Anzeigen gegen Coop und Denner
Jugendliche kommen in Online-Shops problemlos zu Alkohol. Jetzt reicht das Blaue Kreuz Strafanzeigen gegen Coop und Denner ein.
Veröffentlicht am 1. Juli 2022 - 07:12 Uhr
Über die erschreckenden Ergebnisse von Online-Testkäufen berichtete der Beobachter bereits im Mai . Über 80 Prozent der Alkoholbestellungen durch Minderjährige wurden ausgeführt und an der Haustür überreicht. Zu den Händlern gehören die ganz Grossen: Migros, Coop und Denner. Das Blaue Kreuz hatte zwischen Februar und April insgesamt 149 Testkäufe durchgeführt. Damit die Bestellungen klappten, mussten die Jugendlichen lediglich angeben, über 18 zu sein. Überprüft wurde die Angabe nicht.
Das Blaue Kreuz reicht jetzt Strafanzeigen gegen Coop und Denner ein, wegen «systematischer Verletzung des Jugendschutzes». Die Organisation hatte im Juni alle Unternehmen mit den Ergebnissen der Testkäufe konfrontiert. «Die Antworten darauf waren meist unverbindlich und absolut unzureichend», begründet Urs Ambauen, Geschäftsleiter des Zürcher Blauen Kreuzes, die Anzeigen.
Gegenüber dem Beobachter hatten die gleichen Unternehmen im Mai die Wichtigkeit des Jugendschutzes unterstrichen und Verbesserungen im Online-Handel zumindest in Aussicht gestellt. Einen einigermassen konkreten Fahrplan stellte aber nur die Migros auf: In den kommenden Monaten solle eine verschärfte Online-Alterskontrolle eingeführt werden, auf heymigrolino.ch ist dies bereits geschehen. Anders als in ihren Ladengeschäften verkauft die Migros über das Internet auch Alkohol.
Der Jugendschutz ist rechtlich gleich mehrfach im Alkohol-, Lebensmittel- und im Strafgesetz geregelt. Hinzu kommen kantonal unterschiedliche Regelungen. Verstösse werden mit Bussen bis zu 40’000 Franken bestraft. Die Anzeigen gegen Coop (Hauptsitz in Basel) und Denner (Hauptsitz in Zürich) könnten dazu führen, dass Gerichte erstmals beurteilen, ob die unkontrollierte Altersangabe im Online-Handel den Anforderungen des Jugendschutzes gerecht wird.
Auch Sucht Schweiz kritisierte Ende Juni den unkontrollierten Alkoholverkauf im Internet als «besorgniserregend». 93,8 Prozent der Jugendlichen hätten bei Testkäufen im vergangenen Jahr Alkohol erhalten. In 89 Prozent der Fälle sei dieser von Lieferanten gar direkt an 13-Jährige ausgehändigt worden. Zum Vergleich: Bei Testkäufen in Ladengeschäften sind 2021 in rund einem Drittel der Fälle Bier und Wein an unter 16-Jährige oder Spirituosen an unter 18-Jährige verkauft worden. Das ist eine Steigerung um 4,4 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Grundsätzlich haben sich Ausweiskontrollen bei unklarem Alter in Ladengeschäften aber etabliert, und fehlbare Anbieter werden im Wiederholungsfall gebüsst.
Dass auch bei Online-Käufen wirksame Kontrollen möglich sind, zeigt die Migros-Tochter Digitec Galaxus. Alkoholbestellungen durch Minderjährige scheiterten bei allen Tests des Blauen Kreuzes, weil Kunden ihr Alter einmalig verifizieren müssen, sobald sie ein Produkt mit Altersbeschränkung bestellen. Das geschieht ziemlich einfach, indem eine bestimmte Zahlenreihe von der Rückseite der Identitätskarte oder aus dem Pass eingegeben werden muss.
1 Kommentar
Es ist an der Zeit, dass solchen Online-Verkäufen der Riegel geschoben wird! Ich hoffe das blaue Kreuz kann mit den Anzeigen etwas bewirken. Das gleiche Problem ist ja z. B. bei Happy-Smoke und Snushus. Da können Kinder Snus und Vapes usw. bestellen ohne jegliche Kontrolle. Ich bin Mutter und habe da schon mehrfach interveniert....die Antworten sind sehr lapidar! Erstaunlich, wie solche Firmen die Gesetze umgehen können. Ich als Privatperson muss mich ja auch an die Gesetze halten.