Früchte und Gemüse sind gesund, Süssigkeiten und Pommes frites ungesund. Das wird uns schon im Kindergarten eingetrichtert. Die gute Nachricht: Das stimmt nicht – was aber nicht heisst, dass wir hemmungslos Süsses oder Fettiges futtern dürfen. «Es gibt keine gesunden oder ungesunden Lebensmittel, sondern nur eine gesunde oder ungesunde Ernährungsweise», erklärt Ernährungsberaterin Caroline Bernet. Die Abwechslung und die Mengenverhältnisse machen den Unterschied: «Man sollte sich möglichst ausgewogen ernähren und sich an die Lebensmittelpyramide halten – täglich fünf Früchte oder Gemüse, zu jeder Mahlzeit Kohlenhydrate, unter anderem in Form von Vollkornprodukten, genügend Eiweisse verschiedener Herkunft, Fettiges mit Mass und Süsses mit Genuss», so die Bernet.

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Dieses Prinzip gilt auch für die Sparte «Superfood». Dieser Begriff geht auf den gleichnamigen Bestseller von Steven Pratt und Kathy Matthews zurück. Die beiden US-Autoren nennen 14 Lebensmittel, darunter Heidelbeeren und Kürbisgemüse, die besonders gesund sein sollen, da sie überdurchschnittlich viele sekundäre Pflanzenstoffe enthalten – wie etwa Zeaxanthin oder Flavonoide. Daer positive Effekt dieser Mikronährstoffe konnte zwar in verschiedenen Studien nachgewiesen werden, doch Ernährungsberaterin Bernet relativiert: «Sekundäre Pflanzenstoffe kommen in allen pflanzlichen Lebensmitteln vor.» Es sei nicht sinnvoll, einzelne zu bevorzugen oder gar auf Fette oder Kohlenhydrate zu verzichten, da ein guter Mix darüber entscheide, ob ein Nährstoff tatsächlich aufgenommen werden könne.

1. Karotten sind gut für die Augen

Das stimmt nur in einem bestimmten Fall. «Karotten enthalten viel Betakarotin, eine Vorstufe von Vitamin A, das essentiell für den Aufbau und die Funktion der Netzhaut ist. Liegt aber kein Mangel an Vitamin A vor, bringen mehr Karotten nichts», erklärt Josef Flammer, Chefarzt der Augenklinik Basel. Hierzulande sei Vitamin-A-Mangel dank ausgewogener Ernährung kein Problem; anders in Entwicklungsländern, wo viele Kinder daran erblinden.

2. Viel Wasser trinken ist gesund

Das stimmt so nicht ganz. Es müsste heissen: Die richtige Menge Wasser trinken ist gesund. Denn wer viel zu viel Wasser trinkt, kann sogar daran sterben. Eine «Wasservergiftung» (Hyponatriämie) entsteht, wenn mehr Flüssigkeit aufgenommen wird, als durch Schwitzen und Ausscheiden verbraucht wird, sich das Blut dadurch verdünnt und sein Mineralstoffgehalt absinkt. Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, lagert der Körper Wasser im Gewebe ein. Im schlimmsten Fall gelangt es auch ins Gehirn und verursacht dort eine Schwellung, die tödlich sein kann. «Um die richtige Menge an Flüssigkeit zu sich zu nehmen, orientiert man sich am besten am Durst», rät Ernährungswissenschaftler Paolo Colombani von der ETH Zürich. Wobei man bei einem hohen Schweiss- und damit Salzverlust auch Sportgetränke oder Fruchtsäfte trinken sollte.

3. Dunkles Brot ist gesünder als helles

Hier wird eine falsche Schlussfolgerung gezogen. Vollkornmehl ist dunkler als Weissmehl und gilt generell als gesund, weil es aus ganzen Getreidekörnern besteht und somit auch die wertvollen Nährstoffe von Schale und Keimling enthält. Aber nicht jedes dunkle Brot ist auch ein Vollkornbrot: Sowohl Bäckermeister wie auch Grossverteiler färben ihre Backwaren gerne mit Malz ein. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss die Zutatenliste zu Rate ziehen.

