Darum geht es bei der Tierversuchsinitiative
Worüber stimmen wir bei der Tierversuchsinitiative ab? Und was passiert bei einer Annahme? Die wichtigsten Fragen zur Tierversuchsinitiative kurz erklärt.
Veröffentlicht am 14. Januar 2022 - 11:56 Uhr
- Was will die Initiative zum Tierversuchsverbot?
- Wie sieht die aktuelle Gesetzeslage aus?
- Wo kommen Tierversuche in der Schweiz zum Einsatz?
- Nimmt die Zahl der Tierversuche in der Schweiz zu?
- Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich da?
- Wer befürwortet die Initiative?
- Wer ist dagegen?
- Umfrage: Wie stehen Sie zur Tierversuchsinitiative?
Die Initiative will alle Tier- und Menschenversuche in der Schweiz verbieten. So einfach, so extrem. Auch will sie der Ein- und Ausfuhr von Produkten, die mit Tierversuchen entwickelt wurden, einen Riegel schieben. Medikamente oder Impfstoffe aus dem Ausland dürften dann in der Schweiz nicht mehr verwendet werden.
Ziel der Initiative ist auch, dass in tierversuchsfreie Forschung investiert wird und diese mindestens dieselbe staatliche Unterstützung erhält wie bisher die Forschung mit Tierversuchen.
Obwohl das Schweizer Tierschutzgesetz eines der strengsten weltweit ist, hält es nicht fest, dass Tiere immer glücklich sein müssen. Oder frei von Stress und Schmerz. In einer eher zweckorientierten Ethik verlangt es nur, dass die Belastungen gerechtfertigt sein müssen. So laufen Tierversuche auf eine Schaden-Nutzen-Rechnung hinaus: das Leid der Tiere gegen das gesellschaftliche Interesse.
1,3 Millionen Tiere lebten 2019 in bewilligten Versuchstierhaltungen, davon wurden 572'069 in Versuchen eingesetzt. Bewilligt heisst: Ein Gremium von Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen hat beraten und das Forschungsziel für wichtiger befunden als das Wohl der Tiere. Erst wenn kein einziges Tier ungerechtfertigt belastet wird, wird der Versuch zur Bewilligung empfohlen. So will es das Gesetz.
Tiere dürfen aber nur verwendet werden, wenn keine alternativen Methoden und Technologien vorhanden sind. Und wenn, sollten es möglichst wenige sein und es sollte ihnen möglichst gut gehen. Auch das ist gesetzlich festgelegt. Ersetzen, Reduzieren, Verbessern – diese 60 Jahre alten Prinzipien sollen dafür sorgen, dass mit den Labortieren möglichst verantwortungsvoll umgegangen wird. Sie werden auch 3R genannt – Replace, Reduce, Refine .
Mittlerweile können mit humanen Zellen, Mini-Organen auf Chips und Computersimulationen kleine Versuchssysteme nachgebaut werden. Solche alternative Methoden sind auch oft einiges günstiger als Versuche mit Tieren. Doch der Fortschritt stösst an seine Grenzen – etwa bei der Erforschung von Krankheitsprozessen, die den ganzen Körper betreffen, oder bei Fragen zur Verhaltenssteuerung im Gehirn. Ohne intaktes Nervensystem, ohne Maus, Schwein oder Affe kein Erkenntnisgewinn.
Wer Tierversuche durchführen möchte, benötigt eine spezielle Ausbildung. Ausserdem schreibt das Gesetz regelmässige Weiterbildungen vor, zum Beispiel bezüglich Alternativmethoden. Diese werden vom Bund gezielt gefördert.
Jede Untersuchung an lebenden Tieren, die eine wissenschaftliche Frage beantwortet, zählt als Tierversuch. Etwa die Erforschung von Medikamenten oder Therapien, aber zum Beispiel auch Studien zur Beobachtung von Zugvögeln. Also auch dann, wenn die Untersuchungen keine Belastung für die Tiere darstellen.
Die meisten Tierversuche wurden 2020 in der Krebsforschung vorgenommen. Die Tierversuche dienen nicht nur zur Erforschung von Krankheiten beim Menschen, sondern auch der Tiermedizin, der Grundlagenforschung und dem Umweltschutz. So werden Tierversuche beispielsweise auch in der Forschung rund um den Artenschutz verwendet oder um das Schädigungspotenzial von Chemikalien zu testen. Aber zwei Drittel der verwendeten Tiere wurden 2020 für die Erforschung von Krankheiten beim Menschen eingesetzt.
Die häufigsten Tiere in den Laboren der Schweiz sind Mäuse, gefolgt von Vögeln, Ratten und Fischen. Nach Abschluss der Untersuchungen werden die Tiere in den meisten Fällen getötet. Die Tötung muss schnell und schmerzfrei passieren, auch das ist gesetzlich geregelt.
Dafür wird bei Tieren geforscht
An welchen Tierarten die meisten Tierversuche durchgeführt werden
Nein. Sie sinkt sogar von Jahr zu Jahr, seit 2015 um gut 18 Prozent. Eine Folge der Bemühungen, die Zahl der Tiere zu reduzieren und vermehrt auf alternative Methoden auszuweichen, wie es das gesetzlich vorgeschriebene 3R-Prinzip vorsieht.
Im Jahr 2020 wurden noch an insgesamt 556’107 Tieren Versuche durchgeführt, an 16’000 weniger als im Vorjahr. Zugenommen hat aber die Anzahl Tiere, die für schwer belastende Tierversuche verwendet wurden. Tierversuche werden in vier Belastungskategorien von 0 bis 3 eingeordnet: Keine Belastung stellt beispielsweise die Beobachtung von Zugvögeln oder Zootieren dar. Eine schwere Belastung sind zum Beispiel der lange Einsatz von Elektroden oder die Transplantation eines bösartigen Tumors.
