus dem Register zu verlangen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Gläubiger schriftlich einer Stundung zugestimmt hat.
- Vorteil: keine Verhandlungen mit dem Gläubiger
- Nachteil: schriftliche Beweise notwendig, es fallen Gerichtskosten an
Variante 4: Klagen
Kommt die Betreibung ohne jeden Grund und zieht sie die Gegenseite nicht zurück, hat man nur die Möglichkeit, eine sogenannte negative Feststellungsklage einzureichen. Doch dafür gibt es eine hohe Hürde: Man muss die Gerichtskosten vorschiessen. Damit nicht genug: Der Vorschuss wird später mit den Gerichtskosten verrechnet, sogar wenn man den Prozess gewinnt. Man muss die Kosten beim unterlegenen Beklagten selber einfordern.
- Vorteil: einziges Mittel in verfahrenen Situationen
- Nachteil: aufwendiges Gerichtsverfahren, hohe Gerichtskosten, Beratung durch Anwalt nötig
In der Schweiz kann jeder eine Betreibung einleiten, egal ob eine Forderung besteht oder nicht. Wie wehrt man sich da gegen einen ungerechtfertigten Zahlungsbefehl? Und: Darf das Inkassobüro zusätzliche Spesen erheben? Beobachter-Mitglieder erhalten Rat mit Vertragsvorlagen, Checklisten und mehr.