Für sein Grafikbüro buchte Rolf Mantel aus Effretikon ZH einen Eintrag bei Localsearch, einem Anbieter digitaler Telefonverzeichnisse. «Das absolute Minimum», sagt Mantel. Bis anhin bezahlte er für seinen Einmannbetrieb Fr. 59.90 jährlich.

Im Mai schickte ihm Localsearch eine Rechnung mit der guten Nachricht, man habe das «Eintragsprodukt» mit «zusätzlichen attraktiven Leistungen angereichert». Die weniger gute Nachricht: Localsearch verlangte dafür Fr. 159.90 – also 100 Franken mehr als bisher.

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Rolf Mantel war nicht einverstanden, dass ihm Localsearch stillschweigend ein neues Produkt UPC Wer nichts tut, zahlt mehr zu einem weit höheren Preis verkaufte. Zu Recht, sagt Beobachter-Beraterin Julia Gubler. «Er muss die Rechnung nicht bezahlen. Verträge können nicht einseitig abgeändert werden. Wenn er dem neuen Vertrag nicht zustimmt, läuft der bisherige gemäss den ursprünglichen Bedingungen weiter.»

Im Dezember letzten Jahres übernahm Swisscom Swisscom Wer nicht digital bezahlt, greift tiefer in die Tasche für 220 Millionen Franken Localsearch vollständig. Swisscom gehört zur Hälfte dem Bund.

Angeblich nur eine Offerte

Umso stossender ist das Schreiben, das vorgibt, ein Kunde habe einen Vertrag abgeschlossen und müsse nun für die Leistung bezahlen, in die er gar nicht eingewilligt hat.

Localsearch ist der Ansicht, das Schreiben sei bloss eine «Offerte». Man habe den Kunden ein verbessertes Produkt «vorgeschlagen» und der Einfachheit halber gleich einen Einzahlungsschein beigelegt. Wer nicht zahle, dem schicke Localsearch «ein Erinnerungsschreiben». Und wer sich auch dann nicht rühre, werde in Ruhe gelassen. Für Grafiker Mantel kamen die Schreiben samt Einzahlungsschein allerdings «nie wie eine Offerte rüber. Es klang so, als hätte ich Nein sagen müssen Sunrise und Swisscom Wer nicht reagiert, zahlt mehr

«Offerten müssen eindeutig als solche erkennbar sein. Man darf sie nicht irrtümlicherweise für Rechnungen halten können», sagt Beraterin Gubler. Über das unlautere Verhalten von Localsearch kann sich Mantel beim Seco beschweren. Mantel schuldet Localsearch nur Fr. 59.90. Den Vertrag hat er inzwischen aufgelöst.

Aktualisierung vom 23. September 2019: «Gar keine Besucher via Localsearch»

Kaum war der Beitrag im Beobachter publiziert, landete bei Grafiker Rolf Mantel die 1. Zahlungserinnerung von Localsearch im Briefkasten: «Sicher ist Ihnen entgangen, dass die unten aufgeführte Rechnung oder der unten aufgeführte, ausstehende Betrag für Ihr neues SWISS LIST Produkt zur Zahlung fällig ist.» Und mehrere Localsearch-Kunden beklagten sich über das Geschäftsgebaren der Swisscom-Tochter. Reklamationen blieben unbeantwortet, eingeschriebene Kündigungen wurden nicht bestätigt, Anrufe landeten in der ewigen Warteschlaufe. «Die Art und Weise, wie Sie als Kommunikationsfirma Ihre Kunden behandeln, ist alles andere als vorbildlich», schrieb eine verärgerte Leserin an den Chef von Localsearch, Sandro Santinelli.

Ein Leser stellte die Frage: Was bedeutet das, wenn man auf «Swiss List» verzichtet? Ist man a) nicht mehr im Branchenbuch oder b) nicht mehr im Online-Verzeichnis auffindbar? Weder noch. Die normale Adresse bleibt auch dann auf Localsearch gelistet, wenn man gar nichts zahlt.

Grafiker Mantel kontrollierte einmal die Statistik seiner Internetseite: «Ich hatte überhaupt gar nie einen Besucher, der via Localsearch auf meine Website kam. Mir nützte das Ganze überhaupt nichts.»

Seite 1 der «Offerte» von Localsearch

Die «Offerte» von Localsearch

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Quelle: ZVG

Das «Erin­ne­rungsschreiben» von Localsearch

Das «Erin­ne­rungsschreiben» von Localsearch

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Quelle: ZVG
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