Das bedeutet Keller-Sutters Plan für Einkaufstouristen
Bundesrätin Karin Keller-Sutter will neu Einkäufe im Ausland bereits ab einem Wert von 150 Franken besteuern. Was Konsumentinnen und Konsumenten nun erwartet.
Veröffentlicht am 14. November 2023 - 17:09 Uhr
Diese Fragen werden beantwortet:
- Welche Regeln gelten aktuell für den Einkaufstourismus?
- Warum soll das jetzt geändert werden?
- Gibt es Kritik am Vorhaben von Keller-Sutter?
- Für welche Waren gilt die Wertfreigrenze?
- Gilt das auch für Onlineshopping?
- Wie berechnet man die Mehrwertsteuer?
- Wie umgehen Einkaufstouristen die Mehrwertsteuerpflicht?
- Wann werden die neuen Regeln fürs Einkaufen im Ausland eingeführt?
Der Bund will Einkäufe im Ausland bei der Einfuhr stärker besteuern. Die Wertfreigrenze soll von 300 auf 150 Franken halbiert werden. Das berichten die Tamedia-Zeitungen. Der Bundesrat wird im nächsten Schritt eine Vernehmlassung eröffnen, also die Meinung der Parteien und wichtigen Verbände einholen.
Welche Regeln gelten aktuell für den Einkaufstourismus?
Wer heute in Deutschland einkauft, kann die dortige Mehrwertsteuer ab der sogenannten Bagatellgrenze von 50 Euro zurückfordern. Bei der Einfuhr in die Schweiz müssen Einkäufe erst ab einem Gesamtwert von 300 Franken mit der Schweizer Mehrwertsteuer versteuert werden. Auch dann, wenn die ausländische Mehrwertsteuer nicht rückerstattet wird.
Warum soll das jetzt geändert werden?
Eine Studie der Universität St. Gallen schätzte für letztes Jahr, dass Schweizerinnen und Schweizer im Ausland rund 8,5 Milliarden Franken ausgeben. Besonders Schweizer Detailhändler in Grenzregionen haben aufgrund des Einkaufstourismus einen Wettbewerbsnachteil. Die Kantone St. Gallen und Thurgau haben deswegen eine Standesinitiative eingereicht, in der sie die Abschaffung der Wertfreigrenze fordern. Zudem hat das Parlament eine Motion der Finanzkommission des Nationalrats gutgeheissen, die die «Steuergerechtigkeit im Grenzverkehr» verbessern will.
Diese Forderungen will Karin Keller-Sutter mit der Reduktion nun berücksichtigen. Die Universität St. Gallen berechnete zudem, wie stark der Einkaufstourismus bei einer Beschränkung der Wertfreigrenze auf 50 Franken zurückginge – und kam auf 33 Prozent. Wie stark sich eine Reduktion auf 150 Franken auswirken würde, ist nicht klar.
Gibt es Kritik am Vorhaben von Keller-Sutter?
Die Schweizer Detailhändler begrüssen die Reduktion. Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz hingegen spricht gegenüber Tamedia von «Symptombekämpfung». Es bringe wenig und führe im dümmsten Fall zu mehr Verkehr, weil die Leute einfach öfter im Ausland einkaufen.
Für welche Waren gilt die Wertfreigrenze?
Die Wertfreigrenze gilt für alle Waren, die für den privaten Gebrauch oder zum Verschenken bestimmt sind. Massgebend dafür ist der Preis auf der Quittung nach Abzug der ausländischen Mehrwertsteuer. Preise in ausländischer Währung werden in Franken umgerechnet. Dabei gilt der Gesamtwert aller Waren, einzelne Gegenstände im Wert von über 300 Franken sind immer mehrwertsteuerpflichtig.
Gilt das auch für Onlineshopping?
Sendungen aus dem Ausland sind bereits ab 65 Franken mehrwertsteuerpflichtig. Bei Büchern und anderen Waren mit reduziertem Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent gilt die Steuer erst ab 200 Franken.
Wie berechnet man die Mehrwertsteuer?
Mit der App «Quickzoll» des Bundes lassen sich die Einkäufe erfassen. Die App überprüft dann, ob man Mehrwertsteuer zahlen muss, und begleicht den Betrag direkt über die Kreditkarte. Die App nutzt jedoch für alle Waren die Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent – auch für Waren wie Lebensmittel oder Medikamente, für die eigentlich der reduzierte Steuersatz von 2,5 Prozent gälte.
Wie umgehen Einkaufstouristen die Mehrwertsteuerpflicht?
Die Wertfreigrenze gilt pro Tag und pro Person. Man kann ins Ausland fahren und pro Mal weniger einkaufen. Oder mit der ganzen Familie oder mit Freunden einkaufen gehen.
Wann werden die neuen Regeln fürs Einkaufen im Ausland eingeführt?
Nach der Vernehmlassung präsentiert der Bundesrat die Vorlage dem Parlament. Die Standesinitiativen der Kantone St. Gallen und Thurgau befinden sich derzeit in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats. Sie will vorerst nicht selbst aktiv werden, sondern die Vernehmlassung des Bundesrats abwarten. Bis die neuen Regeln also tatsächlich eingeführt werden, kann es noch eine Weile dauern.
