Eltern bezahlen 20 Millionen Franken zu viel für Schullager
Schulen verlangen für die Verpflegung im Schullager zu viel Geld von den Eltern, so die Kritik des Preisüberwachers.
Veröffentlicht am 6. März 2025 - 17:43 Uhr
Schullager schaffen Erinnerungen, die oft ein Leben lang bleiben.
Zum ersten Mal ohne die Eltern für mehrere Tage weg von zu Hause, abends am knisternden Lagerfeuer unter freiem Himmel Schlangenbrot backen mit den Gspänli – Schullager schaffen schöne Erinnerungen, die oft ein Leben lang bleiben.
Weniger schön ist, was der Preisüberwacher Stefan Meierhans dazu aufgedeckt hat: Eltern zahlen für Schullager jährlich 20,3 Millionen Franken zu viel.
Eigentlich eine einfache Rechnung
Wie hat der Preisüberwacher gerechnet? Er hat sich zuerst angeschaut, wie viel Eltern jedes Jahr tatsächlich für die Kosten der Schullager zahlen. Er durchforstete dafür die kantonalen Vorgaben und kam auf einen geschätzten Gesamtbetrag von 31,6 Millionen Franken.
Dann berechnete er, wie viel Geld alle Eltern zu Hause während der Dauer der Schullager einsparen können, weil sie nicht für die Verpflegung ihres Kindes aufkommen müssen. Dabei ging er von durchschnittlichen Verpflegungskosten von 8 Franken pro Tag und Kind aus. Meierhans stützte sich auf aktuelle Zahlen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) sowie auf die Haushaltsbudgeterhebung (HABE) des Bundesamtes für Statistik.
Anspruch auf Schullager steht in der Verfassung
So kam er auf 11,3 Millionen Franken, die Eltern nicht ausgeben fürs Essen daheim. Das Sparpotenzial von 20,3 Millionen ergibt sich aus der Differenz zwischen den tatsächlich bezahlten Kosten von 31,6 Millionen Franken und diesen 11,3 Millionen Franken.
Schulen dürfen nicht beliebig viel für die Lagerkosten verlangen. Das Bundesgericht hat im Jahr 2017 klargestellt, dass der Anspruch auf unentgeltlichen Grundschulunterricht auch Aufwendungen für obligatorische Exkursionen und Lager abdeckt. Dieser Anspruch werde durch die Bundesverfassung garantiert.
«Jetzt braucht es eine Diskussion über transparente und einheitliche Lösungen.»
Dagmar Rösler, Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH)
Unterstützung kommt vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH). «Der Befund des Preisüberwachers zeigt, dass es Unterschiede in der Finanzierungspraxis gibt. Jetzt braucht es eine Diskussion über transparente und einheitliche Lösungen», so Präsidentin Dagmar Rösler.
Reichen 8 Franken pro Tag?
Auf Distanz geht jedoch der Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH). «Ich bezweifle, dass Eltern zu Hause mit 8 Franken pro Tag ausgewogene Mahlzeiten zubereiten können», sagt Präsident Thomas Minder. Damit würde die Differenz für zu viel bezahlte Lagerkosten kleiner.
Grundsätzlich seien für die Schulen ohnehin die Richtlinien der Volksschulämter entscheidend und nicht, was der Preisüberwacher sage.
«Es hilft nicht immer, recht zu haben.»
Jurist Valentin Huber zitiert Goethe
Was können Eltern tun, wenn sie den Eindruck haben, dass die Kosten für das Schullager zu hoch ausfallen? «Es hilft nicht immer, recht zu haben», zitiert Jurist Valentin Huber den deutschen Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe.
Huber hat das oben erwähnte Bundesgerichtsurteil erfochten. Er empfiehlt, das Gespräch zu suchen, statt auf dem eigenen Standpunkt zu beharren. Der Preisüberwacher sei keine Rechtsinstanz, sondern könne bloss Empfehlungen aussprechen. Das Bundesgericht habe damals geurteilt, dass Verpflegungskosten bis 16 Franken pro Tag zulässig seien. Schulen, die nicht mehr als diesen Betrag verlangen würden, handelten rechtens.
- Bundesgericht: Urteil zu Schullagerkosten
- Preisüberwacher: Jahresbericht 2024