Was Mieter preisgeben müssen
Wer sich um eine Mietwohnung bewirbt, muss im Anmeldeformular einige Infos angeben. Welche davon sind legitim? 9 häufige Fragen und die Antworten dazu.
Veröffentlicht am 1. April 2022 - 18:27 Uhr
Diese Fragen stellen sich bei einer Wohnungsbewerbung:
- 1. Was sind die Spielregeln bei Bewerbungsformularen?
- 2. Bewerbung zurückgezogen: Gebühr fällig?
- 3. Falsche Angaben im Anmeldeformular: Die Folgen?
- 4. Welche Fragen gehen zu weit?
- 5. Wonach dürfen Vermieter fragen?
- 6. Bewerbungsdossier vor Wohnungsbesichtigung?
- 7. Wie richtig verhalten bei heiklen Fragen?
- 8. Können Referenzen eingeholt werden?
- 9. Wohnung vergeben: Was passiert mit den Unterlagen?
Adam Spiess (Name geändert) sucht eine Wohnung in Basel. Zentrale Lage, geräumige vier Zimmer, schönes Parkett, Balkon und Geschirrspüler sind für ihn ein Muss – nicht leicht zu finden im hart umkämpften Wohnungsmarkt . Umso erfreuter ist er, als er auf einer Vermittlungsplattform auf eine passende Wohnung stösst, die sogar in sein Budget passt. «Erst auf den zweiten Blick stellte ich fest, dass sich Interessenten bereits vor der Besichtigung bewerben sollen», erzählt Spiess. «Wer die Wohnung vermietet oder verwaltet, stand nicht im Inserat.» Spiess ist unsicher: Soll er einem Unbekannten sein ganzes Dossier preisgeben?
So geht es vielen. Doch auch wer sich – wie üblich – erst nach der Besichtigung bewirbt, muss im Anmeldeformular einiges über sich offenlegen.
Es gilt das Datenschutzrecht. Denn Vermieter oder Verwaltung holen über das Anmeldeformular Informationen ein und bearbeiten dadurch Personendaten. Verlangt ein Vermieter ungerechtfertigt Auskünfte, verletzt er die Persönlichkeit der Bewerberinnen und Bewerber.
Nein. Bewerberinnen und Bewerber sind grundsätzlich frei, die Vertragsverhandlung abzubrechen – aus welchem Grund auch immer. Das gilt auch, wenn man per Unterschrift auf dem Formular bestätigt hat, man schulde eine Umtriebsentschädigung.
Es kommt auf die Frage an. Wenn sie nicht gerechtfertigt ist – wie etwa jene nach der Konfession –, dürften keine rechtlichen Folgen drohen. «Unzulässige Fragen darf man falsch beantworten», sagt Walter Angst vom Zürcher Mieterverband (siehe auch Frage 7). Wenn man aber etwa den doppelten Lohn angibt und damit eine relevante Frage falsch beantwortet, riskiert man, die Wohnung zu verlieren. Der Vermieter könnte kündigen oder den Mietvertrag wegen eines wesentlichen Irrtums aufheben lassen.
Wenn sie Fragen stellen, die für die Auswahl nicht unbedingt erforderlich sind. So dürfte etwa die Religion nicht relevant sein. Welche Fragen legitim sind und welche nicht, hängt jedoch immer vom konkreten Kontext ab. Bei Genossenschaftswohnungen
dürfen teilweise mehr Auskünfte verlangt werden, um zu prüfen, ob jemand die Statuten erfüllt.
Zum Beispiel nach dem ungefähren Jahreseinkommen. Denn sie müssen prüfen können, ob sich jemand den Mietzins leisten kann. Generell müssen die Fragen geeignet sein, um eine passende Mieterschaft auszuwählen. Das berechtigte Interesse des Vermieters an den Angaben muss gegenüber dem Schutz der Privatsphäre der betroffenen Person überwiegen.
Kaum. «Interessenten müssten auf jeden Fall detaillierte Informationen zum Mietobjekt erhalten, bevor sie ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen einreichen müssen», sagt Datenschutzexpertin Silvia Böhlen. Generell sollte man seine Personendaten nicht preisgeben, wenn man nicht sicher ist, dass es sich um ein seriöses Angebot handelt. Walter Angst vom Zürcher Mieterverband bezeichnet das Vorgehen als Unsitte. «Gefährlich wird es, wenn für eine Wohnungsbesichtigung eine Zahlung verlangt wird
. Davon sollte man auf jeden Fall die Finger lassen.» Auch Adam Spiess hat auf sein Bauchgefühl gehört und sich nicht für die Besichtigung beworben. «Irgendwann kommt bestimmt eine Wohnung, bei der alles stimmt – auch das Selektionsverfahren.»
Bewerberinnen und Bewerber haben grundsätzlich drei Möglichkeiten: Sie können die Frage wahrheitsgetreu, falsch oder gar nicht beantworten. Welches der richtige Weg ist, hängt nicht zuletzt von den Umständen ab.
«Wir raten Mietinteressenten jeweils, nicht relevante Fragen unbeantwortet zu lassen oder sich beim Vermieter nach dem Grund für die Frage zu erkundigen», sagt Silvia Böhlen, Sprecherin beim eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Denn je nachdem kann eine Frage, die auf den ersten Blick als unzulässig erscheint, für das Mietverhältnis dennoch relevant sein.
Zur Falschauskunft bemerkt Böhlen: «Obwohl man rechtlich nichts zu befürchten
hat, möchte man den künftigen Vermieter vielleicht trotzdem nicht unbedingt verärgern.»
Ja, sofern die Referenzperson in der dafür vorgesehenen Rubrik aufgeführt wurde. Vermieter dürfen diese Person aber nicht beliebig ausfragen, sondern nur danach, ob Angaben im Formular – wie etwa zum Einkommen – richtig sind. Zudem dürfen sie nur nachfragen, wenn jemand als Mieterin oder Mieter ernsthaft in Frage kommt.
Dann muss die Vermieterin diese Anmeldeformulare vernichten. Die Daten dürfen grundsätzlich nicht länger aufbewahrt werden, als dies für die Vermietung nötig ist. Wenn Interessenten allerdings damit einverstanden sind, dürfen Vermieter das Dossier behalten; zum Beispiel um sie auf eine Warteliste zu setzen.
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