Die Menschen sollen mit dem überarbeiteten Waffengesetz besser vor Waffenmissbrauch geschützt werden. Deshalb will man hierzulande bei einer europaweiten Verschärfung der Waffengesetzgebung auch mitziehen. Im Abstimmungskampf geht es aber längst nicht nur um technische Details. Sondern um Freiheit, Sicherheit und Europa. Die Befürworter des Gesetzes sorgen sich um die Schengen-Mitgliedschaft, während die Gegner das Ende der Schweizer Schiesstradition Neues Waffengesetz Schweizer Schützen fürchten um ihre Freiheit , ja gar die Entwaffnung der Bürger, befürchten. 

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Warum stimmen wir ab?

Die EU begann 2013 ihre Waffenrichtlinie zu revidieren. Nach verschiedenen Terroranschlägen in Paris, Brüssel und Kopenhagen wurde dieser Prozess beschleunigt und 2017 abgeschlossen. Wegen des Schengen-Abkommens soll die Schweiz diese Verschärfung übernehmen und das Parlament hat deshalb eine entsprechende Teilrevision des Waffengesetzes beschlossen. Dagegen hat die «Interessensgemeinschaft Schiessen Schweiz» erfolgreich das Referendum ergriffen, weshalb der Souverän am 19. Mai darüber abstimmt. 

Wer ist dagegen und wer dafür?

Für ein Ja zum revidierten Waffengesetz sind fast alle Parteien, der Bundesrat, das Parlament, Operation Libero, Economiesuisse und der Gewerbeverband. Für ein Nein weibeln primär die SVP, Schiesssport- und Waffenverbände, sowie der Verein Pro Tell und der Verband Jagd Schweiz. Auch einzelne FDP-Politiker finden sich im Referendumskomitee, und die Jungfreisinnigen der Kantone Zürich und Schwyz haben sich der Nein-Parole angeschlossen. Für Kontroversen sorgte der Entscheid der Schweizerischen Offiziersgesellschaft, ebenfalls ein Nein zu empfehlen. 

Was ändert sich mit dem neuen Gesetz?
  • Markierungspflicht: Neu gibt es eine Pflicht zur Markierung der wesentlichen Bestandteile aller Feuerwaffen. Für die Polizei soll es so leichter werden, die Herkunft einer Waffe zu klären. Bereits heute müssen Händler und Waffenproduzenten bestimmte Teile von Waffen markieren, neu würde das ausgedehnt auf alle Bestandteile.
  • Der Informationsaustausch mit anderen Schengen-Staaten wird erleichtert, was es der Schweiz vereinfachen soll zu erfahren, wem in anderen Ländern aus Sicherheitsgründen eine Waffe verweigert wurde.
  • Meldung über Kauf- und Verkauf: Händler müssen alle Käufe und Verkäufe von Waffen und Bestandteilen dem kantonalen Waffenbüro melden.
  • Anpassungen bei der Zulassung von halbautomatischen Waffen: Halbautomatische Waffen mit grossem Magazin, wie z.B. das Sturmgewehr 90, gehören künftig zu den verbotenen Waffen. Man kann sie aber weiterhin erwerben, braucht dafür jedoch eine Ausnahmebewilligung, wie es sie auch heute schon für verschiedene verbotene Kampfsportwaffen oder Messer gibt. Damit man eine Ausnahmebewilligung erhält, gibt es bestimmte Vorgaben: Man muss 18 Jahre alt sein und ein sauberes Strafregister haben, man darf nicht entmündigt sein und keine Gefährdung für Dritte darstellen.

    Neue administrative Vorschriften: 
  • Schützinnen und Schützen, die eine halbautomatische Waffe neu kaufen, müssen künftig nach fünf und zehn Jahren nachweisen, dass sie entweder Mitglied bei einem Schützenverein sind oder regelmässig schiessen. Das gilt nur für Neukäufe.
  • Wer nicht regelmässig schiessen, aber halbautomatische Waffen trotzdem besitzen will, kann das auch weiterhin. Dann muss man sich als Sammler registrieren. Sammler und Museen müssen künftig belegen, wie sie die sichere Aufbewahrung von halbautomatischen Waffen mit grossem Magazin garantieren können. 
  • Wer bereits eine halbautomatische Waffe mit grossem Magazin besitzt, muss sie innerhalb von drei Jahren beim kantonalen Waffenbüro melden, wenn er oder sie das nicht bereits getan hat. 

