Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 14. April 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Auch neben den heftigen Schneefällen in den Bergen, die besonders im Wallis und im Berner Oberland für Chaos gesorgt haben, war einiges los.
Die Themen:
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Social Media: Bund vertagt Regeln für Facebook und Co. – wohl aus Angst vor Trump
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IV-Rente: Immer mehr Junge können wegen psychischer Probleme nicht mehr arbeiten
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Klima: Die Schweiz macht Fortschritte – aber nicht bei Verkehr und Landwirtschaft
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Und das Zitat der Woche handelt von der nächsten Pandemie
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Darum gehts: Die Regulierung grosser Kommunikationsplattformen wie Google, Facebook, Youtube und X wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Das hat der Bundesrat diese Woche beschlossen, wie SRF berichtet. Öffentlich kommentiert die Regierung den Entscheid nicht.
Warum das wichtig ist: Anfang 2023 hatte der Bundesrat beschlossen, dass Social-Media-Betreiber Schweizer Nutzerinnen besser behandeln müssen. Konkret wollte er etwa, dass Aufrufe zu Hass oder Gewalt konsequenter gelöscht werden und dass es für die Plattformen schwieriger würde, die Beschwerden von Schweizern einfach zu ignorieren. Auch die neuen Regeln wären immer noch deutlich lascher gewesen als jene in der EU. Doch nun kann er sich nicht mal dazu durchringen. Wie SRF berichtet, hatten Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis auf eine Verschiebung gedrängt. Wahrscheinlich, um den neuen US-Präsidenten nicht zu provozieren.
Das sagt der Beobachter: Wir wiederholen uns langsam in diesem Nachrichtenbriefing, aber es muss einmal mehr gesagt werden: Es gibt bis jetzt keine Hinweise, dass sich Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit mit Unterwerfungsgesten irgendwie besänftigen lassen könnte. Im Gegenteil: Für viele der engsten Verbündeten und engsten Handelspartner hat er vor zwei Wochen die höchsten Zölle verkündet. Dass der Bundesrat die Rechte von Schweizer Internetnutzern den täglich wechselnden Launen eines amerikanischen Präsidenten unterordnet, ist bitter.
⇒ Jetzt lesen: Ungefilterter Hass auch in der Schweiz?
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
IV-Rente: Immer mehr Junge können wegen psychischer Probleme nicht mehr arbeiten
Darum gehts: Die Zahl der Jungen, die eine IV-Rente beziehen, steigt weiter an. Das verdeutlicht eine aktuelle Erhebung aus dem Kanton Zürich. 2024 wurden dort unter 25-Jährigen im Vergleich zum Vorjahr 8 Prozent mehr Neurenten gesprochen: 624 IV-Renten gingen an junge Erwachsene – fast doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. In vielen Fällen ist eine psychische Erkrankung der Grund für die Rente. Die nationale IV-Stellen-Konferenz geht davon aus, dass die Zürcher Zahlen den Trend in der ganzen Schweiz widerspiegeln.
Warum das wichtig ist: Wenn Menschen bereits in jungen Jahren eine IV-Rente erhalten, stehen ihre Chancen auf eine spätere berufliche Integration schlecht. Und damit ist laut Experten vorgezeichnet, dass für viele von ihnen der Weg schliesslich in die Sozialhilfe führt. Fazit: Setzt sich diese Entwicklung fort, bedeutet das nicht nur eine Belastung fürs Sozialsystem, sondern auch eine Verschwendung von Talent und Schaffenskraft.
Das sagt der Beobachter: «Eingliederung vor Rente» ist seit der IV-Revision von 2007 der Grundsatz in der Invalidenversicherung. Nachgelebt wird diesem Prinzip allerdings bis heute nur unzureichend. Doch wenn es um junge Erwachsene geht, verträgt es eine solche Halbherzigkeit nicht. Denn werden Junge zu leichtfertig in die IV-Rente abgeschoben, sind sie für den Arbeitsmarkt faktisch verloren. Auf der persönlichen Ebene fehlt es ihnen damit auch an der sozialen Anerkennung, was gerade für Menschen mit psychischen Problemen besonders problematisch ist. Deshalb ist es unumgänglich, zusätzlich in berufliche Eingliederungsmassnahmen zu investieren – Coachings statt Renten!
