Kreditfähigkeitsprüfung: Dieses Unwort bezeichnet das Herzstück im neuen Leasingrecht, das seit einem Jahr im Rahmen des neuen Konsumkreditgesetzes gültig ist. Ziel der Neuregelung ist, eine Überschuldung wegen Leasings zu vermeiden. Die Prüfung soll zeigen, ob das gewünschte Auto im Budget des Leasinginteressierten Platz hat.

Leasingfirmen stellen also künftigen Kundinnen und Kunden viele Fragen: Wie viel verdienen Sie? Wie viel Mietzins und wie viel Steuern zahlen Sie? Bestehen andere Leasing- oder Kreditverträge? Zahlen Sie Alimente? Sie wollen auch wissen, wie viele Kinder der Leasinginteressierte hat, wie sein Arbeitgeber heisst, ob er in den letzten Jahren betrieben wurde und Verlustscheine ausstehend hat. Anhand dieser Daten prüft die Leasinggesellschaft, ob die Konsumentin die Raten zahlen kann – ohne jenes Einkommen anzuzapfen, das nach Konkursrecht nicht pfändbar ist.

Die vielen Fragen und Angaben täuschen darüber hinweg, dass das Gesetz nur Minimalvorschriften enthält und wichtige Punkte offen lässt. «Das Gesetz ist bezüglich Leasing flexibel», sagt Felix Schöbi vom Bundesamt für Justiz. «Die Gerichtspraxis wird klären müssen, wie genau die Kreditfähigkeitsprüfung sein muss.»

Bonitätsprüfung ist oft zu locker
Vorderhand zeigt erste Beratungspraxis, zum Beispiel beim Beobachter oder bei Schuldensanierungsstellen: Leasingfirmen nehmen ihre Mitverantwortung, dass Leasingnehmer sich nicht verschulden, mitunter locker. Vier Beispiele:

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  • Krankenkassenprämie: Leasinggesellschaften rechnen oft nicht mit der tatsächlichen Prämie der Leasingnehmer, sondern mit einem kantonalen Durchschnitt oder gar mit der tiefsten im Kanton möglichen Prämie. Mario Roncoroni, Geschäftsleiter des Vereins Schuldensanierung Bern, kritisiert diese Praxis: «Das entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Kreditfähigkeitsprüfung.»
  • Autokosten: Neben der Leasingrate fallen fürs Auto weitere Fixkosten an – für die (vertraglich vorgeschriebene) Vollkaskoversicherung und die Haftpflichtversicherung, für Steuern, Unterhalt, Reparaturen, Benzin, Reifen, Parkplatz. Diese regelmässigen monatlichen Kosten können die Leasingrate locker verdoppeln. Dennoch beziehen Leasingfirmen sie nicht oder nur teilweise in die Abklärung ein. «Fixe Kosten sollten nicht systematisch ausgeblendet werden», meint Felix Schöbi vom Bundesamt für Justiz. «Leasinggeber sollten zu solchen Mätzchen nicht Hand bieten.»
  • Unterschrift zu zweit: Dass zwei Personen einen Leasingvertrag unterschreiben, darf nicht zur Folge haben, dass deren zusammengezähltes Einkommen Grundlage für die Kreditfähigkeitsprüfung wird. Vielmehr ist vom tieferen Einkommen aus zu rechnen. «Weil jeder für den ganzen Vertrag haftet,
    muss jeder für sich allein die Voraussetzungen für den Leasingvertrag
    erfüllen», sagt Konrad Rothenbühler, Fürsprecher in Bern.
  • Momentaufnahme: Was die Zukunft an möglichen Budgetnöten bringt, das kann die Kreditfähigkeitsprüfung als Momentaufnahme nicht einbeziehen. Das bedeutet umso mehr: Absehbare Veränderungen sollen mitberücksichtigt werden. «Wenn eine schwangere Frau leasen will, muss das erwartete Kind ins Budget eingerechnet werden», sagt Mario Roncoroni.

