Kommentar zur Zertifikatspflicht
Das Zertifikat ist ein Segen – gerade für Ungeimpfte
Falls das Covid-Zertifikat wegfällt, muss der Staat Geimpfte bevorzugt behandeln. Erst dann sind Ungeimpfte in ihrer Freiheit eingeschränkt – und die wahre Zerreissprobe droht. Ein Kommentar.
Veröffentlicht am 7. September 2021 - 16:55 Uhr
Der Bundesrat weitet die Zertifikatspflicht aus. Wer ab Montag, 13. September, in ein Restaurant, ein Kino, ein Fitnesscenter oder an andere Anlässe in Innenräumen will, muss ein Covid-Zertifikat vorweisen. Damit wird das Covid-Zertifikat zum zentralen Instrument im Kampf gegen die Pandemie – obwohl es eigentlich nur während weniger Wochen hätte im Einsatz sein sollen. Der Grund: Die Delta-Variante ist ansteckender als erwartet und die Impfquote zu tief. So droht weiterhin eine Überlastung des Gesundheitswesens.
Das führt zu Protesten – von Gegnerinnen der Corona-Massnahmen, aber auch von Impfskeptikern. Und es heizt die Diskussionen über das Covid-Gesetz an, über das wir am 28. November abstimmen. Denn das Covid-Zertifikat ist ein wichtiger Teil dieser Vorlage. Die sogenannten Freunde der Verfassung und die SVP wollen das Gesetz kippen. Sie warnen vor einer «Zweiklassengesellschaft», da die Schweiz durch das Zertifikat in Geimpfte und Ungeimpfte aufgeteilt werde.
Die wirkliche Spaltung
Diese Befürchtung ist unberechtigt, die Kritik gar falsch. Das Covid-Zertifikat ist im Gegenteil ein Segen für Ungeimpfte, für Wirtschaft und Gesellschaft. Denn dadurch werden sich Ungeimpfte auch bei überlasteten Spitälern so frei bewegen können wie Geimpfte, falls sie genesen oder getestet sind. Eine Spaltung der Gesellschaft droht in Tat und Wahrheit erst, wenn das Zertifikat abgeschafft wird.
Gibt es nämlich das Covid-Zertifikat nicht mehr, ist weder Corona vorbei noch die Ungleichheit beseitigt. Die lassen sich nicht per Abstimmung abschaffen. Im Gegenteil, dann greifen Bundesverfassung und Epidemiengesetz. Und diese verpflichten den Bund zum einen, Massnahmen zu ergreifen, wenn die Gesundheitsversorgung gefährdet ist. Und sie verlangen zum anderen, dass Massnahmen gegenüber denjenigen aufgehoben werden, bei denen sie nicht erforderlich sind. Also gegenüber den Geimpften.
Ungerechtfertigte Massnahmen
Zertifikat hin oder her – viele Massnahmen dürfen gegenüber Geimpften gar nicht verhängt werden, weil sie kaum ins Spital müssen (derzeit sind nur fünf Prozent der Covid-Patienten in Spitälern geimpft), weil sie ganz selten auf der Intensivstation landen und weil sie das Virus viel weniger weitergeben.
Wenn der Staat etwa einen erneuten Lockdown verhängen würde, könnten Geimpfte dagegen gerichtlich vorgehen, weil der Staat unverhältnismässig in ihre persönliche Freiheit eingreift und das Gleichheitsgebot verletzt. Die Chancen stünden gut, solche Verfahren zu gewinnen.
Falls das Zertifikat abgeschafft wird, ist es also gut möglich, dass Geimpfte mit dem normalen Impfausweis ins Kino dürfen, Ungeimpfte dagegen nicht, weil ein Test nicht mehr dazu berechtigt. Denn Tests schützen nicht vor einer Ansteckung. Diese Ungleichbehandlung ist nicht etwa gegen die Verfassung, sondern setzt sie erst korrekt um, weil der Staat «Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandeln muss» – so verlangt es der verfassungsmässige Grundsatz der Rechtsgleichheit.
Eine «Zweiklassengesellschaft» droht also erst und vor allem ohne Covid-Zertifikat. Wenn man es abschafft, kann der Staat den Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften nicht mehr abfedern. Dann steht die Schweiz vor der wahren Zerreissprobe. Mit Folgen weit über die Pandemie hinaus.
62 Kommentare
lieber Beobachter,
dieser Artikel war einer der Hauptgründe für meine Ja-Stimme zur Änderung vom 19.03.21 des Covid-19-Gesetzes.
um den Ungeimpften weiterhin die Möglichkeit zu lassen am normalen Leben teilhaben zu können. und was ist nun passiert?
ich bin wirklich traurig darüber..
nicht weil ich nicht geimpft bin, um mich geht es nicht. um die Vielen die es nicht können..
es sollte überall nur 1G gelten - wie ein Mitglied unserer Familie so gut gesagt hat - getestet!
alles andere bringt nichts..
