Chantal Britt, vor einem Monat sind Sie mit dem Prix Courage für Ihr grosses Engagement für Long-Covid-Betroffene ausgezeichnet worden. Wie waren die Reaktionen?
Viele Menschen haben mir gedankt und mir zum Preis gratuliert. Meist erzählen sie mir von ihren eigenen Erfahrungen im Gesundheits- oder Sozialsystem oder von Freundinnen oder Verwandten, die auch betroffen sind.

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Gab es auch spezielle Rückmeldungen?
Es haben sich viele Betroffene gemeldet, denen der Preis Hoffnung gibt und Mut macht. Ich habe aber auch von wildfremden Menschen Blumen erhalten und jetzt in der Adventszeit Weihnachtsgrüsse. Etwas stolz gemacht haben mich die Glückwünsche von Medizinerinnen und Forschenden, die mit uns zusammenarbeiten möchten. Weniger erwartet, aber auch sehr gefreut hat mich, dass mir auch Politikerinnen und Politiker sowie Vertreterinnen von Behörden gratuliert haben. Das werte ich als ein gutes Zeichen dafür, dass das Thema langsam aus der Versenkung auftaucht und gesellschaftsfähig wird. 

«Ich bin etwas mutiger und selbstbewusster geworden.»

Hat sich etwas für Sie selbst geändert? 
Ich bin etwas mutiger und selbstbewusster geworden. Ich fühle mich bestätigt, dass das, was ich tue, wichtig und richtig ist.


Was haben Sie mit dem Preisgeld von 15’000 Franken gemacht? 
Das Preisgeld teile ich mit den anderen sechs Vorstandsmitgliedern von Long Covid Schweiz. Diese tollen Frauen, die sich unbezahlt für Betroffene engagieren, sollen sich einen Wunsch erfüllen können. Ich selbst werde mit meinem Anteil ein Wellness-Abo lösen. 


An der Preisverleihung sagten Sie, die Auszeichnung gebe Ihnen das Gefühl, «etwas zu bewegen». 
Allein eine unsichtbare Erkrankung etwas fassbarer oder nachvollziehbarer zu machen, ist für mich ein kleiner Erfolg. Darüber zu sprechen, die Herausforderungen zu erklären, gemeinsam mit Stakeholdern Lösungen zu entwickeln und aufzugleisen, gibt mir das Gefühl, dass wir etwas bewegen.

«Probleme anzuerkennen, Lücken zu identifizieren und Lösungen zu skizzieren, sind wichtige erste Schritte.»

Was haben Sie erreicht?
Ich bin natürlich bescheiden. Long Covid und Myalgische Enzephalomyelitis sind komplexe Erkrankungen, die Lücken aufgedeckt haben in unseren Systemen. Ich kann nicht erwarten, dass sich von heute auf morgen alles in Versorgung, Forschung und Sozialversicherung von Grund auf verbessert. Aber Probleme anzuerkennen, Lücken zu identifizieren und Lösungen zu skizzieren, sind wichtige erste Schritte.  


Sie wünschten sich eine «Veränderung im Gesundheitswesen». Hat sich etwas getan? 
Veränderungen dauern immer sehr lange. Für Betroffene mit chronischen Erkrankungen viel zu lange. Wir erhalten oft die Antwort, dass gesetzliche Grundlagen fehlen. Oder, dass eine Behörde nicht das entsprechende Mandat hat und für gewisse Fragen nicht zuständig sei. Teilweise müssen wir immer noch unter Beweis stellen, dass wir als Betroffene mit chronischen Erkrankungen Kompetenzen und Erfahrungen haben, die für die Verbesserung unserer Versorgungsqualität entscheidend sind.


Wird Long Covid Schweiz neue Wege einschlagen müssen? 
Unsere Patientenorganisation wird ihren Zweck beibehalten, aber sie wird sich professioneller aufstellen müssen. Dafür müssen wir beispielsweise auch die zurzeit unbezahlten Vorstandsmitglieder so gut es geht entlasten. Es ist in der Schweiz eine grosse Herausforderung, chronisch kranke Frauen in Teilzeit unter fairen Arbeitsbedingungen anzustellen.

Aufruf für den Prix Courage 2025

Jedes Jahr verleiht der Beobachter den Prix Courage an inspirierende Menschen, die durch unerschrockenes Handeln und mutige Taten beeindrucken. Welche Kandidatinnen und Kandidaten sollen 2025 nominiert werden? Schreiben Sie uns eine E-Mail mit dem Namen und einer kurzen Beschreibung an prixcourage@beobachter.ch

Quellen