Pilot gegen Polizei
Ein Unfall, Blechschaden, ein Strafbefehl. Doch mit dem Plädoyer des Porsche-Fahrers hat wohl keiner gerechnet.
Veröffentlicht am 4. März 2019 - 18:14 Uhr
Ein Unfall, wie er eben passiert: unübersichtliche Rechtskurve, zwei Fahrzeuglenker, die sich nie begegnet wären, wäre sie oder er ein paar Minuten früher oder später losgefahren an diesem Junitag 2018. Die Polo-Fahrerin kommt von oben auf der Etzelstrasse bei Feusisberg SZ, der Porsche-Fahrer von unten. Dann kracht es, Streifkollision. Er bricht sich den Finger, Blechschäden an beiden Autos. Die Polizei wird gerufen.
Viereinhalb Monate später erhält Porsche-Fahrer Felix Egolf einen Strafbefehl. Er soll schuldig sein am Unfall, durch «Nichtanpassen der Geschwindigkeit an die gegebenen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse». Er, ein Raser? «Diesem Klischee entspreche ich nicht», sagt Egolf. Sein Porsche sei ein «schwachbrüstiger 55-jähriger Oldie mit zweistelliger PS-Zahl». Die Busse: 300 Franken plus Verfahrenskosten von 800 Franken. Egolf verlangt Akteneinsicht.
Auf dem Strafbefehl ist ein falsches Unfalldatum vermerkt. Eine unkorrekte Kollisionsstelle. Als Beweis dienen Lacksplitter des roten Porsches, die auf der linken Strassenseite verstreut lagen – und die laut Egolf erst dort landeten, als die Polo-Fahrerin ihr Auto am Strassenrand abstellte.
Felix Egolf, der über drei Jahrzehnte lang für Swissair und Swiss als Pilot im Cockpit sass, bat um eine Anhörung beim Staatsanwalt. Er zeigte Berechnungen zum Bremsweg, Fotos der Unfallstelle und stellte mit zwei Spielzeugautos den Unfall nach. Die detaillierte Recherche überzeugte den Staatsanwalt. Ein Strafbefehl sei erst mal als «Vorschlag» zu betrachten. Er habe rund 80 ähnliche Fälle auf dem Pult und könne unmöglich sämtliche Rapporte so akribisch überprüfen wie Egolf.
«Es lohnt sich, einen Rapport genau anzusehen, wenn der Strafbefehl nicht den eigenen Wahrnehmungen entspricht.»
Felix Egolf
Schliesslich einigte man sich auf einen Deal: Die Streifkollision
hätte vermieden werden können, wenn beide Lenker vor der Kurve gehupt hätten. Egolf bekam einen neuen Strafbefehl wegen «Unterlassens der Abgabe von akustischen Warnsignalen, wo erforderlich», Busse: 100 Franken. Die gleiche Post ging an die Polo-Fahrerin.
Damit war die Geschichte für Egolf fast erledigt. Als aktiver Fluglehrer «mit einem hohen Gerechtigkeitssinn» verlangte er allerdings ein Debriefing auf dem Polizeiposten . Dabei sollten Fehler angesprochen werden. Egolf brachte Pausenbrötchen, das Gespräch mit den Beamten verlief angenehm. Einsichtig hätten sie sich trotzdem nicht gezeigt. Egolf bilanziert: «Es lohnt sich, einen Rapport genau anzusehen, wenn der Strafbefehl nicht den eigenen Wahrnehmungen entspricht. Erst dann wird die Sache genauer geprüft, und es können Korrekturen vorgenommen werden.»
Zu Verkehrsregeln existieren viele Mythen bei Fahrzeuglenkern. Der Beobachter räumt mit Unsicherheiten auf: Mitglieder informieren sich hier nicht nur über aktuelle Änderungen im Strassenverkehrsrecht, sondern sehen zum Beispiel auch im Bussenkatalog, wie hoch die Geldstrafe je nach Geschwindigkeitsüberschreitung ist.
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