Diesen Forderungen nach einer realitätsnahen Bonitätsprüfung hält Markus Hess, Geschäftsführer des Schweizerischen Leasingverbands, entgegen: «Leasinggesellschaften haben ausserhalb der gesetzlichen Vorgaben keine Budgetpflicht.» Immerhin gebe es eine Reihe von Firmen, deren Prüfungen strenger seien als die gesetzlichen Vorschriften, was durchaus zur Ablehnung von Leasinganträgen führe.

Der Touring-Club der Schweiz (TCS) beobachtet etwas anderes: Statt einen Leasingantrag abzulehnen, setze die Leasingfirma die erste Rate höher an. Das erlaubt tiefere Folgezinsen, was dann günstig aussieht. «Das ist die falsche Lösung», sagt Erich Schwizer, Leiter Automobilwirtschaft und Konsumenteninformation beim TCS. «In dieser Situation muss der Kunde bereit sein, ein Auto mit tieferem Neuwagenpreis zu leasen.»

Vorsicht bei Kaufverträgen
Das neue Leasingrecht enthält neben der Kreditfähigkeitsprüfung noch eine weitere Schutzbestimmung: Konsumentinnen und Konsumenten können den Leasingvertrag innert sieben Tagen nach Erhalt der Vertragskopie widerrufen. Um Schaden zu vermeiden, bestellen seriöse Garagen deshalb das neue Auto beim Importeur erst dann, wenn dieses Widerrufsrecht abgelaufen ist. Ebenso übergeben sie Occasionsautos der Kundschaft erst nach Ablauf der sieben Tage.

Leider gibt es zahlreiche Garagen, die sich in diesem Schwebezustand – der Leasingvertrag ist noch nicht definitiv zustande gekommen, das Auto wird aber schon bestellt oder dem Kunden übergeben – anders behelfen: Sie lassen die Kundschaft einen Kaufvertrag unterzeichnen, teils sogar mit dem Argument, dies sei für den Leasingantrag nötig. Wenn das Leasing nicht zustande kommt, halten sie den Kunden den unterschriebenen Kaufvertrag unter die Nase und fordern ein Reuegeld für den Vertragsrücktritt.

«Diese Praxis ist unredlich», sagt Erich Schwizer vom TCS. Er empfiehlt Leasinginteressierten deshalb dringend: Wer beim Leasingwunsch einen Kaufvertrag unterschreiben soll, ergänzt diesen mit dem Vermerk «Finanzierung mit Leasing» und verlangt eine Kopie des Leasingantrags. «So kann der Kunde allfällige ungerechtfertigte Forderungen kontern.» Noch besser ist es allerdings, gar keinen Kaufvertrag zu unterschreiben.

Autoleasing: Nach wie vor teuer

Das neue Gesetz hat einen gewichtigen Nachteil des Leasings nicht aus der Welt geschafft: Das Autoleasing bleibt für die Konsumentinnen und Konsumenten teuer. Je nach Autotyp und Konditionen kostet das Leasen zwischen 10 und 50 Prozent mehr als der Barkauf.

Wer ein Auto least, weil er es im Moment nicht bar bezahlen kann, riskiert zudem, in die Schuldenfalle zu geraten. Stellenverlust, Krankheit, Familienzuwachs oder Scheidung können die finanzielle Situation während der mehrjährigen Leasingvertragszeit drastisch verändern. Während der Ausstieg aus Leasingverträgen, die vor dem 1. 1. 2003 abgeschlossen wurden, mit guter Chance ohne finanziellen Rattenschwanz gelingt, erlaubt das neue Leasingrecht, dass Leasingfirmen bei vorzeitiger Vertragskündigung die Monatsraten rückwirkend erhöhen.

Das führt zu hohen Schlussabrechnungen – und zur paradoxen Situation: Den Ausstieg aus dem Vertrag kann sich der Leasingnehmer wegen seines Budgets nicht leisten – die Leasingrate kann er jedoch auch nicht mehr zahlen.