 

Weitere Antworten auf häufige Fragen hat das Bundesamt für Polizei Fedpol hier beantwortet. Und für wen sich was konkret ändert, findet man hier.

Was ändert sich nicht?
  • Es wird weiterhin kein zentrales Waffenregister geben
  • Wer sein Sturmgewehr nach dem Militärdienst behalten will, kann das auch künftig ohne Auflagen tun. Diese Waffen gelten nicht als verboten.
  • Es gibt keine neuen psychologischen Tests und keinen Zwang, Mitglied bei einem Verein zu sein, wenn man Waffen erwerben will.
  • Für Jäger hat die Waffenrichtlinie keine Konsequenzen. Denn es geht ausschliesslich um halbautomatische Waffen. Diese sind bereits heute nicht für die Jagd zugelassen.
Darf man die Ordonanzwaffe nach dem Dienst weiterhin nach Hause mitnehmen?

Ja. Soldaten dürfen ihre Waffen weiterhin behalten und müssen auch keine Ausnahmebewilligung einholen. Die Schweiz konnte in Brüssel eine Ausnahme aushandeln: Armeewaffen wie das Sturmgewehr 90, die nach dem Militärdienst übernommen werden, fallen nicht unter die Kategorie der verbotenen Waffen. Erst wenn man sie weiterverkauft, gelten die neuen Regeln für halbautomatische Waffen.

Was hat die Abstimmung mit Schengen und der EU zu tun?

Die Idee der Zusammenarbeit im Schengenraum ist es, die Reisefreiheit zu erleichtern. Im Gegenzug arbeitet man bei der Sicherheit enger zusammen. Die Schweiz hat mit einer Volksabstimmung 2005 beschlossen, sich dem Abkommen als sogenannt assoziierter Staat anzuschliessen. Damit diese Zusammenarbeit möglichst gut geht, versucht man, innerhalb des Schengenraums vergleichbare Regeln und Gesetze zu haben. Und diese sind nicht starr, sondern werden von Zeit zu Zeit modernisiert, wenn veränderte Sicherheitslagen oder der technische Fortschritt es erfordern. Wie in diesem Fall beim Waffenrecht. 

Bei Schengen sind die EU-Staaten dabei und zusätzlich assoziierte Staaten wie Norwegen, Island, Liechtenstein oder eben die Schweiz. Das Abkommen von Schengen ist Bestandteil des EU-Rechts. Veränderungen im EU-Recht gelten für alle EU-Staaten automatisch, sie sind aber auch für assoziierte Staaten verbindlich und es ist festgelegt, wie diese die Weiterentwicklungen übernehmen sollen.

Die Schweiz hat zwar kein Stimmrecht, kann aber als Schengen-Mitglied schon bei der Ausarbeitung von EU-Entscheiden mitreden, die danach für den Schengenraum gelten sollen. Die Schweiz kann also nicht nur schweizspezifische Anpassungen vornehmen, sondern auch den Entstehungsprozess neuer EU-Regeln mitbeeinflussen. So hat die Schweiz bei der Waffenrichtlinie gemeinsam mit anderen Ländern ein ursprünglich geplantes absolutes Verbot von halbautomatischen Waffen verhindern können. 

Wie das Bundesamt für Polizei Fedpol erklärt, ist die EU-Waffenrichtlinie kein fertiges Gesetz, sondern wirklich als Richtlinie zu verstehen. Darin wird definiert, worauf der Fokus liegen soll. In diesem Fall: auf den halbautomatischen Waffen. Die Umsetzung erfolgt dann aber je nach Land unterschiedlich. Damit die Schweiz das direktdemokratische Entscheidungsverfahren mit Vernehmlassung, parlamentarischer Beratung und allfälligem Referendum anwenden kann, gilt eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren. 

Die häufigsten Änderungen im Schengen-Abkommen sind Details, schon 200 solche Weiterentwicklungen hat die Schweiz seit dem Beitritt übernommen. Abgestimmt wurde bisher nur über die Einführung des biometrischen Passes 2009. 

