Eine Ehrung als Verpflichtung
Am grössten Medienkongress Europas ist direkt nach dem britischen «Economist» auch der «Beobachter» ausgezeichnet worden. Chefredaktor Andres Büchi sieht darin vor allem eine Verpflichtung.
Veröffentlicht am 16. Mai 2019 - 19:11 Uhr,
aktualisiert am 16. Mai 2019 - 16:53 Uhr
In Wien trafen sich vom 12. bis 14. Mai rund 500 Vertreterinnen und Vertreter der wichtigsten Medienunternehmen Europas zum European Publishing Congress. Zur Eröffnung des Kongresses mahnte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz: «Der Ton in der politischen und medialen Auseinandersetzung wird ein immer rauerer.» Umso wichtiger sei deshalb die Wahrung der Pressefreiheit als Garant für eine funktionierende Demokratie.
Im Erfahrungs- und Strategieaustausch der Medienmacher war man sich einig, dass der Einfluss grosser Digitalkonzerne durch deren Social-Media-Kanäle die freie Meinungsbildung zunehmend bedroht. Einerseits, weil sie ungefiltert auch Falschmeldungen verbreiten, andererseits, weil sie die etablierten journalistischen Produkte wirtschaftlich massiv gefährden.
Darum hat der Beobachter gewonnen
Was die Rezepte für die Zukunft angeht, tat man sich naturgemäss schwerer. Zu vielfältig sind die Einflüsse, die die Deutungsmacht der einstigen Leuchttürme der Informationsvermittlung untergraben. Etablierte und unabhängig recherchierende Medien sind nicht nur ökonomisch bedroht.
Alle Medienmacher berichten über einen immer stärkeren Druck von Interessenverbänden auf die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten. Zudem haben Firmen und Behörden in den letzten Jahren eine Armada von Medienstellen aufgebaut, deren Aufgabe es ist, Anfragen zu filtern, Antworten zu glätten und die Berichte von Journalisten in eine für sie günstige Richtung zu lenken. Dazu kommt, dass Medien oft bereits im Vorfeld möglicher kritischer Berichterstattungen juristisch unter Druck gesetzt werden.
Auch wir Journalisten haben Fehler gemacht. Das Aufkommen der Sozialen Medien zeigte explosionsartig, dass sich manche Produkte und deren Macher zu wichtig genommen haben und mit ihren im Brustton der Überzeugung vorgetragenen Meinungen und Appellen als zu einseitig oder zu oberlehrerhaft wahrgenommen werden.
Wenn die Medienhäuser ihre Stellung als möglichst unabhängige und glaubwürdige Informationsvermittler wieder stärker zurückgewinnen wollen, müssen sie verlässlich, einschätzbar und unaufgeregt berichten.
Als Vorbild für solchen Journalismus hat eine internationale Jury des European Publishing Congress den britischen «Economist» als Magazin des Jahres ausgezeichnet. Es ist uns eine Ehre, dass der Beobachter im gleichen Zug mit einem «Special Award» für «vorbildlichen, investigativen» und «hochwertigen Magazinjournalismus» honoriert worden ist. Wir sehen darin eine Verpflichtung, auch weiterhin unabhängig, unnachgiebig, differenziert und verständlich über all das zu berichten, was unser Leben und unsere Zukunft prägt.
Dazu, liebe Leserinnen und Leser, sind wir auf Sie angewiesen. Auf Ihre Hinweise
, Ihre Meinungen, Ihre Einschätzungen und Rückmeldungen. Denn so wichtig der Journalismus für die Demokratie ist, so wichtig sind Ihr Feedback, Ihre Kritik für unsere Arbeit.
Andres Büchi, Chefredaktor