2 Kommentare
Nach offiziellem Antritt meines Pensionsalters zog ich ins benachbarte Ausland zu meiner Gemahlin (CH- und EU-Bürgerin) um, würden wir beide mit unseren heutigen Renten eher ein trübes Dasein in der Schweiz fristen. Nun, der Vorstoss vom Kanton Thurgau erstaunt mich keineswegs, sind doch inzwischen die «goldenen Kälber» (zum Beispiel das preisgegebene Bankgeheimnis in der Schweiz, Auslagerung von damals steuerträchtigen Industriezweigen ins Ausland, etc.) geschlachtet. Ich kann mich noch an eine indirekte Steuererhöhung in der Schweiz bestens erinnern, als der steuerliche Distanzabzug zur Arbeit für Autopendlerinnen und -pendler drastisch eingeschränkt wurde. Ich kann mich aber auch daran erinnern, wie sich der damalige Verantwortliche für den Tourismus von Steckborn anlässlich einer Mitgliedersitzung klagte, weshalb da, an einem derart schönen Ort des Untersees (Bodensee) kaum Touristen weilen, dies im Vergleich zu den gegenüberliegenden Ortschaften auf der deutschen Seite. Meine Gemahlin verstand es damals, ein BnB zu betreiben, wollte sie doch als damalige Ausländerin, die aus einer berühmten Grossstadt Europas zu mir in Steckborn niederliess, sich weiterhin beschäftigt wissen. Als wir an der betreffenden Sitzung den Vorschlag machten, die Attraktivität der Region allen Touristen schmackhaft zu machen und den Gedanken von Bed & Breakfast (BnB.ch) zu fördern, indem Touristen (insbesondere aus Grossstädten) auf umliegenden Bauernhöfen stressfrei beschäftigt würden, gibt es doch heutzutage Kinder aus Grossstädten, die noch nie eine Kuh oder ein Pferd zu Gesicht bekommen haben, meinte derselbe Tourismusvorsteher aus Steckborn, dass dies aus versicherungstechnischen Gründen eine sehr schlechte Idee sei. Inzwischen hat sich in Steckborn eine Gaststättenerosion sondergleichen niedergeschlagen und die grösste verbliebene Gaststätte wird zudem noch von den Steuerzahlerinnen und -zahlern mitsubventioniert. Auf jeden Fall hörte meine Gemahlin im Jahr 2013 mit BnB auf, vielen mit dem geringen Zusatzeinkommen die Steuern höher aus als wenn sie nichts tat. Uns viel im betreffenden Teil der Ostschweiz auf, dass man das Touristengeld wohl gerne entgegennimmt, aber man sich von denselben so rasch wie möglich befreit wissen will, dies am besten noch am selben Tag! Solange da eine derart befremdende Mentalität herrscht, kann die Schweiz wohl kaum auf einen grüneren Zweig gelangen. Aber das macht nichts. Die geringen Steuerkröten, die man da durch die Einschränkung des Einkaufstourismus einzunehmen gedenkt, wird die Steuererosion in der schweizerischen Staatskasse einzudämmen verstehen (wer’s glaubt)! Persönlich hege ich die Befürchtung, dass Randkantone wie der Kanton Thurgau noch zu grösseren, unbedeutenden Schlafstätten für Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Zürich werden, weil diese sich die teuren Wohnobjekte da nicht mehr leisten können, dafür aber der Einkaufstourismus im Kanton Thurgau zusätzlich gefördert wird, weil Preise und Gastronomie im benachbarten Deutschland immer noch wesentlich attraktiver sind und bleiben werden als in der Schweiz. Also Ihr lieben Randkantone, bereitet euch auf ein baldiges Eigentor vor! Auf diese Weise werden die heute angeblich noch reichen Kantone irgendwann einmal Bittsteller für einen Finanzausgleich werden. :-)
Wirklich viel Freude macht dieses "Ansinnen" nicht. Diejenigen schränken sich bestimmt nicht ein, sondern fahren dann halt doppelt soviel über die Grenze oder aber nehmen mehr Personen mit... Ergo: Es wird in keiner Weise das erreicht, was eigentlich damit gedacht war.
Es werden dann leider mehr von denjenigen Ressourcen "verschwendet" bei denen man heute doppelt und dreifach hinschauen /einsparen müsste....
Was den Einkauf im Ausland bedrifft: Müsste man hier - denn nicht jeder hat die Möglichkeit schnell mal rüber zu fahren und für 300.- bzw. 150.- einzukaufen - nicht viel eher mal den "Frei-Betrag" für den Postweg anheben? Ihn in einer ähnlichen Region wie die Länder um uns herum ansiedeln?
Was kann man überhaupt noch aus dem Ausland kommen lassen - bei max. 65.- inklusive Porto? Da das Porto alleine schon in vielen Fällen enorm hoch ist - oft um +/- 20.-