Was passiert bei einem Nein?

Im Schengen-Abkommen ist der Prozess geregelt: Übernimmt die Schweiz die neuen Bestimmungen nicht innert der Frist von zwei Jahren, dann führt das zur Beendigung des Abkommens. Es sei denn, ein Ausschuss aller Schengen-Mitgliedsländer beschliesst einstimmig, dass man weiter zusammenarbeiten will. Das müsste innerhalb von 90 Tagen geschehen. Eine explizite Kündigung des Abkommens braucht es nicht, der Prozess beginnt automatisch, wenn die Schweiz die zweijährige Frist verpasst, die Ende Mai 2019 abläuft. 

Käme es tatsächlich zu einem Schengen-Austritt, würde das auch die Schweizer Mitgliedschaft beim Dublin-Abkommen beenden. Diese sind rechtlich miteinander verknüpft. Dieser Vertrag regelt, dass jeder Asylbewerber im Schengen-Raum nur in einem Staat ein Asylverfahren durchlaufen kann. 

Die Gegner der Vorlage werfen den Befürwortern Hysterie vor, weil die sich um einen möglichen Ausschluss von Schengen fürchten. Das sei unrealistisch und die EU mindestens so angewiesen auf die Zusammenarbeit wie die Schweiz. Justizministerin Karin Keller-Sutter sagt Keller-Sutter zum Waffenrecht «Wir folgen keinem EU-Diktat» jedoch, die Hürde, eine neue Lösung mit den Schengen-Mitgliedsstaaten zu finden, sei hoch und das Risiko eines Austritts deshalb gross.

Was sind die Argumente der Gegner?

Die Gegner des neuen Waffengesetzes sind der Meinung, dieses sei gegen Terror komplett nutzlos und verfehle deshalb sein Ziel. Auch bei Befürwortern gibt es Zweifel daran, wieviel das Gesetz gegen Terror nützt. Den Schützen ist das Verbot halbautomatischer Waffen, also ihrer Sportgeräte, ein Dorn im Auge. Das Referendumskomitee sagt ausserdem, dass man beim Beitritt zum Schengen-Abkommen 2005 auf Seiten des Bundes stand, weil dieser versprochen habe, es würde keine einschneidenden Verschärfungen des Waffenrechts geben. Die aktuelle Vorlage bricht ihrer Meinung nach mit diesem Versprechen und deshalb verstosse sie gegen den Artikel der Bundesverfassung, der besagt, dass staatliches Handeln im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein muss. 

Die Übernahme der EU-Richtlinie führe zudem zu einer Bürokratielawine auf den Waffenbüros und damit zu einer Verschwendung der Mittel der Polizei. Einen Artikel der Richtlinie sehen die Gegner zudem besonders kritisch: Alle fünf Jahre soll die Kommission dem EU-Parlament einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie übermitteln und allenfalls zusätzliche Gesetzgebungsvorschläge machen. Das Referendumskomitee ist der Meinung, dies führe zu einem «Verschärfungsautomatismus». 

Was sind die Argumente der Befürworter?

Die Befürworter stellen sich auf den Standpunkt, dass die Anpassung der Waffengesetzgebung das kleinere Übel ist als ein potenzieller Schengen/Dublin-Austritt. Mit der Teilrevision werden punktuell Lücken im Kampf gegen Waffenmissbrauch geschlossen und administrative Änderungen eingeführt. Diese seien aber zumutbar und niemand würde entwaffnet. Auch heute müsse man für einen Waffenerwerbsschein Formulare ausfüllen und seit 2008 werde jeder Waffenkauf den Behörden gemeldet. Für den Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments gefährden die administrativen Änderungen die Schiesstradition in der Schweiz nicht. Das ursprünglich von der EU geplante totale Verbot von halbautomatischen Waffen habe man in den Verhandlungen abwenden können.

Den grössten Sicherheitsgewinn sehen die Befürworter im Verbleib im Schengenraum und in der Fortsetzung der Zusammenarbeit bei der Sicherheit. 

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Tina Berg, Redaktorin
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