Sogar das Zürcher Berufsbildungsamt war erstaunt: Die Kita-Kette Pop e Poppa hatte eine Lernende acht Wochen vor ihrer praktischen Prüfung per sofort freigestellt. Die Kita-Lernende konnte sich nicht einmal von den Kindern verabschieden.

Zwar konnte sie sich in einer anderen Kita-Filiale der Kette dann doch noch auf die Prüfung vorbereiten. Doch als die Berufsinspektorin der Stadt Zürich der Kita-Kette Fragen dazu stellen wollte, war über eine Woche niemand erreichbar. Das zeigen Dokumente.

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Freistellung «ohne Vorwarnung»

Die Lernende im dritten Lehrjahr musste eines Morgens das Formular «Auflösung des Arbeitsverhältnisses» unterschreiben. Lohn sollte sie noch zwei Monate lang erhalten bis zu ihrer praktischen Lehrabschlussprüfung.

Doch die Kita stellte sie per sofort frei. So wollte es die zuständige Managerin der Kita-Kette Pop e Poppa. Das Freiburger Unternehmen betreibt laut Angaben auf der Internetseite 57 Kitas, zwei Horte, fünf Tagesschulen und vier Kindergärten in neun Kantonen.

«Ich musste gehen, weil ich die Anweisungen der neuen Gruppenleiterinnen kritisch hinterfragt habe.»

Kita-Lernende

Die Lernende sagt: «Meine Freistellung erfolgte ohne Vorwarnung. Ich musste gehen, weil ich es gewagt habe, die Anweisungen der neuen Gruppenleiterinnen kritisch zu hinterfragen.»

Sie habe sich einbringen wollen, als die neuen Gruppenleiterinnen der Kita-Niederlassung Zürich-Hottingen alles hätten umstellen wollen. «Im dritten Lehrjahr war ich eine der langjährigsten Mitarbeiterinnen unserer Kita. Trotzdem fragte mich niemand.»

Die neuen Leiterinnen hätten denn auch nach nur drei Wochen den Bettel wieder hingeworfen. Es habe zwar vor der Freistellung Gruppengespräche gegeben. Trotzdem sei die Freistellung völlig überraschend gekommen, weil sie noch drei Wochen davor ohne Nebengeräusche für die praktische Prüfung angemeldet worden war.

Abschied nur auf privatem Spielplatz möglich

Die seltsamen Vorgänge in der Kita Pop e Poppa fielen auch den Eltern auf. Dass eine Lernende, die sogar schon eine Kinder-Eingewöhnung machen durfte, plötzlich ohne Abschied weg war, alarmierte eine Mutter.

Schliesslich ist der abschiedslose Weggang einer Bezugsperson für Kleinkinder schwierig. Der Kita-Verband Kibesuisse schreibt mit gutem Grund in seinen Richtlinien, dass eine «Kontinuität der Beziehung zu den Betreuungs- und Bezugspersonen» zentral sei.

«Ein Kind hatte eine Zeichnung für mich gemalt, die es mir geben wollte.»

Kita-Lernende

Die Kita-Kette Pop e Poppa bot der Lernenden zuerst an, zu einem Abschieds-Zvieri zu kommen. «Weil ich da noch die Hoffnung hatte, dank dem Berufsbildungsamt wieder zurückkehren zu können, schrieb ich nicht zurück», sagt die Lernende.

Wenige Tage später habe man ihr am Telefon gesagt, es gebe kein Bedürfnis mehr seitens der Kinder und Eltern, sich zu verabschieden. «Das stimmte aber nicht. Ein Kind hatte eine Zeichnung für mich gemalt, die es mir geben wollte», sagt die Lernende.

«Auf Initiative einer Mutter konnte ich mich an einem Samstag auf einem privaten Spielplatz mit den Kita-Kindern und deren Eltern treffen, damit ich mich doch noch verabschieden konnte.»

Kita widerspricht

Die Lernende konnte schliesslich bei einer anderen Filiale von Pop e Poppa ihre Arbeitszeit bis zur praktischen Prüfung verbringen und die Prüfung dort ablegen.

Trotz der für sie schwierigen Situation ist es ihr wichtig, zu sagen: «Soweit ich von Arbeitskolleginnen weiss, macht die aktuelle Kita-Leitung in Zürich-Hottingen nun einen sehr guten Job.»

«Es gab in diesem spezifischen Fall weitere Faktoren, die zu dieser Entscheidung führten.»

Sprecher Kita Pop e Poppa

Pop e Poppa sagt zur fristlosen Freistellung, dass man vor und begleitend zu diesem Entscheid mehrfach das Gespräch mit der Lernenden gesucht habe. Zudem habe man für sie erfolgreich eine andere Lösung an einem anderen Kita-Standort von Pop e Poppa gefunden.

«Kritisches Hinterfragen von Anweisungen ist grundsätzlich erwünscht, es gab in diesem spezifischen Fall weitere Faktoren, die zu dieser Entscheidung führten», schreibt ein Sprecher. Details könne er nicht nennen, aus juristischen Gründen.

«Es war keineswegs unsere Absicht, den Kindern wichtige Bezugspersonen zu entziehen.»

Sprecher Kita «Pop e Poppa»

Die Kommunikationsprobleme mit der Berufsinspektorin der Stadt Zürich bedaure Pop e Poppa. Man wolle die Erreichbarkeit verbessern. Die Freistellung sei aber dem Berufsbildungsamt fristgerecht und schriftlich mitgeteilt worden, inklusive Begründung.

Man habe eine Verabschiedung der Lernenden unbedingt gewollt. «Es war keineswegs unsere Absicht, den Kindern wichtige Bezugspersonen zu entziehen.»

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