Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 20. Januar 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein.
So – und jetzt die Themen:
- Covid-Kredite: Hat funktioniert, sagt der Bund
- Bundesrat: (Fast) niemand wills werden. Was jetzt?
- Superreiche am WEF: «Nehmt uns endlich Geld weg!»
- Und ein Zitat der Woche aus der guten alten Zeit.
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Covid-Kredite: Hat funktioniert, sagt der Bund
Darum gehts: Am Donnerstag hat das Staatssekretariat für Wirtschaft, das Seco, mitgeteilt: Die Unternehmen, die in der Pandemie Überbrückungskredite aufnahmen, zahlten diese fleissiger zurück als erwartet. Schon fast drei Viertel seien abbezahlt. Diese Kredite hätten damals rund 1,3 Millionen Arbeitsplätze (in Vollzeitäquivalenten) abgesichert.
Warum das wichtig ist: Es war das bisher «grösste Hilfsprogramm für die Wirtschaft» der Schweizer Geschichte. Als die Schweiz im Frühling vor fünf Jahren in den Shutdown rasselte, stellte der Bund zusammen mit 125 Banken ein Programm auf die Beine, mit dem Unternehmen unkompliziert und schnell einen Notkredit aufnehmen konnten. Wer einen Kredit von bis zu 500’000 Franken beantragen wollte, konnte dies innerhalb von zehn Minuten erledigen. Allerdings zeigte sich später: Damit waren auch Missbräuche relativ einfach. Bis jetzt gibt es rund 1000 Schuldsprüche deswegen – etwa das Doppelte ist noch hängig.
Das sagt der Beobachter: Unter dem Strich war es sicher richtig, dieses Kreditprogramm möglichst unbürokratisch aufzuziehen. Und mit etwa 145 Millionen Franken (weniger als 1 Prozent des Gesamtbetrags) ist die Verlustrate – Stand heute – auch erfreulich tief. Allerdings musste man nicht zwingend böse Absichten haben, um sich später massiven Ärger einzuhandeln, wie diese Recherche zeigt:
⇒ Jetzt lesen: Nach dem Corona-Kredit kam die U-Haft
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Reiche am WEF: «Nehmt uns endlich Geld weg!»
Darum gehts: An der diesjährigen Ausgabe des WEF forderten rund 370 Millionäre und Milliardäre per offenen Brief eine höhere Besteuerung von Superreichen – also auch von ihnen selbst. Im Brief, der online einsehbar ist, heisst es, grob aus dem Englischen übersetzt, unter anderem: «Das Phänomen des geballten und extremen Reichtums untergräbt alles, was uns lieb und teuer ist.» Übermässiger Reichtum sei eine «Bedrohung für die Demokratie».
Warum das wichtig ist: Laut der Liste der «Bilanz» hat das Vermögen der 300 reichsten Personen der Schweiz 2024 einen neuen Rekordwert erreicht: 833,5 Milliarden Franken, so viel wie noch nie. Das ist mehr als das gesamte Bruttoinlandprodukt – also die gesamte Wirtschaftsleistung – des Landes. Eine der bekanntesten Unterzeichnerinnen des offenen Briefs ist die österreichische Aktivistin Marlene Engelhorn. Bereits seit einigen Jahren spricht sie sich für eine gerechtere Umverteilung von geerbten Vermögensgeldern aus und machte zuletzt Schlagzeilen, weil sie selbst rund 25 Millionen Euro ihres Erbes einem speziellen Komitee übergab. Dieses sollte über eine möglichst gerechte und effiziente Verwendung des Gelds entscheiden.
Das sagt der Beobachter: Engelhorn ist Mitbegründerin der Organisation Taxmenow, die sich dafür einsetzt, dass Reiche stärker besteuert werden. Dabei engagieren sich auch Schweizer – der Beobachter hat unter anderem das Mitglied Johann Hug (Name geändert) zu einem Interview getroffen. Er sagt: «Eigentlich darf es keine Menschen geben, die so reich sind.» Doch solange die Vermögenssteuer tiefer ist als die durchschnittliche Aktienrendite, werde sich nichts ändern. «Reiche werden noch reicher.»
⇒ Jetzt lesen: Wer kann sich heute noch ein eigenes Haus leisten?
Bundesrat: (Fast) niemand wills werden. Was jetzt?
Darum gehts: Die Mitte-Partei hat ein Personalproblem. Fast alle Favoriten für die Nachfolge der zurücktretenden Viola Amherd haben abgesagt. Das überrascht besonders bei Gerhard Pfister und Martin Candinas, denen Ambitionen nachgesagt wurden.
Warum das wichtig ist: In Bern wird inzwischen offen spekuliert, warum so viele davor zurückschrecken, Amherd im Verteidigungsdepartement (VBS) zu beerben. Derzeit signalisiert nur der Nationalrat und Präsident des Bauernverbands, Markus Ritter, echte Lust auf das Amt. Zwar gilt das VBS nicht unbedingt als Schlüsseldepartement – sprich: weniger mächtig als etwa das Finanzdepartement –, dafür ist der Mitte-Sitz als solcher umso wichtiger. Kommt jemand aus dem rechten Flügel der Partei (zu dem auch Ritter gehört), würde die bürgerliche Dominanz im Bundesrat noch grösser.
Das sagt der Beobachter: Ritter gilt als effektivster Interessenvertreter der Schweiz. Im VBS müsste er die Seiten wechseln – und sich seinerseits mit hochmotivierten Lobbyisten herumschlagen. Wie die Bauern ist auch die Rüstungsindustrie bestens vernetzt und schlagkräftig. Allerdings lieber diskret, wie diese Recherche zeigt:
⇒ Jetzt lesen: Der diskrete Arm der Rüstungslobby
Das Zitat der Woche
Der Berner Gesundheitsdienst verschickt sensible Daten seit neuestem wieder auf Papier statt via Computer. Bis jetzt habe man dafür eine digitale Plattform benutzt. Doch diese sei jetzt abgeschaltet worden – und man sehe keine gangbare Alternative.
«Es ist völlig undenkbar, sensible Daten via Mail auszutauschen. 99 Prozent aller Hackerangriffe finden dort statt.» – Jonathan Gimmel, Leiter Digitale Entwicklung der Stadt Bern
Wie Recherchen des SRF-Regionaljournals zeigen, gingen allerdings auch sensible Briefe auf dem Postweg verloren. Ein Dilemma also. Vielleicht kann eine andere Institution aushelfen, die seit kurzem wieder auf alte Technologien setzt. Die katholische Kirche im Tessin hat nämlich unlängst einen neuen Exorzisten angestellt. Und der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Oliver Fuchs und Fabienne Niederer.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.