Anja Zeidlers Tumor-Therapie im Check
Mit Kakao, Säften und positiven Gedanken einen Tumor bekämpfen? «Nützt s nüüt, so schadt s nüüt», sagt Fitnessinfluencerin Anja Zeidler. Die Forschung ist da anderer Meinung.
Veröffentlicht am 10. Oktober 2023 - 12:09 Uhr
Die Influencerin Anja Zeidler will bei der Behandlung ihres Tumors (siehe «Desmoid-Tumoren») vorläufig auf Schulmedizin verzichten. Stattdessen setze sie erst einmal auf verschiedene Nahrungsergänzungsmittel wie Sellerie und Traubenkernextrakte, auf das Ergründen von Traumata und auf positive Gedanken, schrieb kürzlich das Onlineportal 20min.ch. Zeidler bestätigte auf Nachfrage die geschilderten Sachverhalte.
Sie handle nicht leichtsinnig, habe die Entscheidung gemeinsam mit ihren Ärzten getroffen, sagt Zeidler. Ihre Naturheilärztin helfe ihr dabei. Und sollte der Tumor rasant wachsen, werde sie ihn schulmedizinisch behandeln lassen.
Desmoid-Tumoren
Aber können positive Gedanken wirklich Tumoren zum Schrumpfen oder gar Verschwinden bringen, können sie vielleicht Spontanheilungen bewirken? Lässt sich mit Sellerie eine Krebserkrankung in den Griff bekommen? Was nützt Kakao im Kampf gegen die Krankheit? Klar ist: Zeidlers Motto «Nützt s nüüt, so schadt s nüüt» stimmt nicht zwingend.
Kakaozeremonie
Sie gilt als altes schamanisches Ritual. Dabei wird vorwiegend meditiert und Kakao getrunken. Kakao enthält eine Aminosäure, die im Hirn in das Glückshormon Serotonin umgewandelt wird, sowie Anandamid, das in gewissen Kreisen «the bliss chemical» (Glückseligkeitschemikalie) genannt wird. Es bindet sich an die gleichen Rezeptoren im Gehirn wie Cannabinoide. Es soll, so die Theorie, während Kakaozeremonien zu Visionen führen und helfen, «Wahrheiten auszusprechen und Harmonie zu schaffen». Wissenschaftlich bewiesen ist das nicht. Hingegen gibt es studienbasierte Erkenntnisse, dass eine hohe Konzentration von Anandamid im Blut von Schwangeren Anzeichen für einen möglichen Abort sind. Unklar ist, ob die hohe Anandamidkonzentration den Abort ausgelöst hat oder ein Nebenprodukt des Aborts ist.
Traubenkernextrakt OPC
Traubenkernextrakt ist antioxidativ und hat in Labortests tatsächlich Blutkrebszellen dazu gebracht, sich selber zu zerstören. Solche Tests sind allerdings kein Garant dafür, dass die Wirkstoffe beim Menschen nützen. Sie können lediglich aufzeigen, dass es sich lohnen könnte, weiterzuforschen – mit unbekannten Resultaten. Hingegen gibt es Hinweise, dass Präparate, die stark antioxidativ wirken, etwa auch hoch dosierter Traubenkernextrakt, die Wirkung von Strahlentherapie und Krebsmedikamenten abschwächen können und damit kontraproduktiv wirken würden.
Selleriesaft
Ähnliches gilt auch für den Pflanzenfarbstoff Apigenin, der unter anderem in Sellerie enthalten ist und ebenfalls antioxidativ wirkt. Auch er hindert im Reagenzglas Krebszellen daran, sich zu verbreiten. Dass sich das auf den menschlichen Körper übertragen lässt, ist nicht bewiesen.
Apigenin steht wie andere Antioxidantien im Ruf, Krebs vorzubeugen. Allerdings konnte selbst eine Studie mit 40’000 Frauen nicht erhärten, dass diejenigen, die viel Apigenin zu sich genommen hatten, weniger häufig an Krebs erkrankten als die anderen. Vielmehr besteht auch hier der Verdacht, dass dieser Stoff in hohen Mengen die Wirkung einer Chemotherapie abschwächt oder gar das Krebswachstum beschleunigt.
Randensaft
Das Wurzelgemüse enthält viele wichtige Nährstoffe. In Sachen Krebsvorsorge oder gar Krebsheilung gilt dasselbe wie bei Sellerie und Co.: Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz. Die Randentherapie nach Paul Gerhardt Seeger, bei der zur Prophylaxe täglich lebenslang ein bis zwei Kilogramm des Gemüses gegessen werden sollen, birgt die Gefahr einer zu hohen Nitratbelastung im Körper.
Positive Gedanken
Dass Krebspatienten bessere Heilungschancen haben, wenn sie positiv denken, ist ein weit verbreiteter Glaube. Unbestritten ist, dass Kranke mit einer positiven Einstellung eine höhere Lebensqualität haben. Dass dadurch aber die Heilungschancen steigen, ist nicht wahr, wie eine Metastudie zu zwölf Untersuchungen zeigt. Vielmehr kann der Druck, für die Heilung positiv denken zu müssen, sich sogar negativ auswirken. Er kann beim Erkrankten zu Versagensgefühlen führen, wenn er trotzdem nicht gesund wird.
