In Genf war es so weit: Das Europäische Zentrum für Kernforschung (Cern) hat die Machbarkeitsstudie für den Future Circular Collider (FCC) veröffentlicht; einen neuen ringförmigen Tunnel, 90 Kilometer lang, versenkt in 200 Metern Tiefe. Kein Wunder angesichts dieser Dimensionen ist auch die Studie dick ausgefallen. Sie umfasst 1200 Seiten.

Doch das Projekt ist noch in vielerlei anderer Hinsicht erschreckend.

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Zur Person
Michel Huissoud

Zunächst einmal wegen seiner Komplexität. Wer kann das wissenschaftliche Konzept überprüfen? Man muss sich da auf die Physikfachleute verlassen – doch die sind sich uneinig. Mehrere Forschende haben die Notwendigkeit des Projekts bereits in Frage gestellt, insbesondere wegen Klimabedenken oder
weil es alle Forschungsgelder für die nächsten 50 Jahre blockieren würde.

Grobe Kostenschätzungen – auf zwei A4-Seiten zusammengefasst – denen wir bitte vertrauen sollen.

Die Baukosten werden auf 36,4 Milliarden Franken geschätzt. Davon 6,6 Milliarden für Tiefbauarbeiten. Es gibt nur grobe Kostenschätzungen, auf zwei A4-Seiten zusammengefasst – denen wir bitte vertrauen sollen.

Das Volumen der abzubauenden Molasse ist enorm, mehr als 8 Millionen Kubikmeter. Es ist immer noch unklar, wie solche Mengen in Bezug auf Transport, Zwischen- und Endlagerung bewältigt werden sollen.

Wohin soll unser teurer und immer knapper werdender Strom fliessen?

Der jährliche Stromverbrauch des Cern liegt derzeit bei 1,3 Terawattstunden. In der zweiten Phase des Projekts soll er laut Machbarkeitsstudie fast 3 Terawattstunden betragen, was weit über dem Verbrauch des Kantons Genf liegt. Wohin soll unser teurer und immer knapper werdender Strom zuerst fliessen: in die Elektrifizierung von Fahrzeugen, in Wärmepumpen, in künstliche Intelligenz, in Bitcoins – oder in dieses Projekt?

Kritische Stimmen betonen, dass auch andere Umweltbelastungen bemerkenswert sind: CO2-Fussabdruck, Ausstoss hoch virulenter Treibhausgase, Abpumpen und Ableiten von warmem Wasser, Verwendung seltener Metalle, Entstehung von schwach bis mittelstark radioaktiven Abfällen.

Und wie wird das Ende? Der Rückbau?

Das gravierendste Problem jedoch: das Erbe, das dieses Projekt hinterlassen wird. Denn ewig kann diese gigantische unterirdische Fabrik nicht unter dem Kanton Genf schlummern. Wer also wird sie wieder herausholen? Zu welchem Preis? Und wer bezahlt das? Eine Empfehlung an unsere Entscheidungsträger: Sie müssen Garantien einfordern. 

Artikel 24 des Bundesgesetzes über den unterirdischen Güterverkehr ist ein gutes Vorbild: «Wird der Bau oder der Betrieb der Anlagen endgültig eingestellt, so werden sie auf Kosten des Eigentümers abgebaut oder gesichert.» Die Forderung nach Garantien für den Rückbau bestehender Anlagen des Cern wäre
ein erster Schritt, diesem Monsterprojekt seinen Schrecken zu nehmen.