Fantasiegebühr auf der Arztrechnung
Eine Inkassofirma stellt einem Patienten nach einem Arztbesuch statt einer gleich zwei Rechnungen aus. Plötzlich kostet ein Arztbesuch 250 Franken mehr.
Veröffentlicht am 3. April 2019 - 14:45 Uhr,
aktualisiert am 15. März 2019 - 14:10 Uhr
Psychotherapeut Marc Heusser kam die Galle hoch, als er sah, welchen Betrag der Geldeintreiber Inkassomed von seinem Klienten verlangte: Fr. 779.90 statt der von ihm geforderten Fr. 528.35. Er wollte wissen, warum. «Das ist der Rechnungsbetrag inklusive aller Aufwendungen auf unserer Seite», schrieb ihm Inkassomed. Darunter ein Verzugsschaden von Fr. 198.65. «Ich habe nie einen solchen geltend gemacht», sagt Heusser.
Der Therapeut stellte dem Klienten nicht selber Rechnung. Das tat der Psychiater, bei dem er angestellt war. Die Büroarbeiten hatte dieser an die Ärztekasse ausgelagert, die die Rechnungsstellung besorgt, nicht aber das Inkasso. Dafür holt sie Partner an Bord, unter anderem Inkassomed.
Daniela Brunner von Inkassomed argumentiert für die Verrechnung des Verzugsschadens mit Art. 106 Obligationenrecht. Sie nennt das Verursacherprinzip: Der säumige Zahler erzeugt Zusatzkosten, weil seinetwegen ein Inkasso eingeleitet wird. Eine verquere Logik – ist es doch der Gläubiger, der fürs Geldeintreiben ein Inkassobüro beauftragt, nicht der Schuldner.
«Der Verzugsschaden wird kontrovers diskutiert», sagt Walter Hofer von der Ärztekasse. «Wir machen deshalb seit letztem Jahr auf die
Inkassokosten aufmerksam.» Wer mehr wissen will, muss auf die Inkassomed-Website, wo pauschale Bearbeitungsgebühren aufgeführt sind.
Doris Huber vom Beobachter-Beratungszentrum sagt:
«Wer einen Verzugsschaden
verlangt, muss ihn beweisen. Für pauschale Gebühren gibt es ohnehin keine rechtliche Grundlage.»
Von seinem Honorar bekam Heusser knapp 300 Franken überwiesen, den Rest, rund 200 Franken, behielt Inkassomed: «Wir fordern bei erfolgreichem Abschluss eines Falls ein zusätzliches Honorar vom Auftraggeber.»
Hier sei es so hoch, weil die Rechnung erst nach acht Monaten ans Inkasso übergeben wurde. Die Inkassofirma kassierte doppelt: vom Schuldner den Verzugsschaden, vom Gläubiger ein Honorar.