Neue Kreuzfahrtschiffe, alte Technik
Auch neue Kreuzfahrtschiffe fahren grossmehrheitlich mit schmutzigem Schweröl. Die Kunden scheint es nicht zu stören – Kreuzfahrten boomen wie nie zuvor.
Veröffentlicht am 2. Dezember 2019 - 14:43 Uhr
Jedes Jahr werden 20 neue Riesendampfer vom Stapel gelassen. Die schwimmenden Kleinstädte bieten Poolanlagen, Konzerte, Casinos und Restaurants. 2019 werden geschätzt 30 Millionen Passagiere Ferien an Bord eines Kreuzfahrtschiffs verbracht haben, 150'000 aus der Schweiz. Vor 10 Jahren waren es knapp 18 Millionen.
Die meisten der neuen Schiffe sind mit jahrzehntealter Technik ausgestattet und fahren mit schmutzigem Schweröl. Eine aktuelle Studie zeigt, dass allein der grosse Anbieter Carnival im Jahr 2017 fast zehnmal mehr Schwefeloxide produzierte als alle 260 Millionen Autos in Europa zusammen.
Doch die schlechte Ökobilanz stört die Kundinnen und Kunden kaum. «Viele suchen in ihren wenigen freien Tagen im Jahr das maximale Erlebnis. Die Kreuzfahrt kann das erfüllen», sagt Urs Wagenseil, Tourismusexperte an der Hochschule Luzern. Die treibende Kraft sei die Nachfrage. Wenn Kunden aus Umweltgründen auf Kreuzfahrten verzichten würden, müsste die Branche umdenken und sich wandeln.
Der Naturschutzbund Deutschland sieht die Verantwortung beim Anbieter: «Die Branche muss aktiv werden und in neue Technologien investieren.» Das Geld wäre da. Der Umsatz beläuft sich allein in Europa auf fast 50 Milliarden Euro pro Jahr.
Die Anbieter halten sich zwar an die Vorschriften, doch die sind gemäss Naturschutzbund zu lasch. Das soll sich ändern: Ab 2020 dürfen Schiffe nach Bestimmungen der internationalen Schifffahrtsorganisation auf hoher See nur noch Treibstoff mit einem Schwefelgehalt von 0,5 statt bisher 3,5 Prozent verbrennen. Zudem soll der CO2-Ausstoss halbiert werden.
Die Anbieter weisen die Vorwürfe von sich. «Wir wollen sichergehen, dass wir das, was wir heute tun, auch in 10 und 20 Jahren noch tun können», heisst es bei Anbieter MSC. «Wir machen ständige Fortschritte, um unseren ökologischen Fussabdruck zu minimieren.» TUI Cruises lässt verlauten, dank Investitionen in Energieeffizienz und Abgasnachbehandlung erreiche man trotz Schweröl «Emissionsstandards, die erst ab 2020 gelten.»
Dennoch wird der Vorwurf laut, dass Reeder erst aktiv werden, wenn für sie ein wirtschaftlicher Vorteil rausspringt. Experte Wagenseil sagt denn auch: «Es ist aktuell noch günstiger, auf alte Techniken statt auf umweltverträglichere zu setzen.»
6 Kommentare
Es gibt bekanntlich verschiedene Erdoel Sorten mit mehr oder weniger Schwefelgehalt . Richtige Abgasfilter installieren hilft vielleicht . Kostet allerdings . Verteuert dann die etwas zu billigen Kreuzfahrten .
Schweröl fällt als Abfallprodukt bei der Erdöldestillierung in jeden Fall an. Es muss also irgendwie verwendet bzw. entsorgt werden. Darauf wird im Artikel leider nicht eingegangen.
Korrekt ! Warum wird immer nur auf den paar Kreuzfahrtschiffen herumgehackt und die anderen 50'000 Hochseeschiffen mit Schweroeleinspritzung unerwaehnt gelassen . Mit reinem Diesel wuerden die Kreuzfahrten zu teuer werden . - Ex Schiffselektriker ( 20 Jahre Hochsee , CH Reederei )
Wenn so Schiffe einmal rumschwimmen, dann ist Rettung wohl schwierig. Umbauen ? Wer zahlt das?
Wenn sie meinen der "Kunde" wuerde da was bewegen, wenn.. Dann glauben sie echt der Mensch sei so intelligent genug?
Umbauen zu bitte WAS ? Vielleicht LNG ( liquified natural Gas ) oder gar elektrischer Antrieb , 1/3 des Schiffes zum Platzieren der noetigen Akkus . Fuer ersteres hat es nicht ueberall Tankanlagen und die Liegezeit im Hafen wird kaum reichen um die Akkus aufzuladen ; ausserden fehlen die erforderlichen elektrischen Zuleitungen !
Müssen die Geniesser von Kreuzfahrten die Schweröl Verbrenner meiden (es gibt ja nichts anderes)? Hat die Politik oder die Umweltschützer bei den Schwerreichen Reedereien keinen Einfluss, oder getraut sich bei den schwerreichen Redereien niemand zu beschweren?