Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 6. Januar 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Vorab: Wenn Sie heute viel zu tun haben, können Sie diese Übersicht auch mit gutem Gewissen beiseitelegen. Es war eine vergleichsweise eher ruhige Woche aus Sicht von Recht und Gerechtigkeit in der Schweiz.
Diesmal:
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Onlinekriminalität: Die Technik ist neu, die sind Maschen die gleichen
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Fachkräftemangel: Die Überalterung macht die Lücke immer grösser
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Sicherheit: Völlig unqualifizierte Personen können Security-Angestellte werden
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Und zum Schluss: Ein Zitat des Kapitäns
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Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Onlinekriminalität: Die Technik ist neu, die Maschen sind die gleichen
Darum gehts: Das Bundesamt für Cybersicherheit (Bacs) dokumentiert in einem Bericht, welche Cyberbedrohungen das vergangene Jahr geprägt haben. Im Vergleich zum Vorjahr wurden demnach 13’000 zusätzliche Meldungen registriert. Und insgesamt waren es 63’000 – Höchststand. Der Anstieg ist laut dem Bacs insbesondere auf Drohanrufe im vermeintlichen Namen von Behörden zurückzuführen. Die Zahl solcher Anrufe – zum Beispiel in der Rolle eines vermeintlichen Polizisten – hat sich gegenüber dem Vorjahr verdreifacht.
Warum das wichtig ist: Mit den rasch voranschreitenden Entwicklungen der künstlichen Intelligenz wachsen auch die Möglichkeiten für Trickbetrüger. So können beispielsweise KI-Stimmverzerrer dazu eingesetzt werden, den Klang der Stimme einer Person während eines Telefongesprächs zu verändern. Der Beobachter hat die Masche hier beschrieben. Und wer selbst einen Onlinebetrugsfall beim Bacs melden möchte, kann das hier tun.
Das sagt der Beobachter: Um sich vor Cyberangriffen zu schützen, hilft die Kenntnis gängiger Betrugsmaschen. Und Misstrauen gegenüber unbekannten Anrufern. Beispielsweise wird empfohlen, nicht auf SMS- oder Whatsapp-Nachrichten zu reagieren, die eine Aufforderung zur «Überprüfung einer Postsendung» beinhalten. Der Beobachter hat in einer Warnliste zusammengetragen, wie Sie sich gegen Phishing, Spamming und andere Betrugsmaschen wehren können:
⇒ Jetzt lesen: So schützen Sie sich vor Online-Betrügern
Fachkräftemangel: Die Überalterung macht die Lücke immer grösser
Darum gehts: Die Arbeitskräfte reichen schlicht nicht aus. Zu diesem Schluss kam das Zürcher Wirtschaftsmonitoringdes Amts für Wirtschaft in einer neuen Studie. Der Kanton Zürich rutscht bereits seit einigen Jahren in einen Arbeitskräftemangel, der in den 2040ern einen Höhepunkt erreichen dürfte. Zwar nimmt die Bevölkerung stetig zu, doch es gehen mehr Menschen in Rente, als junge Fachkräfte nachrücken können.
Warum das wichtig ist: Zürich ist das wirtschaftliche Herz der Schweiz – rund ein Fünftel des ganzen Bruttoinlandprodukts wird dort erwirtschaftet. Und als international stark vernetzter Kanton mit der zahlreichsten ständigen ausländischen Wohnbevölkerung ist er eine Art Frühwarnsystem für den Rest des Landes. Bereits seit einigen Jahren wird die Knappheit der Arbeitskräfte in Zürich immer wieder vermeldet. Neu ist der Notstand also nicht. Aber: Die Situation wird immer brenzliger. So schreibt der Kanton Zürich in einer Mitteilung von «starken Auswirkungen auf die Zürcher Wirtschaft und Gesellschaft» und ergänzt, dass «selbst eine hohe Zuwanderung den Effekt der Alterung kaum verhindern» könne.
