Sex ab 16 Jahren, Autofahren ab 18; Bier ab 16 Jahren, Hochprozentiges ab 18: Einige Altersgrenzen sind Jugendlichen und ihren Eltern wohlbekannt. Doch es gibt auch Bereiche, wo Unsicherheit herrscht. Einige Beispiele.

Die 17-jährige Nicole ist unsterblich verliebt: Sie und ihr 18-jähriger Freund wollen heiraten. Die Eltern sind einverstanden. Genügt das?
Nein. Heiraten kann nur, wer mindestens 18 Jahre alt und urteilsfähig ist. Nicole ist noch nicht ehefähig, obwohl ihre Eltern mit der Heirat einverstanden sind.

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Eine Ehe zu schliessen ist ein sogenanntes absolut höchstpersönliches Recht - die Eltern können deshalb nicht einfach als Stellvertreter für ihre minderjährige Tochter «ja» hauchen. Immerhin können sich die Turteltäubchen schon jetzt verloben. Nicole braucht dazu die Zustimmung ihrer Eltern. Wollen Nicole und ihr Freund die Verlobung später wieder auflösen, können sie das selbständig tun.

Die Eltern wollen von Nicos Jugendsparkonto, auf dem 1500 Franken liegen, Geld abheben für die nächsten Ferien. Muss die Bank ihnen das Geld auszahlen?
Nein. Die Bank darf den Eltern das Geld nicht auszahlen. Der Betrag gehört zu Nicos Kindesvermögen. Die Eltern müssen das Geld verwalten, aber sie dürfen nicht darauf zugreifen. Sie bräuchten dazu eine Genehmigung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Auch Nico selbst hat keinen Zugriff, solange er nicht volljährig ist.

Die 15-jährige Anja will sich nicht konfirmieren lassen und weigert sich, den Konfirmationsunterricht zu besuchen. Sie macht den Eltern klar, dass Religion ihre eigene Sache sei und sie ihr hierzu keinerlei Vorschriften erteilen dürfen. Stimmt das?
Nein. Anja muss sich noch ein Jahr gedulden. Erst ab ihrem 16. Geburtstag kann sie selber über ihre Religion bestimmen; bis zu diesem Zeitpunkt verfügen die Eltern über die religiöse Erziehung ihres Kindes. Sie entscheiden über die Konfession, der das Kind angehören soll, oder ob sie auf eine religiöse Erziehung verzichten wollen. Anja kommt also um den Konf-Unterricht nicht herum.

Patricks Lehrer hat ein Handyverbot während des Unterrichts erlassen. Trotzdem wird der Sekundarschüler beim SMSlen ertappt. Darf der Lehrer das Handy einziehen?
Ja. Wenn Patrick gegen Anweisungen des Lehrers oder der Schule verstösst, darf der Lehrer das Handy einkassieren und den Eltern mitteilen, dass das Gerät bei ihm abgeholt werden könne. Der Lehrer darf es aber nicht endgültig behalten. Das wäre ein Verstoss gegen die Eigentumsgarantie, die auch Minderjährigen zusteht.

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Mehr zu den Rechten von Jugendlichen

Kinder und Jugendliche haben verschiedene Rechte und Pflichten. Beobachter-Mitglieder erfahren, ob Eltern mithaften, wenn das Kind einen teuren Kaufvertrag eingeht, ob die Post des Filius geöffnet werden darf und was besorgte Eltern tun können, wenn die 14-jährige Tochter sich ein Tattoo stechen will.

Die 17-jährige Nina hat von einem deutlich älteren Verehrer einen kostbaren Ring geschenkt bekommen. Ninas Eltern verlangen, dass sie das Schmuckstück zurückgibt, doch das will die Tochter nicht. Haben die Eltern recht?
Ja. Minderjährige können zwar selbständig Schenkungen entgegennehmen. Diese müssen für die Jugendlichen ohne Nachteile sein, sie dürfen nicht mit Bedingungen oder Auflagen verbunden sein. Die Eltern haben aber das Recht, die Annahme der Schenkung zu verbieten oder die Rückleistung anzuordnen (Art. 241 OR). Nina muss den Ring also ihrem Verehrer zurückgeben, wenn die Eltern dies verlangen.

