Hilft der Kanton mit, den Nachlass zu regeln?
Beim Abwickeln eines Nachlasses herrscht der totale Föderalismus: Manche Kantone begleiten die Erben von A bis Z, andere lassen sie komplett allein.
aktualisiert am 21. Juni 2018 - 17:24 Uhr
Wer nach dem Tod eines Angehörigen den Nachlass abwickeln muss, hat es je nach Wohnort des Verstorbenen nicht einfach. Denn die Kantone bestimmen, wie viel oder wenig Unterstützung sie den Erben anbieten.
In einigen Kantonen gibt es ein Teilungsamt, das die Erben vom Todesfall bis zur Erbteilung begleitet. Anderswo überlassen die Behörden alles den Erben und werden nur auf Gesuch hin überhaupt tätig. Mancherorts müssen die Erben für jede einzelne Amtshandlung eine andere Stelle aufsuchen.
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Basel – alles aus einer Hand
Im Kanton Basel-Stadt ist das Erbschaftsamt für alles zuständig. Es ist gesetzlich verpflichtet, bei jedem Todesfall ein Inventar über die Vermögenswerte und Schulden des Erblassers aufzunehmen. Die Informationen dazu beschafft es sich direkt bei den zuständigen Stellen und bei Personen, die über die Vermögensverhältnisse Auskunft erteilen können. Das fertige Inventar stellt es dann allen Erben zu.
Bei der Inventaraufnahme werden oft auch Fragen zur sogenannten güterrechtlichen Auseinandersetzung und zur Erbteilung beantwortet. Unterstützung bei der Erbteilung gehört nicht zu den Aufgaben des Erbschaftsamts. Es bietet diese Leistung aber gegen Entgelt ebenfalls an.
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Zürich – do it yourself
Wenn im Kanton Zürich jemand stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen
, erhalten die Erben von der Gemeinde einen Inventarfragebogen und die
Steuererklärung per Todestag. Das wars auch schon. Jede weitere Amtshandlung müssen die Erben speziell und an der richtigen Stelle beantragen. Eine allgemeine Ansprechstelle für die Abwicklung des Nachlasses gibts ebenfalls nicht. Wenn die Erben Hilfe brauchen, müssen sie sie selbst organisieren.
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Bern – die Geschäftemacher
Im Kanton Bern erstellt die Gemeinde innert sieben Tagen mit Unterstützung der Angehörigen ein sogenanntes Siegelungsprotokoll. Es bietet einen groben Überblick über den Nachlass. Gestützt darauf entscheidet dann das Regierungsstatthalteramt, welche weiteren Schritte notwendig sind. Ab einem Bruttonachlassvermögen von 100'000 Franken werden die Erben verpflichtet, für das Inventar einen Notar zu beauftragen . Das ist teuer.
Oft erstellt der Notar nicht nur ein Steuerinventar, sondern übernimmt gleich auch die Erbteilung – obwohl die Erben nicht dazu verpflichtet sind, sich dabei helfen zu lassen. Beim Beobachter-Beratungstelefon rufen immer wieder Ratsuchende an, bei denen der Notar dies angeboten oder sogar eine Pflicht suggeriert hat – ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Erben und mit horrenden Kostenfolgen.
Folgendes gilt immer, unabhängig vom Wohnkanton des Erblassers:
- Über die Erbteilung entscheiden ausschliesslich die Erben. Und es müssen alle damit einverstanden sein. Nur wenn alle Einigungsversuche schieflaufen und ein Erbe auf Teilung klagt, muss ein Gericht das Erbe teilen.
- Zuständig ist immer die Behörde am letzten Wohnort des Verstorbenen. Informieren Sie sich über die dort geltenden Vorschriften.
- Es muss ein Inventar zuhanden des Steueramts erstellt werden.
- Testamentseröffnung, Ausschlagung und Erbschein sind gebührenpflichtig.
- Testamente und in der Regel auch Erbverträge müssen der zuständigen Behörde eingereicht und eröffnet werden. Wer das nicht tut, kann sich strafbar machen.
- Wer kooperiert, gut vorbereitet ist und den Behörden bereits viele Informationen vorlegen kann, beschleunigt das Verfahren und vergünstigt es eventuell.
- Informieren Sie sich genau, welche Aufgabe die Behörde oder der Notar hat. Manchmal wird mehr Unterstützung angeboten, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Das kann eine willkommene Erleichterung sein – oder aber eine unnötige Kostenfalle.
Behörden sind nicht verpflichtet, gesetzliche Erben über einen Todesfall zu informieren. Das ist Sache der Angehörigen. Nur eine letztwillige Verfügung muss allen eingesetzten und den nächsten gesetzlichen Erben eröffnet werden.
Wenn der Kanton ein behördliches Inventar vorschreibt, muss dieses allen erbberechtigten Personen zugestellt werden. Es kann somit sein, dass zum Beispiel ein Kind, das keinen Kontakt zum Vater hat, nicht von dessen Tod erfährt. Die erbrechtlichen Fristen laufen aber erst, wenn es davon erfährt.
Um Erbschaftsgeschäfte abzuwickeln, kann der Erblasser im Testament oder Erbvertrag einen Willensvollstrecker bestimmen oder die Erbengemeinschaft einen Erbenvertreter. Beobachter-Mitglieder erfahren, wie sie im einzelnen Fall vorgehen, einen Erbschein bestellen oder das Erbe ausschlagen.
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