Das sagt der Beobachter: Dem Bericht des Kantons ist auch zu entnehmen, dass die Zuwanderung der Alterung der Gesellschaft zwar entgegenwirken, den Mangel aber nicht vollends verhindern könne. «Umgekehrt würden sich die demografischen Herausforderungen am Arbeitsmarkt ohne Zuwanderung markant verschärfen», so der Bericht. Dass es sich ausserdem auszahlen könnte, nebst Migrantinnen auch Geflüchtete im Schweizer Arbeitsmarkt einzusetzen, hat der Beobachter zuletzt im August aufgezeigt. «Am Willen fehlt es den allermeisten nicht», sagte damals der Zuständige für die Asyl- und Flüchtlingskoordination der Stadt Uster ZH:
⇒ Jetzt lesen: So finden Geflüchtete einen guten Job
Sicherheit: Völlig unqualifizierte Personen können Security-Angestellte werden
Darum gehts: Die Branche der privaten Sicherheitsfirmen hat offenbar selbst ein Sicherheitsproblem. Das legt eine Recherche von SRF nahe. Eine Journalistin hat sich undercover bei verschiedenen Sicherheitsfirmen beworben – und wurde trotz fehlender Erfahrung von mehreren angestellt. Besonders heikel: In Zürich kam sie völlig unvorbereitet in einer Asylunterkunft zum Einsatz. Und ohne Vorlegen eines Strafregisterauszugs. Das betroffene Unternehmen bestreitet die Darstellung der Journalistin – die Sicherheitsdirektion Zürich verweist auf ihren geringen Spielraum, Vertragspartner zu kontrollieren.
Warum das wichtig ist: Schweizweit gibt es rund 900 Sicherheitsfirmen. Und die Spannweite zwischen ihren Aufgaben ist enorm. Sie sichern Anlässe und Unternehmen, sollen das Nachtleben sicher machen – und arbeiten immer öfter Hand in Hand mit Behörden. Während manche Firmen hochspezialisiert sind, sind Hungerlöhne, miserable Sicherheitsprüfungen und fehlende Ausbildung gemäss der Recherche weit verbreitet. Auch die Paritätische Kommission Sicherheit, die Firmen ab zehn Mitarbeitenden kontrolliert, ist kritisch. Sie stellt fest, dass regelmässig gegen Lohnvorgaben, Arbeitszeitgrenzen und Ausbildungsvorgaben verstossen werde.
Das sagt der Beobachter: Die Recherche zeigt eindrücklich, dass die Sicherheit im öffentlichen Raum in der Schweiz durch Wildwuchs und lasche Kontrollen ausgehöhlt wird. Kann man wenigstens davon ausgehen, dass Vertrauenspersonen, mit denen man im Alltag zu tun hat, keine Straftäter sind? Wir zeigen auf, was für welche Berufe gilt.
⇒ Jetzt lesen: Dürfen Sicherheitsleute etwas auf dem Kerbholz haben?
Das Zitat der Woche
Das kommt heute von einem für Schweizer Verhältnisse doch sehr bekannten Politiker.
«Sie überschätzen die Rolle des Kapitäns.» – Gerhard Pfister
Das meinte er diese Woche im Interview dazu, dass er sein Schiff zu einem ungünstigen Zeitpunkt verlasse. Nach neun Jahren an der Spitze gibt Gerhard Pfister das Amt als Präsident der Mitte-Partei ab. Als er es antrat, hiess die noch CVP. Damals hatte er signalisiert, dass es an ihr gar nicht so viel zu ändern gebe. Tatsächlich hat er die Partei dann enorm geprägt – neu ausgerichtet und mit der BDP fusioniert. Jetzt sagt er, was Politiker halt so sagen, wenn man sie nach Rücktrittsgründen fragt: Zeit für neue Gesichter und so weiter. Allerdings steht er auch ziemlich offen zu seinen Ambitionen, Viola Amherd als Mitte-Vertretung im Bundesrat zu beerben. Für einen Nachruf zu Lebzeiten ist es also zu früh.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Daniel Faulhaber, Oliver Fuchs und Fabienne Niederer.
Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.