Störaktionen von Klimaaktivisten: Müssen Flugpassagiere sie ausbaden?
Klimaaktivistinnen und -aktivisten sorgen mit ihren Störaktionen immer wieder dafür, dass Flugzeuge gar nicht oder nur verspätet starten können. Diese Rechte haben Passagiere.
Veröffentlicht am 15. August 2024 - 09:20 Uhr
Sie dringen in Flughäfen ein und blockieren den Flugbetrieb: Klimaaktivistinnen und -aktivisten. So kleben sie sich etwa auf Rollfelder oder ketten sich an Flugzeuge. Für Menschen, die gerade in die Ferien oder zu einem Businessmeeting fliegen wollen, ist das ärgerlich. Die Airlines können auch nichts dafür – müssen also Flugreisende den Ärger und den Schaden allein tragen? Nein. Sie haben verschiedene Rechte, je nachdem, ob der Flug nur verspätet ist oder annulliert wurde oder Teil einer Pauschalreise ist.
Mein Flug wurde annulliert. Welche Rechte habe ich?
Gestrandete Fluggäste haben zwei Möglichkeiten. Die erste: Sie nehmen eine andere Maschine. Das muss die Airline organisieren, einen Aufpreis müssen die Passagierinnen nicht bezahlen. Das setzt voraus, dass überhaupt eine andere Maschine fliegt und auch noch Platz hat. Am besten direkt bei der Airline nachfragen, welche Alternativen es gibt.
Die andere Möglichkeit: auf den Flug verzichten und das Geld zurückfordern – etwa wenn es keinen Ersatzflug gibt, dieser zeitlich nicht passt oder die Airline nicht nachgekommen ist mit Organisieren. Die Airline muss den Ticketpreis innert sieben Tagen erstatten. All das bestimmt die europäische Verordnung über die Fluggastrechte, die auch in der Schweiz gilt.
Sie sieht zudem vor, dass Passagiere während des Wartens am Flughafen Anspruch haben auf kostenlose Verpflegung, zwei Telefongespräche oder E-Mails und falls nötig auf eine Hotelübernachtung – inklusive Beförderung zum Hotel. Wenn die Airline nicht erreichbar ist, können sich Fluggäste eine Unterkunft nehmen – und dann die Belege einreichen.
Bekomme ich eine Entschädigung?
Wenn Airlines einen Flug annullieren, müssen sie zusätzlich zu Ersatzflug oder Ticketpreis (siehe oben) eine Ausgleichsleistung zahlen. Die Höhe hängt von der Distanz ab: Bis 1500 Kilometer sind es 250 Euro.
Die Airline kann allerdings geltend machen, dass die Klimaaktion ein aussergewöhnlicher Umstand sei, weshalb sie gemäss Fluggastverordnung keine Entschädigung schulde. Das ist ein gutes Argument – denn die Airline kann nichts für den Vorfall.
Das heisst: Die Chancen der Flugpassagiere stehen nicht gut. Aber ein Versuch kostet nichts. Betroffene Passagierinnen können die Entschädigung direkt bei der Airline einfordern, meistens gibt es ein eigenes Formular dafür. Wer danach nichts mehr hört oder eine Absage bekommt, kann ein spezialisiertes Inkassounternehmen beauftragen, wie etwa Cancelled.ch. Das kostet in der Regel nichts, wenn dabei nichts rauskommt. Nur wenn das Inkassobüro Erfolg hat, zieht es einen Teil von der Entschädigung für seinen Aufwand ab. Massgebend sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Flug annulliert, überbucht oder verspätet: Beobachter-Mitglieder erfahren im Merkblatt «Ihre Rechte als Flugpassagier», was ihnen zusteht und welche Entschädigungssumme sie in den jeweiligen Situationen verlangen können.
Mein Flug war nur verspätet und wurde nicht annulliert.
In diesem Fall haben Passagiere Ansprüche, wenn der Flug erst viel später startet als geplant: Bei kurzen Flügen bis 1500 Kilometer ist das ab zwei Stunden erfüllt, bis 3500 Kilometer müssen es drei Stunden sein und vier bei noch längeren Distanzen. Betroffene haben eine kostenlose Verpflegung zugute, zwei Telefongespräche oder E-Mails sowie eine Hotelübernachtung, falls nötig.
Ab fünf Stunden Verspätung kann man zurücktreten und die Ticketkosten zurückfordern. Und was ist mit Entschädigung? Hier gibt es das gleiche Problem wie bei annullierten Flügen (siehe oben).
Der Flug ist Teil einer Pauschalreise. Was tun?
Wenn Passagiere zwei Dienstleistungen gebucht haben – wie Flug und Hotel –, ist das eine Pauschalreise. Das sind gute Neuigkeiten: Betroffene können sich an das Reisebüro wenden. Dieses muss die möglichen Ersatzflüge für Sie abklären oder Ihnen das Geld erstatten. Die Entschädigung für den annullierten Flug können Sie auch direkt von der Airline einfordern. Natürlich bekommen Sie die Beträge nur einmal.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde erstmals am 25. Juli 2024 publiziert.