Frida Holm* ist keine, die wegen jedes Wehwehchens zur Ärztin rennt. Aber seit den Herbstferien fühlt sich die Grafikerin und Mutter dreier Schulkinder nicht wohl. Erst plagt sie eine Erkältung mit etwas Fieber – ganz normal in der kalten Jahreszeit, denkt sie. Dann kommt aber ein mühsamer Husten mit Auswurf dazu, der immer schlimmer wird. Holm kann wegen der heftigen Hustenattacken und Erstickungsanfälle mit Erbrechen kaum mehr schlafen.

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Also geht die 44-Jährige dann doch zum Arzt. Der stellt eine banale Bronchitis fest, ausgelöst durch den Schnupfen. Hustensaft und viel Trinken lauten seine Rezepte. Da diese Mittelchen nicht wirken, konsultiert Holm ein paar Tage später wieder ihre Arztpraxis. Diesmal wird sie ernst genommen.

Keuchhusten vermutet die Ärztin. «Keuchhusten – das ist doch eine Kinderkrankheit», entfährt es Holm. Daran hat sie nicht im Entferntesten gedacht. Der Rachenabstrich ist negativ, da die Krankheit zu spät diagnostiziert wurde. Erst eine Blutprobe stützt den Befund: das Labor kann Pertussis-Bakterien nachweisen, deren Stoffwechsel den Husten auslösen (siehe Box). Holm wird zwei Wochen krankgeschrieben und muss Antibiotika Bakterien Wenn Antibiotika nicht mehr wirken nehmen, damit sie den hochansteckenden Keuchhusten nicht weiter verbreitet. Gelindert werden kann der Krankheitsverlauf dadurch aber nicht mehr. Es wird Wochen dauern, bis sie wieder ganz gesund ist.

Auch wer geimpft ist, kann sich anstecken

Da ihre Kinder nach den Empfehlungen der Kinderärztin gegen Keuchhusten geimpft Impfen Warum der Streit so heftig ist sind, wiegt sie sich zu Hause in Sicherheit. Als es ihr langsam besser geht, fängt der Jüngste an zu husten. Kurz darauf die Älteste. Nur der Mittlere scheint gesund. Die Rachenabstriche der drei zeigen aber eindeutig: alle drei Kinder haben auch Keuchhusten. Sie müssen Antibiotika nehmen und dürfen fünf Tage nicht zur Schule.

Ulrich Heininger, Kinderarzt und auf Keuchhusten spezialisierter Infektiologe am Universitäts-Kinderspital beider Basel, erstaunt diese Geschichte nicht. «Solche Fälle gibt es tagtäglich irgendwo in der Schweiz.» Der Grund: Die Impfung gegen Keuchhusten sei neben der Grippe-Impfung Grippe Wie gefährlich ist sie wirklich? die am wenigsten wirksame von allen.
 

Weil die Impfwirkung mit der Zeit nachlässt, wird Keuchhusten oft von Erwachsenen an Kinder übertragen.


Frida Holm wundert sich: «Auf Merkblättern und beim Arzt hiess es, die Impfung schütze sehr gut.» Das ist grundsätzlich nicht falsch - aber auch nicht ganz richtig. Von sechs Personen, die mit dem Bakterium in Berührung kommen, sind im ersten Jahr nach der Impfung fünf geschützt, sagt Spezialist Heininger. Das entspricht einer Schutzquote von 85 Prozent. Nach zwei Jahren sinkt die Quote aber bereits auf 70 Prozent und lässt stetig nach. Auch wer schon einmal Keuchhusten hatte, kann sich und andere erneut anstecken. In diesem Monat wurden Fälle im Thurgau bekannt und auch in der Stadt Zürich erkrankten mehrere Schulkinder. Jährlich gibt es laut Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz rund 7000 Fälle, wobei 2013 ein Peak mit 13'200 Erkrankten erreicht wurde. Ein Angesteckter infiziert im Schnitt 15 weitere Personen.

Meist milderer Krankheitsverlauf bei Geimpften

Keuchhusten ist langwierig und sehr kräftezehrend, führt aber in der Regel nicht zu schweren Komplikationen. Für Säuglinge unter sechs Monaten und ungeimpfte Kleinkinder kann er aber lebensbedrohlich werden. Da sie noch nicht richtig abhusten können, drohen Sauerstoffmangel und im schlimmsten Fall der Tod. «Kontakt zu Kleinkindern sollte man bei Erkältungen auf jeden Fall vermeiden, unabhängig davon, ob man geimpft ist oder nicht», sagt Heininger. Weil die Impfwirkung mit der Zeit nachlässt, wird Keuchhusten oft von Erwachsenen an Kinder übertragen.

Eine häufigere Auffrischung ist aber schwierig, denn die Keuchhusten-Impfung gibt es nur in Kombination mit der Impfung gegen Starrkrampf und Diphtherie. Diese sollte man nicht in zu kurzen Abständen wiederholen. «Ein Einzelwirkstoff gegen Keuchhusten mit länger anhaltender Wirkdauer ist wünschenswert», sagt Heininger. Die Entwicklung laufe, es sei aber anspruchsvoll. Er empfiehlt: «Mit dem derzeitigen Impfstoff ist eine Auffrischung für alle mindestens alle zehn Jahre besser.» Auf jeden Fall soll man sich impfen lassen, denn bei Geimpften ist der Verlauf meist milder.

 

*Name geändert

Keuchhusten

Keuchhusten wird ausgelöst durch die Bakterien Bordetella pertussis oder Bordetella parapertussis, ist hochansteckend und wird über Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen, Sprechen) übertragen. Von der Ansteckung bis zum Ausbruch der ersten Symptome dauert es im Schnitt 7 bis 20 Tage.

Keuchhusten verläuft in drei Phasen:

  • In der ersten Phase, die ein bis zwei Wochen dauert, fühlt er sich zunächst an wie eine gewöhnliche Erkältung mit Schnupfen, Husten, Heiserkeit und manchmal leichtem Fieber.
  • In der zweiten, ebenfalls ein- bis zweiwöchigen Phase, folgen die typischen krampfartigen Hustenanfälle, teilweise mit Erbrechen und Atemnot.
  • Die dritte Phase, die Erholungsphase, kann bis zu zehn Wochen dauern. Die Hustenanfälle nehmen langsam an Zahl und Intensität ab, aber auch danach leiden viele Menschen noch unter den Folgen der Krankheit.

Es wird empfohlen, Kinder im Alter von 2, 3 und 4 Monaten sowie zwischen dem 11. und 14. Lebensmonat zu impfen. Mit 5 bis 6 Jahren sollte eine erste Auffrischung erfolgen, mit 9 bis 15 eine zweite. Erwachsene sollten sich im Alter zwischen 25 bis 29 Jahren erneut impfen lassen, ausserdem, wenn sie regelmässig Kontakt mit Säuglingen haben und die letzte Impfung mehr als 10 Jahre zurückliegt. Schwangeren wird zu einer Auffrischung geraten, sofern die letzte Impfung mehr als 5 Jahre zurückliegt.

Weitere Infos: bag.admin.ch

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Birthe Homann, Redaktorin
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