Die Anforderungen der Arbeitswelt steigen ständig, Flexibilität und Mobilität sind die modernen «Schlüsseleigenschaften». Und gerade wer sein eigenes Geschäft eröffnet, muss damit rechnen, monate- und vielleicht sogar jahrelang 16-Stunden-Tage im Betrieb zu absolvieren und zu Hause dann noch die Buchhaltung zu erledigen. Wie soll man dermassen eingespannt Beziehungen pflegen, sich gesund ernähren, Sport treiben und nebenbei noch genügend Zeit für Musse finden alles Dinge, die laut Bundesamt für Gesundheit für ein gesundes und zufriedenes Leben unerlässlich sind?

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Es ist unverkennbar, dass berufsbedingter Stress ein zunehmendes Problem unserer Gesellschaft ist. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz warnt, dass Stress mittlerweile nach Rückenbeschwerden das zweitgrösste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem darstelle und rund sieben Prozent aller Invaliditätsfälle stressbedingt seien.

Umfragen in der Schweiz haben ergeben, dass rund 80 Prozent der Erwerbstätigen unter Stresssymptomen leiden. Mehr als ein Viertel aller Beschäftigten fühlt sich «oft» bis «sehr oft» gestresst. Bei den Selbständigerwerbenden zumindest in der Gründungsphase einer Firma – ist der Druck noch grösser. Terminstress, verdichtete Arbeitsabläufe, Konkurrenzdruck und Versagensangst machen es schwierig, Beruf, Privatleben, Familie, Beziehungen, gesellschaftliche Tätigkeiten und Hobbys unter einen Hut zu bringen.

Von einem ausgewogenen Nebeneinander von Freizeit, Arbeit, Familienleben, Hobby und genügend Schlaf kann da keine Rede mehr sein. Die Folge: Viele Betroffene werden unzufrieden, oft sogar krank. In jedem Fall aber leiden Wohlbefinden, Beziehungen und Familie.

Die Grenze zwischen gesundem und krankem Stress

Doch wie viel Stress ist zumutbar? Und wann ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gefährdet? Wenn es an Ihrem Arbeitsplatz gelegentlich hektisch zugeht, heisst das noch lange nicht, dass Sie unter gesundheitsschädlichem Stress leiden. Im Gegenteil: Gerade für Selbständige bedeutet viel Betrieb in der Firma auch wirtschaftlichen Erfolg. Und eine gewisse Portion Stress kann sogar anregend sein. Wenn Sie sich am Arbeitsplatz herausgefordert fühlen, tut das Ihrem Selbstwertgefühl und damit auch Ihrer Gesundheit gut.

Doch Stress ist nicht gleich Stress: Man unterscheidet zwischen dem als positiv empfundenen Eustress und dem sich negativ auswirkenden Disstress. Die Gründe dafür liegen nicht immer am Arbeitsplatz: Beziehungsprobleme, finanzielle Sorgen, Einsamkeit, psychische oder körperliche Erkrankungen all dies kann gesundheitsschädlichen Stress verursachen. Nicht zu vergessen ist die Belastung durch Haus- und Erziehungsarbeit, vor allem bei berufstätigen Frauen oder alleinerziehenden Müttern.

Ist die Arbeitssituation die Stressursache, liegt dies meistens daran, dass man überlastet oder falsch belastet ist. Wer Arbeitszeit und Abläufe nicht selber einteilen kann, leidet meist viel schneller unter Stresssymptomen. Monotonie, knappe Fristen und ein schlechtes Arbeitsklima sind weitere negative Faktoren. Entsprechend leiden laut dem Verband der deutschen Krankenkassen und Berufsgenossenschaften nicht etwa Manager am meisten unter Stress, sondern Müllmänner, Putzfrauen, Portiers, Fabrikarbeiterinnen, Bauhandlanger und Pflegepersonal.

Stress bei Über- und Unterforderung

Wenn man die Arbeitsmenge als erdrückend empfindet, wenn keine Zeit für seriöse Planung und Ausführung bleibt, ist das ein eindeutiger Hinweis auf eine negative Stresssituation. Ein Problem, das ganz besonders bei Kleinunternehmern bekannt ist. Aber nicht immer ist Überlastung die Ursache für Stress, auch das Gegenteil kann der Fall sein: Wenn Ihnen die Arbeit langweilig oder öde erscheint, brauchen Sie vielleicht keine Entlastung, sondern eher neue Aufgaben und Herausforderungen.

