Zwei Jahre Gefängnis bedingt: So lautet das Urteil des Bundesgerichts gegen eine Frau, die im Raum Zürich von ihren Untermieterinnen und -mietern für zum Teil schäbige und winzige Zimmer Mieten zwischen 900 und 1260 Franken verlangt hatte. Die Preise lagen in einigen Fällen über 150 Prozent über dem in der Gegend üblichen Mietzins. In den Zimmern wohnten primär Randständige.

In den vergangenen Jahren mussten sich Schweizer Gerichte immer wieder mit überrissenen Mietpreisen beschäftigen.

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  • Das Basler Strafgericht sprach 2022 ein Geschwisterpaar des gewerbsmässigen Wuchers schuldig. Ein vermietetes Zimmer des Hauses hatte dabei laut «Blick» kein Fenster, kein eigenes Bad, keine Küche und war bloss 5,18 Quadratmeter gross. Es kostete 630 Franken im Monat.
  • Ebenfalls in Basel verdonnerte die Schlichtungsstelle 2022 einen Hausbesitzer dazu, zwei Mieterinnen insgesamt 10’000 Franken zurückzuzahlen.
  • In Zürich stürmte die Polizei 2015 drei Häuser im Langstrassenquartier. Ein Immobilienunternehmer hatte in den als «Gammelhäuser» bekannt gewordenen Liegenschaften Zimmer zu völlig überhöhten Preisen an Randständige vermietet. Er wurde 2020 zu zwei Jahren Gefängnis bedingt verurteilt und musste dem Staat 320’000 Franken Gewinn abliefern. Die 59 Privatklägerinnen und -kläger in dem Verfahren erhielten insgesamt knapp 400’000 Franken zurück.

«Vermieter kassieren von Sexarbeitenden überhöhte Mieten als eine Art Schutzgeld.»

Lelia Hunziker, Geschäftsführerin der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration, Zürich

Typischerweise sind vor allem Menschen mit Wuchermieten konfrontiert, die auf dem normalen Wohnungsmarkt keine Chance haben: Sozialhilfeempfängerinnen, Drogensüchtige, Sexarbeitende und illegal Anwesende. Nutzt diesen Menschen der Entscheid des Bundesgerichts irgendetwas, wo sie sich doch zum Teil allein wegen ihres Aufenthaltsstatus nicht wehren können?

Der Entscheid aus Lausanne sei «richtungsweisend», sagt Lelia Hunziker von der Zürcher Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ): «Es gibt uns einen Anhaltspunkt, wo wir juristisch vorgehen können.» Gerade Sexarbeitende seien aufgrund der Stigmatisierung und der hohen Regulierung ihres Berufs oftmals von den Vermietern abhängig: «Und diese kassieren überhöhte Mieten als eine Art Schutzgeld, allein für ihre Bereitschaft, eine Wohnung oder ein Zimmer an eine solche Person zu vermieten.» 

Sozialämter müssen hohe Mieten oft akzeptieren

Walter Angst vom Zürcher Mieterverband hat Zweifel, dass der Richterspruch aus Lausanne viel bringen wird: «Ein Durchbruch ist das nicht», sagt er. Der Mieterverband gehe von mehreren Hundert Fällen allein in Zürich aus und interveniere, wenn er von solchen missbräuchlichen Mietverhältnissen höre: «Aber es ist ausserordentlich schwierig, den Tatbestand des Wuchers nachzuweisen. Die Latte dafür liegt sehr hoch.» Angesichts der prekären Wohnungssituation fehlten einfach Nischen für Menschen in Notlagen. Sogar die Sozialbehörden, die solche Menschen unterstützten, seien oft gezwungen, die Preise zu bezahlen, die auf dem Markt verlangt würden.

Für den Besitzer der drei Gammelhäuser im Zürcher Langstrassenquartier rentierte übrigens das Geschäft mit dem Elend letztlich trotz Verurteilung: Die Stadt Zürich kaufte ihm die Häuser kurz nach der Räumung ab und sanierte sie. Kaufpreis: 32 Millionen Franken.

Quellen