4. Lightprodukte machen schlank

Nein, vermutlich ist sogar das Gegenteil der Fall. Experimente der amerikanischen Ernährungswissenschaftlerin Susan Swithers zeigen, dass Ratten mit kalorienfreien Süssstoffen wie Saccharin schneller zunehmen als mit natürlichem Zucker – sowohl während wie auch nach der Süssstoffdiät. Die Forscherin erklärt das Phänomen folgendermassen: Die Süssstoffe heizen den Hunger an, weil der Körper echten Zucker erwartet und darum Insulin ausschüttet. Das senkt den Blutzuckerspiegel, was der Körper als Signal interpretiert, dass er Energie braucht. Zudem erkennt er Süsses langfristig nicht mehr als kalorienreich und verliert so das natürliche Sättigungsgefühl auch bei echtem Zucker. Es gibt allerdings auch Studien, die die Insulin-These widerlegen.

5. Glückliche Kühe geben bessere Milch

Das ist richtig – wenn man annimmt, dass die Tiere auf der Weide glücklich sind. Denn die Milch von Kühen, die auf der Weide frisches Gras fressen, enthält einen höheren Anteil an wertvollen Fettsäuren und Antioxidantien – wie zum Beispiel die ungesättigten Omega-3-Fettsäuren oder Vitamin E. Das belegt eine Studie der Universitäten Newcastle (UK) und Aarhus (DK).

6. Salz erhöht den Blutdruck

Ja und nein. Nicht alle Menschen reagieren empfindlich auf erhöhten Salzkonsum: In verschiedenen Studien konnte jeweils nur bei etwa 10 bis 20 Prozent der Probanden eine sogenannte Salzsensibilität festgestellt werden, die den Blutdruck in die Höhe treibt. Auch führt reduzierter Salzkonsum nicht bei allen Patienten mit Bluthochdruck zu tieferen Werten. Das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel geht davon aus, dass Fettleibigkeit, Bewegungsarmut und Kaliummangel sich stärker auf den Blutdruck auswirken als die Einnahme von Kochsalz. Bei älteren Menschen und Diabetikern ist allerdings die Nierenfunktion oft eingeschränkt sie scheiden Salz dadurch weniger schnell aus. Eine Gefahr stellen für diese Risikogruppen auch industriell hergestellte Lebensmittel dar: Diese Fertigprodukte enthalten oft «verstecktes» Salz.

7. Grüner Salat hat viele Vitamine

Das ist relativ. Konsultiert man die Schweizerische Nährwertdatenbank des Bundesamtes für Gesundheit, so stellt man fest, dass andere Gemüsesorten viel besser abschneiden. Rote Peperoni etwa enthält fast doppelt so viel Vitamin A und rund 13-mal mehr Vitamin C als Kopfsalat. Einzig bei der Folsäure schneidet der grüne Salat besser ab.

8. Fruchtzucker ist gesünder als Kristallzucker

Schön wärs. Reiner Fruchtzucker (Fruktose) macht schneller dick als gewöhnlicher Haushaltszucker. Das konnten Forscher der Universität Cincinnati (USA) bei Fütterungsversuchen mit Mäusen nachweisen. In einer Studie der Universität von Minnesota in Minneapolis (USA) erhielten männliche Probanden fünf Wochen lang eine fruktosereiche Ernährung. Innerhalb kurzer Zeit schnellten ihre Blutfettwerte in die Höhe. Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt: «Der tägliche Fruktosekonsum sollte ein Gramm pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschreiten.»

9. Zu Steinobst darf man kein Wasser trinken

Das war einmal. Der Rat stammt aus Grossmutters Zeiten, als unser Trinkwasser noch eine Vielzahl von Keimen enthielt. Zusammen mit den Früchten im Bauch konnten sie zu unangenehmen Blähungen führen. Heute wird das Trinkwasser aufbereitet und ständig auf seine Qualität überprüft.