Was uns die Zahnfee verschwieg
Au Backe: Zahnseide ist schlechter als ihr Ruf und zu viel Zähneputzen ist kontraproduktiv. Sieben Behauptungen zur Zahnpflege – und was wirklich stimmt.
aktualisiert am 17. Februar 2021 - 11:37 Uhr
Nein, sagen Präventivzahnmediziner. Und widersprechen damit der weitverbreiteten Maxime: Reinige jeden Abend die Zahnzwischenräume – aus Prinzip und um Karies und Parodontitis (Zahnfleischentzündungen, oft mit Zahnfleischschwund verbunden) vorzubeugen. Es sei unsinnig, so die Mediziner, einen Reinigungsgegenstand in gesunde Zahnzwischenräume zu zwängen. Tägliches Putzen mit Zahnbürste und fluoridhaltiger Zahnpasta sei besser. Doch aufgepasst: Wenn man schon Parodontitis hat oder Zähne mit Füllungen repariert wurden, ist die Zwischenraumpflege Pflicht, und zwar jeden Tag. Zahnseide taugt aber höchstens für die Frontzähne. In anderen Zwischenräumen verletzt sie leicht das Zahnfleisch. Es kann sich entzünden.
Was zudem gegen Zahnseide spricht: Sie reinigt ungenügend, weil die Flächen der Backenzähne in den Zwischenräumen nach innen gebogen sind. Also werden mit dem Faden lediglich jene Kanten des Zahns berührt, die auch die Zahnbürste erreicht. Dazwischen spannt sich der Faden hauptsächlich im Leeren. Deshalb empfehlen die Mediziner, Interdentalbürstchen zu verwenden. Sie machen gründlich sauber, tun es aber schonender. Allerdings nur wenn die Grösse passt. Am besten lässt man sich vom Fachpersonal beraten und den richtigen Umgang mit den Bürstchen zeigen.
Wie Karies entsteht
Nein. Manche machen mit ihrer Handzahnbürste alles richtig, sie brauchen keine elektrische Zahnbürste. Elektrisches Putzen kann die Zahnpflege aber erleichtern. Vor allem wenn man Brackets für die Zahnkorrektur trägt, Parodontitis hat oder als älterer Mensch mit den Händen nicht mehr so beweglich ist. Empfohlen werden oft Schallzahnbürsten.
Zusätzlich zur mechanischen Reinigung haben diese einen «hydrodynamischen Effekt»: Zahnpastaschaum wird durch die Zwischenräume gedrückt, das entfernt den Zahnbelag auch dort, zumindest teilweise. Auch Zahnfleischtaschen werden sauberer. Weiterer Vorteil: Mit einer Schallzahnbürste lässt sich der Druck besser kontrollieren. Sie hört automatisch zu vibrieren auf, wenn Zähne und Zahnfleisch zu energisch bearbeitet werden.
Nein. Harte Borsten entfernen Zahnbelag keineswegs besser, können aber das Zahnfleisch verletzen und die Zahnsubstanz schädigen. Deshalb immer weiche Borsten benutzen . Und sanft sein: kein Druck, kein horizontales Hin-und-her-Schrubben. Sondern die Bürste kontrolliert von einem Zahn zum anderen führen und dabei immer vom Zahnfleisch auf den Zahn auswischen.
Wichtig ist systematisches Vorgehen, damit alle Zahnflächen an die Reihe kommen. Das dauert beim einen länger, beim anderen weniger lang, meistens jedoch mindestens zwei bis drei Minuten. Die Putztechnik ist entscheidend, um Zahnbelag gründlich zu entfernen. Bei falscher Technik richtet man auch mit langem Putzen wenig aus – oder sogar Schaden an.
Nein. Beim Zähneputzen kommt es darauf an, Plaque gründlich zu entfernen. Das aber muss nicht sofort nach dem Essen passieren. Diverse Studien zeigen, dass es sogar ausreicht, Zahnbelag nur alle 24 Stunden zu entfernen. Das setzt allerdings eine penible Reinigung voraus. Weil das die meisten von uns nicht schaffen, empfiehlt es sich, zweimal täglich die Zähne zu putzen. Wann dafür der richtige Zeitpunkt ist, wird unter Experten kontrovers diskutiert. Manche finden gründliches Zähneputzen vor dem Essen sinnvoll. Weil so all jene Bakterien entfernt werden, die später, wenn man Zuckerhaltiges isst, kariesproduzierende Säuren freisetzen.
Vorher statt nachher ist auch für jene sinnvoll, die schon Schäden an der Zahnsubstanz haben. Säurehaltige Lebensmittel wie Früchte, Fruchtsäfte oder Softdrinks rauen die Zahnoberfläche auf. Wer sofort zur Bürste greift, schrubbt den angerauten Schmelz weg – der Zahn verliert noch mehr Substanz. Deshalb nach dem Essen den Mund besser mit Wasser oder Milch spülen. Und 30 bis 60 Minuten warten. So hat der Zahnschmelz Zeit, wieder hart zu werden.
Das ist nur sehr gewissenhaften Zähneputzern erlaubt. Diese riskieren keinen Schaden, wenn sie im Ausnahmefall ohne abendliches Putzritual zu Bett gehen oder auf Reisen mal keine Zahnbürste zur Hand haben. Wer unterwegs ist, kann zuckerfreien Kaugummi kauen. Dieser hat zwar kaum reinigende Wirkung, sorgt aber dafür, dass mehr Speichel fliesst. Und das hilft, kariesfördernde Säuren zu neutralisieren.
Zucker kann das Kariesrisiko fördern, das ist richtig. Ob man Karies bekommt, hängt aber nicht allein davon ab, wie häufig man zuckerhaltige Lebensmittel konsumiert. Eine weitere Rolle spielt die Mundhygiene, ausserdem die Frage, wie gut die Zähne mit Fluorid versorgt sind. Auch Säuren sind schädlich für die Zähne. Sie kommen, wie erwähnt, in Lebensmitteln vor.
Magensäure ist ebenfalls sehr aggressiv. Patienten, die unter saurem Aufstossen leiden, haben häufig schadhafte Zähne. Besonders gefährdet sind die Zähne von Teenagern und Sportlern: Sie nuckeln unterwegs häufig an Dosen und Plastikflaschen mit Softdrinks und isotonischen Getränken. Nach Angaben der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft kann das der Zahnsubstanz zusetzen. Den Zähnen können übrigens auch zuckerfreie Getränke schaden, wenn diese zu viel Säure haben.
Das ist zwar richtig. Dennoch sollte man es nicht benutzen. Es besteht die Gefahr, dass man die Zahnoberfläche schädigt – der Schmirgeleffekt ist zu heftig. Lieber regelmässig zur professionellen Zahnreinigung gehen, um Beläge und Flecken zu entfernen. Und sich beraten lassen, ob es wirklich angebracht ist, die Zähne aufzuhellen.
Zähnebleichen , Bleachen, ist nach heutigem Kenntnisstand unschädlich – vorausgesetzt, man wendet Bleichmittel korrekt an und sorgt danach für Remineralisierung. Der Zahn braucht regelmässig Fluorid in Form konzentrierter Gelees oder Spülungen.
Anmerkung der Redaktion: Bei Punkt 6 war ursprünglich erwähnt, dass Fluor für die Zahnbehandlung wichtig sei. Es handelt sich dabei um einen Fehler, den wir nach Hinweis einer Leserin korrigiert haben. Richtig ist: Fluorid (5.3.2024)