Besonders gefährlich sind in diesem Zusammenhang Pseudolehren wie die Germanische Neue Medizin nach Ryke Geerd Hamer oder die Lehren des selbsternannten Wunderheilers Bruno Gröning. Sie besagen, dass Krebspatienten quasi selbst schuld an ihrer Erkrankung sind. Es handle sich lediglich um innere Konflikte respektive um mangelnden Gottesglauben. Im Umkehrschluss sollen die Patienten die Krankheit aus eigener Kraft besiegen. Ein aussichtsloses und meist tödliches Unterfangen. Besonders perfid: Wenn die Heilung ausbleibt, ist der Patient selber schuld, weil er sich nicht genug Mühe gegeben hat.
Traumata aufarbeiten
Viele Menschen glauben, dass seelische Belastungen wie Traumata, Stress und Kummer Krebs auslösen können und dass Menschen, die ihre Gefühle schwer zum Ausdruck bringen, eher an Krebs erkranken als extrovertierte Personen. Nach heutigem Wissensstand gibt es keinen Persönlichkeitstypus, bei dem Krebs eher ausbricht als bei anderen. Allerdings können Kummer und Stress zum Beispiel zu erhöhtem Alkohol- und Nikotinkonsum sowie zu ungesunder Ernährung führen, was wiederum Krebs begünstigt.
Spontanheilungen
Die gute Nachricht: Spontanheilungen gibt es. Die schlechte: Sie sind extrem selten. Experten gehen bei spontanen Tumorrückbildungen von einem Fall auf 60’000 bis 100’000 Erkrankte aus. Gänzliche Spontanheilungen sind noch viel seltener. Krebspatienten sollten sich nicht auf diesen statistischen Sonderfall verlassen. Nach heutigem Wissensstand gibt es keine Möglichkeit für Krebspatienten, eine Spontanheilung herbeizuführen. «Betroffene sollten sich nicht unter Druck setzen, den Krebs durch die ‹richtige› Einstellung, Willensstärke oder umfassende Lebensänderungen bekämpfen zu müssen», schreibt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ).
10 Kommentare
...und wenn man dann plötzlich selbst betroffen ist, sieht dann Alles etwas anders aus! Der Artikel ist sehr gut geschrieben.
Sehr schlimm finde ich, wenn sog. Influenzer ihren "Anhängern" derartige Meinungen suggerieren und diese den ganzen Mist noch glauben und sich danach richten. Auch sehr schlimm, dass sie sich darüber absolut keine Gedanken machen
Gut, schlussendlich muss ja jeder für sich selber entscheiden was für ihn gut ist und was er schlussendlich unternehmen möchte. Dass man sich an kompetenten Stellen erkundigen muss ist für mich selbstverständlich und unumgänglich.
Von nichts kommt nichts, keine Krankheit!
WASSER-Kreislauf.....alles, alles landet früher oder später im WASSER-Kreislauf und damit auch im Organismus von TIER und MENSCH!
Seit Jahrzehnten wird tonnenweise "CHEMIE en masse" eingesetzt von: industrialisierter CHEMIE-Miss-Landwirtschaft, Industrien, Gesundheitswesen - Medizin = Medikamente, ....!!!
Alles gelangt früher oder später in den WASSER-Kreislauf und damit auch wieder in den Organismus von TIER und MENSCH = Teufelskreislauf!!
Niemand der vielen - kostenaufwändigen - Zuständigen/Verantwortlichen im Land kümmerts!!???
Krankheiten von Tier und Mensch sind lukrativ!!
Finde ich sehr gut, dass man das Ganze mal faktisch und wissenschaftlich beleuchtet hat mit dementsprechenden Links zum Nachlesen.
Und natürlich passt das mal wieder einigen Leuten nicht, die sich lieber selbst belügen und auf Wunder hoffen…
Die Leidensgeschichte von Anja Zeidler hat mich berührt und so aufgerüttelt, dass ich ihr auf diesem Weg den grossen Mut und wie sie mit dieser Diagnose umgeht meinen Respekt ausdrücken möchte. Ich bin überzeugt, dass Anja auf dem richtigen Weg ist. Seit Jahren höre ich auf mein Herz (oder Bauchgefühl) bei allen wichtigen Entscheiden. So auch, als ich vor 2 1/2 Jahren die intelligenten Moleküle, auch Transferfaktoren genannt, kennen lernen durfte. Für mich ist diese einzigartige Wissenschaft, die bereits im Jahre 1948 patentiert wurde, dann für lange Zeit in Vergessenheit geriet und seit 1998 erfolgreich als Nahrungsergänzung in die ganze Welt hinaus getragen wird, ein Segen. Ich möchte keinen Tag mehr auf Transferfaktoren verzichten, die unser Immunsystem stärken, aufbauen und schulen. Nicht nur mir, sondern allen Menschen auf diesem Planeten können diese intelligenten Moleküle zu Gesundheit und Lebensqualität verhelfen. Ich wünsche Anja von Herzen Liebe, guten Mut und Zuversicht und hoffe, dass sie auch den Weg zu den Transferfaktoren findet.