⇒ Jetzt lesen: Teenager erzählen: Mädchen, was stresst euch so?
Klima: Die Schweiz macht Fortschritte – aber nicht bei Verkehr und Landwirtschaft
Darum gehts: Diese Woche ist das aktuelle Treibhausgasinventar erschienen. Auf den ersten Blick enthält es gute Nachrichten: 2023 hat die Schweiz rund 1 Million Tonnen weniger CO2-Äquivalente ausgestossen als im Jahr davor. Allerdings gab es in wichtigen Sektoren keine Fortschritte. Und da, wo es welche gibt, will der Bund sparen.
Warum das wichtig ist: Der Verkehr trägt einen satten Drittel zum Ausstoss der Schweiz bei. Gleichzeitig gab es hier nicht nur null Fortschritt – mit nur 8 Prozent weniger Ausstoss gegenüber 1990 ist er auch seit Jahren eines der Schlusslichter in der Dekarbonisierung. Auch in der Landwirtschaft gab es keine Fortschritte, obwohl der Sektor bereits jetzt stark vom sich verändernden Klima betroffen ist. Besonders stossend ist aber, dass der Bundesrat genau da sparen will, wo die Entwicklung eigentlich gerade positiv ist: Er will die energetische Sanierung von Gebäuden künftig weniger stark fördern.
Das sagt der Beobachter: In keinem anderen Bereich ist es eigentlich so klar, was getan werden müsste, wie im Verkehr. Zuoberst auf der Liste: Die Benziner müssen verschwinden – und mit jedem Jahr Stillstand wird es irgendwann umso abrupter nötig sein. Braucht es also mehr finanzielle Anreize für E-Autos? Jein.
⇒ Jetzt lesen: Warum die Autolobby jetzt Geldspritzen fordert
Zwischen 2020 und 2023 hat der Bund ungenutzten Covid-Impfstoff im Wert von 1,3 Milliarden Franken weggeschmissen. Das wurde vorletzte Woche bekannt. Als humanitäre Massnahme ins Ausland gingen 0,27 Milliarden. Ein internationales Pandemieabkommen soll verhindern, dass sich so was in der nächsten Krise wiederholt. Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich die WHO-Mitgliedsstaaten diese Woche geeinigt. Der WHO-Direktor:
«Wir haben bewiesen, dass Nationen in unserer gespaltenen Welt immer noch Gemeinsamkeiten finden und zusammen Probleme bekämpfen können.» – Tedros Adhanom Ghebreyesus
Die Schweiz hat erwirkt, dass das Abkommen die Pharmaindustrie weniger stark in die Pflicht nimmt als ursprünglich vorgesehen. Ganz aussen vor bleiben die USA. Unter dem neuen Präsidenten treten sie aus der WHO aus.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Daniel Benz und OIiver Fuchs.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.
2 Kommentare
Typisch schweizerische Politik! Kuschen vor den „angeblich“ (aber wirklich nur angeblich) „Grossen“ (für mich sind dies die Schlimmsten und menschlich gesehen die Armseligsten!!) und dafür lieber immer wieder treten nach unten!! Arme, reiche, jedoch unglaublich FEIGE Schweiz!! Es wird mir immer unheimlicher, unsere Sch****-Politik!! Was die Politik damit in der Bevölkerung auslöst, ist sie sich offensichtlich nicht bewusst?? Der Glaube an die Klimakrise sinkt so immer mehr trotz allen immer häufiger wiederkehrenden Katastrophen!!
Und zur Bauernlobby: diese schadet nicht nur der Natur, wenn Böden verwahrlosen und unfruchtbar werden (!), sie schadet uns allen, Tieren wie Menschen, UND auch sich selbst!!!!! Man kann es nicht genug betonen und es macht mich derart hässig, weil es solch eine hässliche Politik ist! Eigentlich führt unsere Politik „Menschenversuche“ durch! Und das ist kein Mist, DAS IST SCHLICHT UND EINFACH WAHR! Ich habe es so satt, alles zu beschönigen, es gibt absolut gar NICHTS zu beschönigen!! Der Mensch ist kein Versuchsprodukt!! Und auch das Tier nicht!!!!!
Diese Art von Zusammenfassung gefällt mir!