Als E. S.* die Migros in der Mall of Switzerland in Ebikon LU verlassen will, halten ihn zwei Aufsichtspersonen auf und kontrollieren seine Einkäufe. S. hat sich sein Mittagessen besorgt, darunter ein Wienerli im Teig für Fr. 2.40.

Bei der Kontrolle wird klar: Das Wienerli fehlt auf dem Kassenbon, S. muss nachzahlen. «Ich habe das Symbol auf dem Bildschirm angewählt. Warum das Wienerli nicht registriert wurde, kann ich mir nicht erklären», sagt er. Die Ladenaufsicht habe ihm gesagt, so etwas könne schon mal vorkommen. Damit sei die Sache für ihn abgeschlossen gewesen. 

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Plötzlich sind es vier Wienerli

Einige Tage später erhält S. einen Anruf von einem Mitarbeiter des internen Migros- Inspektorats. Dieser wirft ihm vor, er habe das Wienerli vorsätzlich nicht bezahlt. Mehr noch: Eine Videoanalyse des Selfscanning-Bereichs habe ergeben, dass er bereits bei drei vorgängigen Einkäufen ebenfalls ein unbezahltes Wienerli im Teig mitgenommen habe. Die Migros sagt, S. habe sich damals am Telefon einsichtig gezeigt, die Zahlung einer Umtriebsentschädigung von 430 Franken sei vereinbart worden. S. sagt: «Das stimmt nicht.» 

Unbestritten ist, dass sich S. nach Erhalt der Rechnung an die Debitorenabteilung der Migros wendet, um einen Mahnstopp bittet und ein Gespräch mit dem Vorgesetzten des Inspektoratsmitarbeiters verlangt. Stattdessen meldet sich der Mitarbeiter selbst. S.: «Er liess nicht mit sich reden und forderte die Zahlung der Umtriebsentschädigung. Sonst werde er eine Strafanzeige machen.»

Keine Kulanz

Eindeutige Klarheit zum Sachverhalt könnten die Videoaufnahmen bringen. Nur: Die sind nicht mehr vorhanden. «Weil Herr S. einsichtig war, wurden die Aufnahmen gemäss den internen Weisungen 30 Tage nach Abschluss des Falles, also nach der  Rechnungsstellung, automatisch gelöscht», schreibt die Migros. 

Da es auch kein schriftliches Schuldeingeständnis von S. gibt, steht Aussage gegen Aussage. Wäre da, auch angesichts des kleinen Betrags, nicht Kulanz seitens der Migros angezeigt gewesen? Nein, so die Antwort: «Für uns ist der Tatbestand durch die Videoaufnahmen eindeutig erstellt.»

S. ist enttäuscht, «dass mir die Migros Diebstahl vorwirft, obwohl es bloss ein Versehen war». Gezahlt habe er die Busse, obwohl ihm der Beobachter geraten habe, sich betreiben zu lassen und Rechtsvorschlag zu erheben. «Ich will keinen Eintrag im Betreibungsregister, das kann einen schlechten Eindruck machen.»

* Name der Redaktion bekannt. 

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