Die 16-jährige Jasmin ist empört: Ihre Mutter hat den Brief von Jasmins neuem Freund geöffnet und gelesen. Dürfen Eltern die Post ihrer Kinder öffnen?
Nein. Eltern müssen die Privatsphäre ihrer Kinder respektieren. Briefe an die Kinder sind für die Eltern tabu. Eltern, die ihre Neugier nicht bremsen können und den verschlossenen Brief öffnen, machen sich sogar strafbar: Sie verletzen das Schriftgeheimnis.

Eltern dürfen einen Brief an ihr Kind nur dann öffnen, wenn sie dies im Rahmen ihrer Erziehungs- und Fürsorgeaufgaben tun müssen, beispielsweise wenn der Sohn in einem Ferienlager ist und ein Schreiben der Schule eintrifft.

Zwischen dem 15-jährigen Mirko und seinen Eltern fliegen die Fetzen: Der Junior will nicht mehr mit in die Familienferien. Kommt er damit durch?
Nein. Die Eltern sind rechtlich gesehen am längeren Hebel. Solange Mirko minderjährig ist, muss er den Eltern gehorchen.

Grenzenlos ist die Macht der Eltern allerdings nicht, sie müssen ihren Sohn altersgerecht bei Entscheiden mit einbeziehen: «Das Kind schuldet den Eltern Gehorsam; die Eltern gewähren dem Kind die seiner Reife entsprechende Freiheit der Lebensgestaltung und nehmen in wichtigen Angelegenheiten, soweit tunlich, auf seine Meinung Rücksicht», hält das Zivilgesetzbuch fest. Aber wenn es hart auf hart kommt, muss Mirko den Eltern gehorchen.

Sandro, 16-jährig, will mit dem ersten eigenen Lohn einen Fernseher kaufen. Die Eltern sind strikt dagegen. Darf Sandro das Gerät trotzdem kaufen?
Ja. Minderjährige sind zwar nicht geschäftsfähig und brauchen die Zustimmung ihrer Eltern, um einen Vertrag zu schliessen.

Es gibt aber eine Ausnahme: Das Taschengeld und der eigene Lohn eines Jugendlichen gehören zu seinem «freien» Kindesvermögen, und darüber kann er selbständig verfügen. Sandros Kaufvertrag ist deshalb trotz der fehlenden Zustimmung der Eltern gültig. Wie die Eltern den TV-Konsum ihres Sohnes beschränken wollen, ist dann eine Frage der Erziehung.

Der 16-jährigen Lea reichts: Sie will von zu Hause ausziehen. Darf sie das?
Nein. Die Eltern entscheiden über den Wohnort minderjähriger Kinder. Ohne Zustimmung darf Lea nicht ausziehen.

Daniel, 16, hat einen Vertrag mit einem Fitnesscenter abgeschlossen. Die Eltern haben mitunterschrieben. Doch Daniel kann die Jahresgebühr von 650 Franken nicht bezahlen. Müssen in diesem Fall die Eltern einspringen?
Nein. Viele Gläubiger meinen, die Eltern seien automatisch haftbar, falls ihr Kind nicht zahlt. Das ist falsch. Allein Daniel ist Vertragspartner und als solcher verpflichtet, den Vertrag zu erfüllen. Das Fitnesscenter kann einzig von ihm das Geld einfordern und ihn allenfalls betreiben. Nur wenn im Vertrag eine solidarische Haftung der Eltern vereinbart wäre, könnte auch auf sie zugegriffen werden.

Wer muss zahlen, wenn der 14-jährige Johnny beim Ballspielen mit einer eleganten Flanke die gläserne Terrassentür des Nachbarn zertrümmert? Die Eltern?
Nein. Der 14-Jährige höchstpersönlich muss dem Nachbarn den Schaden ersetzen, den er verursacht hat. Seine Eltern sind nicht verpflichtet, ihn zu übernehmen. Nur wenn die Eltern ihr Kind ungenügend beaufsichtigt hätten, müssten sie dafür aufkommen. Einen 14-jährigen Jugendlichen müssen Eltern jedoch nicht ständig beaufsichtigen.

Einfacher wird die Angelegenheit in jedem Fall, wenn die Familie über eine Privathaftpflichtversicherung verfügt - dann wird diese die Kosten für den von Johnny fahrlässig verursachten Schaden übernehmen.