Letztes Jahr wurden rund 20’000 Tiere Versuchen mit Schweregrad 3 ausgesetzt – rund 1500 mehr als im Jahr davor.
Seit 1990 nur noch halb so viele Versuchstiere in der Schweiz
Wie viele Tiere werden wie schwer belastet?
Im internationalen Vergleich hat die Schweiz bereits eines der strengsten Tierschutzgesetze.
So dürfen Tierversuche nur dann durchgeführt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen, und für die Haltung gelten ebenso strenge Regeln wie für die Aus- und Weiterbildung der Forschenden. Und jeder einzelne Versuch muss vom kantonalen Veterinäramt und der jeweiligen Tierversuchskommission bewilligt werden.
Würde die Initiative angenommen werden, wäre die Schweiz das erste Land, das komplett auf Tierversuche verzichten würde.
Hinter dem Initiativkomitee steht der Verein IG Tierversuchsverbots-Initiative CH.
Die Initianten finden Tierversuche unethisch und ineffizient. Der Körper von Tieren unterscheide sich zu stark von dem des Menschen. Relevante Erkenntnisse liessen sich so nicht gewinnen. Und 95 Wirkstoffe von 100 versagten im Menschenversuch, trotz scheinbar erfolgversprechender Ergebnisse.
Bei Annahme der Initiative würden auch klinische Studien über noch nicht zugelassene Medikamente an gesunden Menschen verboten werden. Diese lieferten nur vage Durchschnittswerte, argumentieren die Initianten.
Zudem behinderten Tierversuche den Fortschritt. Das Komitee ist überzeugt, dass die Forschung modernere Methoden als Tierversuche zur Verfügung habe, etwa die Tests an menschlichen Zellen.
Hinter der Volksinitiative stehen St. Galler Bürgerinnen und Bürger. Unterstützt wird sie von rund 80 Organisationen und Unternehmen.
Keine einzige Fraktion im Parlament hat die Initiative gutgeheissen, sie wurde ohne Gegenvorschlag abgelehnt. Auch der Bundesrat lehnt sie ab, weil die Forderungen zu radikal seien. Bei einer Annahme gäbe es in der Schweiz keine neuen Medikamente, Therapien oder Impfstoffe mehr, die mit Tierversuchen entwickelt werden. Weder für Menschen noch für Tiere.
Auch die Forschung zur Giftigkeit von Chemikalien, beispielsweise Pflanzenschutzmitteln, oder die Forschung rund um den Artenschutz würde eingeschränkt werden.
Der gleichen Ansicht ist auch der Schweizer Tierschutz, trotz seiner starken Kritik an Tierversuchen. Aber das Ziel einer Forschung ohne Tiere sei mit den rückschrittlichen Forderungen des Initiativkomitees nicht möglich. Die Zukunft liege in einer innovativen Forschung mit weniger Versuchstieren und ohne Tierleid. Wenn aber die Initiative dazu führen würde, dass internationale Forschungszusammenarbeit nicht mehr möglich wäre, wären die Folgen verheerend.
Das steht im Abstimmungsbüchlein:
Das sagen die Befürworterinnen und Befürworter:
- Initiativkomitee:
https://tierversuchsverbot.ch/
- Tierpartei:
https://www.tierpartei.ch/projekte/tierversuchsverbot
Das sagen die Gegnerinnen und Gegner:
- Schweizer Tierschutz:
http://www.tierschutz.com/tierversuche/stellungn_initiative.html
- FMH:
https://www.fmh.ch/files/pdf25/empfehlungen-der-fmh-sommersession-2021.pdf
- Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte:
https://www.gstsvs.ch/de/standpunkte/politische-geschaefte
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6 Kommentare
Beschämendes Abstimmungs-Ergebnis auch 2022!
Aus egoistischen Eigeninteressen!
So, wie der Mensch auch als KonsumentIn mit Tieren umgeht, es zulässt, dass Tier-Missbrauch,-Quahlen geschehen dürfen (Forschung, Industrien, industrialisierte Miss-Landwirtschaft), geht Mensch auch mit andern Menschen/Lebewesen um!!
Siehe weltweite Tragödien!
KEIN Mensch hat das Recht, irgendein Tier für Eigeninteressen-Verfolgung zu quählen, leiden zu lassen:
durch abstruse, abartige Züchtungs-Methoden, nicht art-tiergerechte Haltung (Forschungslabors, Massentierhaltungen, Schnellmast-Tierfabriken...), Fütterungsmethoden, fragwürdige Futtermittel, nicht humane Tötungsmethoden!!
Genau!! Aber Menschen sind zu egoistisch!
Alle sprechen von Ethik und Moral, aber wen interessiert das wirklich? Wenn das wirklich ein Interesse in unserer Gesellschaft wäre, würde es keine Tierversuche geben, wie auch viele andere Ungerechtigkeiten..
Tierversuche sind durch nichts zu entschuldigen oder schön zu reden..
Dazu kommt noch, dass diese Tests unzuverlässig sind..! es ist eine legale Art, Tiere zu quälen… Wie absurd ist das denn..
Darum braucht es dringend einsichtige Änderungen:
Jedes Lebewesen dieser Erde, hat das Recht auf ein adäquates, quahlloses LEBEN!
NIEMAND, gar NIEMAND hat das Recht, das Leben eines andern zu manipulieren - egal auf welche Art -, zu missbrauchen, zu quählen, für eigene Bedürfnisse zu nutzen, zu missbrauchen!
Jedes Lebewesen = TIERE aller Gattung, Rasse, tierische Lebewesen, Menschen jeder Gattung, Rasse!!
Bravo!!