Die orangefarbenen Entwerter an Bahnhöfen wirken fast schon retro. Und sind bald Geschichte. 

Die SBB und andere Verkehrsbetriebe schaffen die Mehrfahrtenkarten zum Stempeln ab. Der ÖV-Branchenverband Alliance Swisspass hat diese Woche einen Bericht des «K-Tipp» bestätigt. Fixes Ablaufdatum aller Karten ist der 15. Dezember 2025. 

Schweizweit wurden im letzten Jahr 6,3 Millionen Stempelkarten verkauft. Das sei gemessen an der Gesamtzahl der Billette und den Kosten für die Stempelautomaten zu wenig, heisst es bei SBB und Co.

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Als Ersatz will die ÖV-Branche ab dem kommenden Jahr eine digitale Mehrfahrtenkarte für die Handy-App anbieten. Bei vielen Passagieren kommen diese Pläne gar nicht gut an. «Immer mehr Schalter werden geschlossen, wo man ein Billett besorgen konnte und Beratung erhielt. Was übrig blieb, waren die Mehrfahrtenkarten, die einfach zu handhaben sind», schreibt eine Beobachter-Leserin. Und die sollen nun weg. 

Vor allem für ältere Menschen, Kinder, aber auch für Menschen am Rand der Gesellschaft ergäben sich Nachteile, kritisieren Seniorenverbände, Familienorganisationen oder die Caritas.

«Es braucht mehr Zeit und Schulungen» 

So sagt Peter Burri Follath, Kommunikationsleiter von Pro Senectute, man sei vor allem über die Geschwindigkeit überrascht. «Für solche Veränderungen muss ausreichend Zeit eingeplant werden – mehrere Jahre.» Nur so könnte dies durch Beratungsangebote und spezielle Schulungen begleitet werden.

Auch Kinder müssten im Umgang mit den neuen Medien geschult werden, so Pro Familia gegenüber dem Beobachter. Doch Kinder seien heute IT-affin und wüssten schnell, wie man ein Ticket in einer App löst. Aber Handy oder Drucker bräuchte man dafür – und das könnten sich nicht alle leisten.

Dass nicht alle Zugang zu Geräten hätten, betont Daria Jenni von Caritas. «Digitalisierung kann eine Chance sein – doch niemand darf ausgeschlossen werden.»

Tieferes Einkommen, weniger Mobilität

Auch wenn jemand keine digitalen Kompetenzen, Ausweispapiere, keine Handynummer oder Meldeadresse hat, könne die Person die digitale Karte nicht kaufen. «Menschen mit tiefem Einkommen legen nicht einmal halb so viele Kilometer zurück wie Menschen mit hohem Einkommen», sagt sie. Und genau jene trifft es nun wieder.

Mehrfahrtenkarten können heute anonym gekauft werden. «Sans Papiers ohne Pass können die digitalen Karten nicht nutzen», erklärt Bea Schwager, Leiterin der Sans-Papiers-Anlaufstelle Zürich (SPAZ). 

Und Fabio Weiler, Co-Leiter des Kafi Klick, eines Internetcafés für Armutsbetroffene in Zürich, sagt: «Man kann nicht erwarten, dass jemand, der das Leben lang einen Kran bedient oder im Restaurant kocht, digitale Kommunikationsmittel einwandfrei beherrscht.» Doch oft seien es genau Menschen mit wenig Geld und Jobs mit tiefen Löhnen, die Mehrfahrtenkarten nutzen.