Kann mich die Post zur SwissID zwingen?
Wer auf Online-Leistungen der Post zugreifen will, braucht neu die SwissID – obwohl die Rechtslage für die elektronische Identität noch nicht geklärt ist.
Veröffentlicht am 22. Februar 2018 - 10:40 Uhr,
aktualisiert am 22. Februar 2018 - 10:23 Uhr
Beobachter-Abonnentin Sina Hubacher* verschickt regelmässig Gratis-Ansichtskarten der Post. Diese werden online beschriftet, von der Post ausgedruckt und verschickt. Kurz nachdem sie die letzte an ihre Schwester versendet hatte, landete auch in ihrem digitalen Postfach eine neue Nachricht. «Auf der Website der Post wird künftig SwissID als Login für alle Benutzerkonten verwendet», hiess es darin. Dieser Schritt sei notwendig, um die Dienstleistungen auch weiterhin nutzen zu können. Sina Hubacher solle sich dafür innert zehn Tagen erneut einloggen.
«Ich war mir zuerst nicht sicher, ob es sich um Spam handelt», erklärt die Zürcherin und ignorierte die E-Mail. Nach genau zehn Tagen wurde sie von der Adresse login@post.ch aber erneut an die Verknüpfung erinnert und erstellte das SwissID-Konto schliesslich. «Ich wollte die Leistungen auch weiterhin nutzen, also blieb mir keine andere Wahl», so Sina Hubacher.
Ob Post, Swisscom oder Bank: Auf vielen Websites muss ein User inzwischen ein Benutzerkonto anlegen. Um den Datenaustausch zwischen verschiedenen Schweizer Onlinedienst-Anbietern und Anwendern sicher und einfach zu gestalten, sind Politik und Wirtschaft bestrebt, ein und dasselbe Login für mehrere Plattformen einzuführen – eine digitale Identität sozusagen. «Sie bedeutet sowohl für Kunden wie für Firmen eine enorme Vereinfachung. Und mit einem einheitlichen Login-Verfahren lassen sich für Unternehmen viele Kosten sparen», erklärt Marcel Dobler, Nationalrat und Gründer von Digitec. Er ist Mitglied des Verwaltungsrats der Firma SwissSign AG, welche die SwissID lancierte.
Kunden der Schweizer Firmen müssen sich dank der SwissID nur noch ein Passwort merken und ihre Daten einmalig hinterlegen. So tippen sie Kreditkartendaten bei Zahlungen beispielsweise nicht immer neu ab. Später soll es auch möglich sein, die eigene Unterschrift beglaubigen zu lassen.
Wer sich nicht registrieren möchte, ist auch nicht dazu verpflichtet, kann bestimmte Leistungen aber nur noch am Schalter vornehmen.
Zum jetzigen Zeitpunkt besteht noch kein nationales Gesetz zu elektronischen Identifizierungsdiensten (E-ID Gesetz). Mithilfe dieser sollen sich Personen im Internet identifizieren können wie mit einer Identitätskarte im Alltag. Das E-ID Gesetz ist allerdings keine rechtliche Voraussetzung für private digitale Identitäten wie die SwissID.
Seit Jahren arbeitet der Bund daran, eine elektronische Schweizer ID zu etablieren – erfolglos. Nun wagt die Post einen zweiten Anlauf. Was Sie über die «Swiss ID» wissen sollten.
«Die Post hat im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit entschieden, nur noch die SwissID als Login zu verwenden», sagt Mediensprecher Oliver Flüeler. In einer Einführungsphase auf post.ch habe diese Lösung überzeugt.
«Dass die Betreiber der Swiss ID noch vor Klärung der Rechtslage vorpreschen, ist schade. Vermutlich erhoffen sie sich, die digitale Identität in der Schweiz zu ihrem Vorteil monopolisieren zu können», bemängelt Martin Steiger, Rechtsanwalt und IT-Experte der gemeinnützigen Organisation «Digitale Gesellschaft». Er ist der Meinung, dass nur der Bund in der Lage wäre, eine digitale Identität langfristig zu gewähren.
Ja, für Konsumenten schon. Unternehmen müssen einen noch nicht definierten Betrag bezahlen.
Die Einführung der Swiss ID erfolgt schrittweise. Vorerst verlangt die Post nur einen Benutzernamen und ein Passwort. In einem nächsten Schritt werden Swiss-ID-Besitzer vermutlich im Frühling dazu aufgefordert, zusätzliche Daten wie die Wohnadresse oder Kreditkartenangaben zu liefern. Nach der Post folgen Unternehmen wie die SBB, Swisscom, Credit Suisse, UBS, Mobiliar und weitere.
In ihrer E-Mail verspricht die Post, dass der Kunde die volle Kontrolle über die Daten behält. «Ihre Daten bleiben bei den Firmen, mit denen Sie in einer Geschäftsbeziehung stehen.» Das ist in einem ersten Schritt die Post. Soll die Swiss ID mit neuen Firmen verknüpft werden, muss der Kunde einem Datenaustausch aktiv zustimmen.
Noch nicht. «Die PostFinance wird zu gegebener Zeit eigenständig entscheiden, ob und wann sie die SwissID für Ihre Kundinnen und Kunden einführt», so Oliver Flüeler. Bis dahin gelten die für E-Finance entwickelten und bewährten Login-Technologien.
Die SwissID soll die SuisseID nach und nach ablösen. Diese war ein erster Versuch des Bundes, eine digitale Identität zu schaffen. Sie wurde vom Seco vorangetrieben und von der Post unterstützt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Gründe dafür waren wahrscheinlich die Kosten von rund 50 Franken pro Jahr für die Kunden und eine komplizierte technische Umsetzung. Die SwissID ist ein neuer, kostenloser Versuch.
Dennoch erfüllt die Suisse ID laut Oliver Flüeler noch immer wichtige Funktionen, allen voran die elektronische Signatur. Sie sei der Grund für die 50 Franken gewesen und werde noch immer von Unternehmen genutzt. «Solange diese Funktion bei der SwissID noch nicht verfügbar ist, wird dieses Produkt weiterhin bestehen», sagt er.
*Name geändert
2 Kommentare
Ich wollte die SwissID kündigen. Das ist gar nicht so einfach!
In den neuen AGB steht:
«Der Vertrag kann vom SwissID Inhaber jederzeit gekündigt werden. Der SwissID Inhaber hat die Kündigung direkt in seinem SwissID Benutzerkonto vorzunehmen.»
Da ist Unsinn. Es gibt im Benutzerkonto keine Funktion, den Vertrag aufzulösen.
Auf der Seite Häufig gestellte Fragen von SwissID lese ich:
«Ich möchte mein SwissID-Konto löschen, was kann ich tun? Sie können Ihr SwissID-Konto jederzeit unwiderruflich löschen. Kontaktieren Sie dazu unseren Kundendienst unter der Telefonnummer 0848 99 88 00. »
Das ist Unsinn. Es werden keine telefonischen Kündigungen angenommen!
Ich kündigte deshalb die SwissID per Mail.
Geschehen ist aber noch nichts.