171 Franken für einen kurzen Anruf
Wenn ein Arzt am Telefon ist, kann selbst eine Terminverschiebung teuer werden. Die Patientenorganisation fordert eine Hinweispflicht.
Veröffentlicht am 5. November 2020 - 11:45 Uhr
Der Termin war für den Frühling geplant. Im Berner Inselspital hätte die Halsarterie von Hans W.* (Name geändert) mit Ultraschall durchleuchtet werden sollen. Eine Kontrolle, weil der 68-Jährige vor einem Jahr unter Kribbeln und Lähmungserscheinungen an der Hand gelitten hatte. Man fand keine klare Ursache. Jetzt sollte er nochmals untersucht werden.
Doch dann kam Corona. Hans W. hatte mit einer Verschiebung des Termins gerechnet. Es war der Höhepunkt der ersten Welle, die Spitäler verzichteten auf nicht dringliche Untersuchungen.
Am 1. April klingelte das Telefon, ein Assistenzarzt war am Apparat. «Er erklärte mir die Terminverschiebung und wollte noch wissen, ob ich meine Medikamente regelmässig nehme.» Er sei ermahnt worden, wegen Corona vorsichtig zu sein. Das Gespräch dauerte wenige Minuten, die Untersuchung wurde verschoben.
Für Hans W. war die Sache erledigt – bis er die Rechnung erhielt: 171 Franken für eine telefonische Konsultation. «Es ging bloss um eine Terminverschiebung, wie sie mir auch das Sekretariat hätte mitteilen können.»
Er beschwerte sich bei der Ombudsstelle der Insel-Gruppe. Die Abklärungen dauerten Monate, die Antwort war kurz: «Bei der Telefonkonsultation wurde nicht nur der Termin verschoben, sondern auch noch div. Fragen gestellt. Es wurde abgeklärt, ob Sie erneut aufgeboten werden müssen oder ob eine telefonische Konsultation reicht.»
Dem Beobachter schreibt das Spital, es sei auch ein ärztlicher Bericht verfasst worden. Darin steht, dass der Patient seine Medikamente nehme, dass er zur Vorsicht wegen Corona aufgefordert worden sei, dass es keine Auffälligkeiten zum Verlauf gebe.
Hans W. beschwerte sich auch bei seiner Krankenkasse – ohne Erfolg. «Man sagte mir, die Rechnung sei bereits bezahlt, und ich solle das mit dem Spital doch selber klären.»
Kostenpflichtige Telefongespräche sorgen regelmässig für Ärger, seit der Pandemie ist ihre Zahl gestiegen. «Ein Patient sollte darüber informiert werden, ab wann das Gespräch kostenpflichtig wird», fordert Daniel Tapernoux von der Patientenorganisation SPO, selber Arzt. Nur so habe er die Möglichkeit, zu verzichten.
Zudem müssten Beschwerdestellen ausgebaut werden. «Auch wenn es um relativ kleine Beträge geht, können Häufungen bei einem Spital oder Arzt der Anlass für eine Überprüfung werden.» Eine Meldestelle findet man ziemlich versteckt auf tarifsuisse.ch unter «Leistungsmanagement» und dort unter «Tarifcontrolling». Der Stelle sind aber nur 44 Krankenkassen angeschlossen. Die von Hans W. ist nicht dabei.
Wurde Ihr Paket nicht zugestellt und die Post sieht sich nicht zuständig? Weigert sich das Schweizer Hotel für beanstandete Mängel aufzukommen? Erfahren Sie als Beobachter-Mitglied, wie Ombudsstellen bei diesen und weiteren Konsum-Fragen vermitteln können.
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5 Kommentare
Da weiss man, wo das Geld hinfliesst, die Macht liegt! Jedenfalls nicht in die Hände des "Pflegfachpersonals"!!
Das ist eine weiteres Beispiel dafür, dass selbst das Grüezi sagen beim Arzt oder im Spital kostet. 171.- für ein Telefonanruf von vielleicht 3-4 Minuten, anschliessend hat einer noch 2, 3 Sätze in den Computer gedöggelt. Das kann man als unverschämt bezeichnen, so wie viele Tarife insbesondere im ambulanten Tarmed-Bereich. BR Berset hat da allerdings schon gewisse Korrekturen angebracht, natürlich unter lauten Protest der Arztorganisationen.
Wie lange wird es wohl noch dauern, bis das Volk endlich aufwacht und unserer Bananenregierung vorschreibt, dass unsere Gesetzgebung überarbeitet werden muss. Hier kann jeder den anderen auch per Telefon verarschen und bekommt dann vor den Schlichtungsstellen und Gerichten auch noch Recht. Einfach immer wieder Scheisse. Ein Generalstreik wie 1918 wäre eventuell wieder einmal notwendig.
Ist wohl etwas übertrieben, nicht? Zudem wurde die Bundesverfassung vor noch nicht allzu langer Zeit komplett überarbeitet! In den 90er Jahren, wenn ich mich nicht irre......
Bulca
Sie reden von Übertrieben. Gar nichts ist übertrieben. Dank Beobachter kommen immer wieder Sauereien an die Öffentlichkeit. Leider passiert dann meistens nichts, das die Richter und Kantone usw. dafür sorgen, dass es so bleibt wie es ist.
Unser Rechtssystem beschützt doch ganz eindeutig immer die welche mit Einfluss und Geld alles erreichen können was sie wollen. Das Pflegepersonal ist seit Jahren am Anschlag, mit einem Scheisslohn. Jeder Polizist und Lastwagenfahrer verdient mehr und so geht es in vielen anderen Berufen auch. Alte Menschen werden in die Altersheime abgeschoben und viele verkümmern dort weil sie einfach vom normalen Leben ausgeschlossen werde. Aber klar das ist ja schon immer so gewesen. Ist doch Scheissegal. Jeder hat Angst seine Arbeit zu verlieren. Das ist einfach so, oder Herr/Frau Bulca? Arbeitgeber befehlen und entscheiden und das Arbeitervolk hat zu gehorchen.