Wieder wurde in der Schweiz eine Frau getötet. Der Täter (41) hat mit einem Gewehr in Epagny FR erst seine Frau (39) und dann sich selbst hingerichtet. 

Es folgte: nichts. Es gab keine Demos und keine Sit-ins. Keine bundesrätliche Anordnung, in die Prävention von Männergewalt per sofort eine Milliarde Franken zu investieren. 

Die Schweizer Gesellschaft hat ein Problem, und es heisst Männergewalt. Männer, die Frauen töten. Männer, die Frauen vergewaltigen. Männer, die Frauen schlagen. 

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Wir tun einfach so, als wären das Einzelfälle, die nichts miteinander zu tun haben.

Männer sind eine tödliche Gefahr für Frauen in diesem Land. Seit Beginn des Jahres wurden in der Schweiz 14 Frauen durch Männer ermordet. Das ist fast eine Frau pro Woche. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. 

Die ganz normale Normalität 

Es gäbe – von Mann zu Mann – einiges zu sagen. Aber wir Männer schweigen. Femizide werden wie private Tragödien behandelt. Und nicht als systemisches Problem. Wir tun einfach so, als wären das Einzelfälle, die nichts miteinander zu tun haben.

Das stimmt aber nicht. Es gibt einen gemeinsamen Nenner. Und der lautet: Täter sind Männer. Dagegen braucht es politische Massnahmen. Und es braucht mehr Engagement von uns Männern im privaten und im öffentlichen Raum, um gegen Männergewalt vorzugehen. 

Hier eine nicht vollständige Liste von Vorschlägen, wo wir anfangen könnten:

Was Männer gegen Männergewalt tun können

  • Darüber sprechen. Und zwar mit anderen Männern. «Hast du von diesem Femizid im Kanton Freiburg gehört?» Oder: «Dominique Pelicot hat seine Frau betäubt und von mindestens 51 Männern vergewaltigen lassen. Wie kann es sein, dass keiner intervenierte?» 
  • Sich selbstkritisch beobachten: Wann habe ich mich gegenüber einer Frau übergriffig verhalten? 
  • Übergriffige Freunde, Kollegen, Chefs nicht ignorieren, weil sie «schon immer so waren». Oft beginnt physische Gewalt mit verbalen Abwertungen. Studien zeigen: Männer hören eher auf Männer, die gegen Abwertung einschreiten. 
  • Übergriffige Männer nicht direkt «sozial ächten», wenn sie Grenzen überschreiten. Das kehrt das Problem unter den Teppich und tabuisiert die Gewalt. Besser ist, in einen Austausch zu kommen – unter Männern. 
  • Die Polizei informieren, wenn es Anzeichen für einen bevorstehenden Gewaltausbruch gibt. In vielen Kantonen gibt es ein speziell geschultes Bedrohungsmanagement, um potenzielle Gefährder präventiv anzusprechen.
  • Hilfe suchen. Es gibt zahlreiche Angebote für Männer, die gewalttätige Verhaltensmuster an sich selbst beobachten und darunter leiden. Zum Beispiel das Mannebüro Züri, die Fachstelle Gewalt in Bern oder Konflikt.gewalt in verschiedenen Kantonen. Die Angebote sind kostengünstig und anonym. 
     

Kein gutes Zeugnis

Die gute Nachricht ist: Es tut sich etwas. Das Angebot der Täterprogramme in den Kantonen wächst. Es gibt Kampagnen gegen häusliche Gewalt wie etwa «Halt Gewalt» in Basel. Bund und Kantone haben bereits 2021 ein ganzes Massnahmenpaket zum Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt beschlossen. Seit 2024 gilt im Sexualstrafrecht: Nein heisst nein. 

Trotzdem bleibt viel Luft nach oben. Die Journalistinnen Miriam Suter und Natalia Widla haben in ihrer Analyse «Niemals aus Liebe. Männergewalt an Frauen» konkrete Problemfelder benannt.

Anders als in anderen Ländern wie zum Beispiel Schweden gibt es in der Schweiz keine zentrale Stelle, die Daten zu Gewalt gegen Frauen erfasst. Diese Daten wären wichtig, um gezielte Massnahmen zu entwickeln. Es braucht mehr Geld für Frauenhäuser und Beratungsstellen. Diese sind kantonal unterschiedlich aufgestellt und notorisch unterfinanziert. Die Einführung einer nationalen dreistelligen Notfallnummer für Gewaltopfer wurde vor kurzem um ein Jahr bis 2026 verschoben. 

Das sind nur einige Beispiele. Sie stellen der Schweiz kein gutes Zeugnis aus, was den Schutz von Frauen angeht. 

«Die Scham muss die Seiten wechseln», hat Gisèle Pelicot immer wieder vor Gericht gesagt. Wir sollten der Frau zuhören, die von über 50 «ganz normalen» Männern vergewaltigt wurde. Männer, es ist an uns. Wir müssen diese Gewalt beenden. 

Quellen