Aus für lustiges Knall-Stopfmaterial
Amazon will ganz auf Plastik-Luftkissen in Päckchen verzichten. Schweizer Händler halten teilweise daran fest.
Veröffentlicht am 22. Juli 2024 - 16:24 Uhr
Die Luftkissen aus Plastik haben zwar einen hohen Spassfaktor. Und die eine oder andere Kundin dürfte es als meditativ empfinden, diese nach dem Auspacken der bestellten Ware genüsslich zum Platzen zu bringen.
Die Kehrseite: Das Stopfmaterial, das die Produkte beim Versand schützen soll, verursacht Unmengen an Abfall. Denn Plastik wird immer noch nicht wirklich recycelt.
Darum hat der weltweit führende Onlinehändler Amazon dem Plastik-Luftkissen den Kampf angesagt. In 95 Prozent der Fälle verzichte man bereits darauf, bis Ende Jahr sollen sie im Heimmarkt USA gänzlich aus den Päckchen verschwinden, verkündete er vollmundig. Gepolstert würden Gegenstände künftig mit recyceltem Papier.
Viele Ausnahmen
In Deutschland verzichtet Amazon bereits seit 2022 auf Luftpolster-Umschläge und Beutel. Der Händler beliefert auch den Schweizer Markt. Hier werden Päckchen mit recyceltem Packpapier gepolstert.
Doch es gibt diverse Ausnahmen. So sind Marketplace-Händler ausgenommen, die ihre Ware nicht über das Logistiknetzwerk von Amazon verschicken. Auch listet Amazon eine ganze Reihe von Ausnahmefällen bei eigenen Produkten auf. Flüssige oder zerbrechliche Gegenstände zum Beispiel werden weiter mit Plastikverpackungen verschickt.
Greenpeace Schweiz begrüsst Amazons Vorstoss zwar; insbesondere, dass Packpapier aus recyceltem Material verwendet werden soll. Allerdings sagt eine Sprecherin gegenüber dem Beobachter: «Wir lösen das Problem des viel zu hohen Ressourcenverbrauchs nicht, indem wir lediglich ein Einwegmaterial gegen ein anderes eintauschen.»
Eine echte Lösung seien Mehrwegsysteme, in denen Versandschachteln und Stopfmaterial wiederverwertet würden.
Besser angepasste Kartons
Auch Schweizer Onlinehändler setzen noch auf Plastik. Bei Digitec Galaxus enthalten Pakete teilweise Unmengen an Plastik-Luftkissen.
Der Detailhändler teilt auf Anfrage des Beobachters mit, man setze vor allem bei der Kartongrösse an, um Verpackungsmaterial zu reduzieren. So habe man letztes Jahr Anlagen angeschafft, die Kartons so zurechtschneiden würden, dass diese die Artikel optimal und ohne Füllmaterial schützten. Diese Anlagen erweitere man aktuell.
Dennoch räumt Digitec Galaxus ein: Es werde auch zukünftig Pakete geben, die Füllmaterial benötigten. Etwa bei Bestellungen, die nicht maschinell verpackt werden können. In diesen Fällen setze man auf möglichst kleine Kartons und die erwähnten Luftpolster.
Digitec Galaxus argumentiert: Diese bestünden zu 99 Prozent aus Luft. Dadurch werde das Paketgewicht reduziert, was zu geringeren CO₂-Emissionen beim Transport führe als bei alternativen Füllmaterialien.
Brack verzichtet bereits auf Plastik
Der Schweizer Onlinekonkurrent Brack.ch teilt auf Anfrage des Beobachters mit, bereits seit vier Jahren fast ausschliesslich Füllmaterial aus recyceltem Papier einzusetzen. Amazon gehe also nicht beispielhaft voraus, sondern ziehe nach, so ein Sprecher.
Plastikmaterial verwende man so gut wie keines mehr. Bei Produkten, die besonders zu schützen seien, ginge es aber nicht komplett ohne Kunststoff, räumt auch Brack.ch ein. Flüssigkeiten würden etwa in Tüten aus recyceltem Kunststoff verpackt.
Der Sprecher weist zudem darauf hin, dass Plastik in der Umweltbilanz nicht immer schlechter abschneide als alternative Verpackungsmethoden.
«Wie bei Amazon gilt: Am meisten Umweltwirkung könnten Galaxus und Co. erzielen, wenn sie ihr Sortiment konsequent kreislauffähig gestalten würden», sagt Greenpeace Schweiz. «Also nur noch langlebige, reparierbare und qualitativ hochwertige Produkte verkaufen würden. Davon sind wir aktuell noch weit entfernt.»