Strom wird nächstes Jahr noch teurer
Haushalte werden nächstes Jahr 135 Franken mehr zahlen müssen, schätzt der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Das sorgt für Kritik.
Veröffentlicht am 22. Juni 2023 - 17:09 Uhr
Die Strompreise für Haushalte sind bereits auf das Jahr 2023 hin um 23 Prozent oder mehr gestiegen. 2024 gehen sie erneut in die Höhe, und zwar um 12 Prozent. Das zeigt eine erste Einschätzung des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE).
Für 2024 wird ein Preis von 30 Rappen pro Kilowattstunde erwartet. Das sind gut 3 Rappen mehr als heute. Konsumentinnen und Konsumenten zahlen gegenüber dem Vorjahr 135 Franken mehr.
Grund für den Preisanstieg ist die anhaltende Energiekrise. Die Strompreise am Markt sind 2021 wegen höherer Brennstoff- und CO2-Preise, historisch niedriger Füllstände in den Gasspeichern sowie Kraftwerksausfällen und -abschaltungen massiv angestiegen. Der Krieg in der Ukraine und die europaweite Trockenheit haben die bereits angespannte Situation des letzten Jahres verschärft.
Bei den Strompreisen kann es je nach Versorger zu grossen Preisunterschieden kommen – je nach deren Beschaffungsstrategie. Wenn der Strom mehrere Jahre im Voraus gekauft wurde, steigen die Preise weniger. Bei kurzfristiger Beschaffung müssen die Haushalte tiefer in die Tasche greifen.
Der Preis hängt aber nicht nur von den Kosten für Energie ab, sondern auch von Zuschlägen und Abgaben. Damit es auch im Winter immer genügend Strom gibt, hat der Bund als Notfallmassnahme eine «Winterreserve» festgelegt. Dafür wurden zusätzliche Reservekraftwerke, Wasserkraftwerke und Notstromaggregate gebaut. Die Kosten für diese Notfallmassnahme fliessen zum ersten Mal in die Stromrechnung ein.
Die Netzkosten, die der Netzbetreiber Swissgrid in Rechnung stellt, steigen ebenfalls. Von 70 auf 92 Franken bei einem Haushalt mit vier Personen.
Kritik des Konsumentenschutzes
Der Konsumentenschutz äussert sich kritisch zu den angekündigten Preiserhöhungen und fordert das Eingreifen der Politik. Sie sei in erster Linie der Bevölkerung verpflichtet und nicht den Stromkonzernen, heisst es in einer Mitteilung. Statt die Konsumentinnen und Konsumenten vor übermässigen Preiserhöhungen zu schützen, wälze man die Preise problem- und risikolos auf die Bevölkerung ab.
Laut den Elektrizitätsunternehmen können die hohen Preise dazu animieren, Investitionen in die Energieeffizienz schneller voranzutreiben und grundsätzlich Strom und andere Energieträger sparsamer zu verbrauchen. Diese Massnahmen wirken sich gemäss VSE positiv auf die Versorgungssicherheit der Schweiz aus.
Wie stark der Strompreis wirklich steigen wird, wird Ende August mitgeteilt. Dann müssen die Grundversorger der Elcom, der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, ihre definitiven Tarife für das Folgejahr bekanntgeben.
Energiespartipps
- Stecker ziehen: Bevor man die Wohnung verlässt oder abends schlafen geht: bei den Elektrogeräten den Stecker ziehen oder den Schalter an der Steckdosenleiste betätigen. So verhindert man unnötigen Stand-by-Stromverbrauch.
- Stromsparend backen: Den Backofen vorzuheizen, ist meist unnötig, braucht aber bis zu 20 Prozent der Energie. Besser: kein Vorheizen, Umluft nutzen, Backofen zwischendurch nicht öffnen, die letzten zehn Minuten mit Restwärme garen.
- Effizient kochen: Ohne Deckel kochen dauert länger und frisst Energie. Also: Deckel drauf und für die letzten Minuten die Herdplatte abschalten und Restwärme nutzen.
- Kühlschrank einstellen: Eine dicke Eisschicht im Gefrierfach verbraucht unnötig viel Strom. Eine Kühlschranktemperatur von sieben Grad reicht daher aus. Schauen Sie, dass die Tür gut verschlossen ist.
- LED statt Halogen: Bei Halogenleuchten und Glühbirnen geht viel Energie durch Abwärme verloren. Ersetzen Sie sie mit einer bis zu 90 Prozent energieeffizienteren LED-Leuchte. Und wenn immer möglich: Licht ausschalten. Auch wenn es nur für kurze Zeit ist.
Über die Studie
Bei der Einschätzung des VSE handelt es sich um eine Umfrage, an der 135 Mitglieder teilgenommen haben. In die Schätzung wurden alle zum jetzigen Zeitpunkt bekannten Komponenten des Strompreises eingerechnet: Energietarife, Netznutzungstarife für das Übertragungsnetz der Swissgrid inklusive Kosten für die Notfallmassnahmen des Bundes im Winter («Winterreserve»), Abgaben an Kantone und Gemeinden sowie der Netzzuschlag. Noch nicht bekannt sind die Netznutzungstarife.
1 Kommentar
Schön, dass Otto Normalverbraucher Strom sparen soll. Gleichzeitig wird aber im Strassenverkehr die Schwerverkehrsabgabe den H2-Fahrzeugen geschenkt und damit deren Kauf und Verwendung subventioniert. Dies obwohl dort 50 % des Stroms zwischen Input und Output verloren geht. Bei den konkurrierenden Li-I-Fahrzeugen gehen aber maximal 30 % des Stroms verloren. Marktwirtschaftlich gesehen ist das nicht in Ordnung. Man stellt mit den Abgaben damit einen preislich schlechteren Anbieter mit dem besseren gleich. Die dafür vorgebrachten Argumente (Reichweite, schnelles Tanken, grössere Tragfähigkeit etc.) spielen in der Schweiz nur eine unbedeutende Rolle. Das wesentlich höhere Gefahrpotential von H2-Fahrzeugen bei einem Unfall in einem Tunnel wird überhaupt nicht zur Kenntnis genommen, obwohl dieses durch Tests bewiesen wurde. Dass die Li-I-Fahrzeuge auch in den genannten drei Punkten ständig verbessert werden, wird auch nicht berücksichtigt. Es wird einem gar vorgegaukelt, dass H2 die Energie der Zukunft sei. Dabei ist dieses Gas zu hundert Prozent von anderweitig produzierter grüner Energie abhängig.