Weitere Stressursachen am Arbeitsplatz können Konflikte mit Arbeitskollegen oder Geschäftspartnern sein. Zum Beispiel wenn man sich nicht ernst genommen fühlt, keine eigenen Vorschläge machen oder Entscheidungen treffen kann. Auch fehlende Anerkennung und unkonstruktive Kritik können belastend wirken. In jedem Fall verursacht negativer Stress deutlich wahrnehmbare Signal

 

  • Körperliche Symptome: Schwitzen ohne ersichtlichen Grund; Kopf-, Schulter- oder Rückenschmerzen; Magen- oder Verdauungsprobleme; Kreislaufprobleme (zu hoher Blutdruck, rasender Puls); rasche Erschöpfung sowie Schlafstörungen.
     
  • Psychische Symptome: Depressionen und Niedergeschlagenheit; Selbstzweifel und das Gefühl von Nutzlosigkeit; Nervosität und Gereiztheit; Lustlosigkeit; Mühe, nach der Arbeit abzuschalten; Konzentrationsschwierigkeiten; Vergesslichkeit; Mühe mit Neuerungen; Schwierigkeiten beim Treffen von Entscheidungen.
     
  • Verhaltensänderungen: sozialer Rückzug; unnötige Fehler bei der Arbeit; unregelmässiges Essen; Einsatz von mehr Energie, um die gleiche Leistung erbringen zu können.
Massnahmen für eine gesunde Work-Life-Balance

Wenn Sie über längere Zeit hinweg häufig oder dauernd mehrere dieser Symptome an sich beobachten, ist Ihre Work-Life-Balance aus dem Ruder geraten. Sie sollten unbedingt etwas an Ihrem Leben ändern:

  • Minimieren Sie den selbstverursachten Stress: Stellen Sie keine zu hohen Ansprüche an sich selbst.
     
  • Versuchen Sie, durch langfristige Planung Termindruck zu vermeiden.
     
  • Treiben Sie regelmässig Sport (mindestens zweimal wöchentlich 20 Minuten).
     
  • Legen Sie alle zwei Stunden eine zwei- bis fünfminütige Pause ein. Schalten Sie einfach einen Moment lang ab, atmen Sie tief und ruhig durch und machen Sie ein paar Entspannungsübungen. Medizinische Studien haben gezeigt, dass solche Minipausen die Leistungsfähigkeit um bis zu 30 Prozent steigern.
     
  • Wenn Sie Probleme haben, sich zu entspannen, können verschiedene Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga oder Gymnastik hilfreich sein.
     
  • Trinken Sie viel Wasser (zwei Liter über den Tag verteilt), aber nur mässig Alkohol und verzichten Sie aufs Rauchen.
Bringen Sie Job und Privatleben unter einen Hut?

Der Begriff Work-Life-Balance steht für einen Zustand, in dem Arbeit und Privatleben im Einklang miteinander sind. Die Begriffsbildung stammt aus dem Englischen: Arbeit (work), Leben (life), Gleichgewicht (balance). Die Work-Life-Balance setzt sich aus diesen vier Komponenten zusammen.

Arbeit: Die meisten von uns verbringen mit Abstand die meiste wache Zeit am Arbeitsplatz. Umso wichtiger ist es, dass man Spass an seiner Arbeit hat. Wir wollen im Beruf erfolgreich sein, aber es wird auch von uns erwartet, dass wir den Anforderungen unseres Jobs gewachsen sind.

Gesundheit: Körperliches und seelisches Wohlbefinden, körperliche Fitness, gesunde Ernährung, genügend Erholungs- und Regenerationsphasen: All diese Faktoren sind entscheidend für ein gesundes Leben. Doch gerade junge, ehrgeizige Menschen lassen ihrer Karriere zuliebe ihre Gesundheit völlig ausser Acht. Nicht selten bereuen sie es später, wenn ihre Widerstandsfähigkeit sinkt, wenn sie unter Übergewicht und Rückenproblemen leiden und schon mit 40 ausgebrannt sind.

Beziehungen: Wenn jemand unter Druck steht, leiden der Partner und die Familie oft zuerst darunter. Auch Freundschaften und die übrigen sozialen Kontakte bekommen eine solche Krise zu spüren. Dabei ist gerade ein gutes soziales Netz die wichtigste Stütze in Lebenskrisen.

Lebenssinn und Werte: Wer mit sich selbst, seinen Überzeugungen und Werten im Reinen ist, ist weniger anfällig für Stress. Bei Überforderung stellt sich oft die Frage: «Genüge ich meinen eigenen Ansprüchen und denen meiner Umwelt überhaupt noch? Was soll das Ganze?»

Wenn Sie bei allen vier Punkten von sich sagen können, dass Sie mit der betreffenden Situation zufrieden sind, ist Ihre Work-Life-Balance ausgeglichen, und es besteht kein Grund zur Sorge. Ist Ihnen jedoch in bestimmten Bereichen nicht wohl, sollten Sie das Warnsignal ernst nehmen und versuchen, die Situation zum Besseren hin zu verändern.