Definitiv das letzte mal dass ich den Beobachter abonniert hab. Inzwischen weiss man das genug geimpfte auch mit der Delta im Spital landen, dass da die Impfung nicht schützt, dass die geimpften genauso ansteckend sind. Dies wurde aktuell auf srf veröffentlicht. Eine Richtigstellung wäre angebracht. Aber ich geh nicht davon aus, könnte ja die Abstimmung gefährden. Ich hab meine Meinung vom Beobachter, nicht mal der bleibt bei der Wahrheit
Was ist denn die "Wahrheit"?
Tatsache ist, es gibt für nichts, gar nichts, ausser für den sicheren Tod eine Garantie!
Die Menschheit wird weiterhin von der Corona-Pandemie kontrolliert, dirigiert.
Das bedingt, dass "Mensch" sich entscheiden muss, entweder für die Impfung, oder aber dagegen!
Das wiederum entscheidet über gewisse Freiheiten, oder aber Einschränkungen im vielfältigen Leben von Menschen!
So, oder so, gibt es im Verlauf eines Lebens, immer wieder Anpassungs-Anforderungen gegenüber der Gesellschaft!
"Niemand, kann den Foifer und sWeggli" haben!!
Entscheiden und NICHT andauernd "klönen" = Vorbild für die Jungen sein!!
Lieber Herr Strebel
Dass man das auch so verdrehen kann, finde ich sehr kreativ.
Wenn Sie sich auf Zahlen verlassen wollen und sich darauf berufen, frage ich sie folgendes:
Haben Sie nachgelesen oder gefragt, wie die "Fälle" gezählt werden? Zum Beispiel dies:
- Dass "Geimpfte" bei Spitaleintritt gar nicht getestet werden und so die "Corona-Fälle" bei den "Geimpften" zu tief gezählt werden, z.B. im Unispital Zürich.
- Dass Patienten, die vor weniger als 15 Tagen "geimpft" wurden, als "Ungeimpfte" gelten und daher die Ursache der Symptome oder gar der Tod nicht als Impfkomplikation gezählt wird?
Das sind lediglich gerade aktuelle Zahlensauereibeispiele, Beispiele für schräge Dinge, wie sie seit bald zwei Jahren die ganze Zeit ablaufen und merkwürdigerweise von den Medien kaum in Frage gestellt werden.
Sehr geehrte Frau oder sehr geehrter Herr Frigg
Besten Dank für Ihre Zeilen. Ihre Aussage mit dem Unispital Zürich überrascht uns etwas, da bereits auf der Webseite des Unispitals darauf hingewiesen wird, dass bei allen eintretenden Patientinnen und Patienten ein Coronavirus-Test gemacht wird: https://www.usz.ch/coro… Falls Sie Belege haben, die Gegenteiliges beweisen, können Sie uns diese gerne zukommen lassen und wir werden sie prüfen.
Auch Ihre Aussage mit den Todesfällen überrascht uns und wir können das so nicht bestätigen. Wenn im Nachgang an eine Impfung eine Person schwerwiegende Nebenwirkungen erleidet oder gar verstirbt, ist der behandelnde Arzt, die behandelnde Ärztin von Amtes wegen verpflichtet, den Fall an die Schweizerische Heilmitttelbehörde Swissmedic zu melden. Dort wird dann untersucht, ob die Impfung ursächlich war für den Todesfall oder ob weitere Faktoren eine Rolle gespielt haben. Dies haben wir in diesem Artikel beschrieben: https://www.beobachter.ch/gesu…
Wir hoffen, dass wir mit diesen Informationen etwas Klarheit schaffen konnten.
Freundliche Grüsse, Dominique Strebel, Chefredaktor Beobachter
Sehr geehrter Herr Strebel
Sie haben recht, dass gemäss dem Unispital jeder eintretende Patient auf Corona getestet wird. Es steht da aber nichts davon, ob auch der Impfstatus erhoben wird. Somit ist also nicht klar, ob die Zahlen der geimpften Personen, welche mit Corona eingeliefert werden, korrekt ist. Ausserdem würde somit eine Person, die aufgrund eines Unfalls eingeliefert wird und dort positiv getestet wird, als Patient im Zusammenhang mit Corona geführt, obwohl er möglicherweise gar keine Symptome hat und aufgrund eines ganz anderen Grundes ins Spital eingeliefert wurde.
Es ist auch interessant, dass Patienten, die z.B. an einem Herzinfarkt sterben und die coronapositiv getestet wurden, als Tote im Zusammenhang mit Corona geführt werden. Wenn aber jemand kurz nach der Impfung an einem Herzinfarkt stirbt und der Patient Vorerkrankungen hatte, werden die Vorerkrankungen als Grund für den Tod angeführt und nicht die Impfung als Auslöser dafür angesehen, obwohl der Mechanismus, der zum Tod geführt hat, grundsätzlich genau der Gleiche ist, da die Impfung dem Körper künstlich eine Erkrankung vorgaukelt, die zum Ziel haben, die gleichen Abwehrmechanismen auszulösen wie bei einer "echten" Erkrankung.