Kind verloren – was sind die rechtlichen Folgen?
Wenn ein Kind früh stirbt, ist das ein Schock. Hier erfahren Eltern, was rechtlich gilt, und wo sie Hilfe finden.
Veröffentlicht am 28. Oktober 2022 - 10:15 Uhr
Es ist der grösste Schmerz, den Eltern fühlen können. Das sagte Fussballstar Cristiano Ronaldo. Seine Frau erwartete Zwillinge und verlor eines der Kinder. Auch in der Schweiz erzählen immer mehr Prominente von solchen Erfahrungen und zeigen damit anderen Eltern, dass sie nicht allein sind. Denn betroffen sind viele: Mindestens jede zehnte Schwangere erleidet eine Fehlgeburt.
Was genau bedeutet Fehlgeburt?
Als Fehlgeborenes gilt in der Schweiz rechtlich gesehen ein Kind, das vor der 23. Schwangerschaftswoche ohne Lebenszeichen zur Welt kommt und weniger als 500 Gramm wiegt.
Muss man eine Fehlgeburt melden?
Nein. Eine Meldepflicht besteht erst ab der 23. Schwangerschaftswoche. Man kann aber mittels Formular bei jedem Zivilstandsamt eine offizielle Bestätigung verlangen und einen Namen für das Kind angeben. Es wird zwar nicht im Personenstandsregister oder im Familienbüchlein eingetragen, aber die Bestätigung kann eine Bestattung erleichtern – und bei der Trauerarbeit helfen . Dem Formular beilegen muss man eine Ausweiskopie und eine Bestätigung der Fehlgeburt durch die Hebamme oder die Ärztin.
Was passiert mit dem Fötus?
Die Eltern können entscheiden, ob sie ihr Kind kremieren oder mit nach Hause nehmen. Wenn sie es mitnehmen, können sie sich Zeit lassen, um zu realisieren, was passiert ist, und um ihr Kind zu verabschieden. Es gibt keine gesetzliche Frist, bis wann es bestattet werden muss. Die Eltern können sich von Seelsorgern und Hebammen begleiten lassen. Wenn sie sich für eine Kremation entscheiden, können sie die Asche in einer Urne oder einem anderen Behältnis nach Hause nehmen.
Man kann auch eine Obduktion verlangen. Allerdings liefert sie in vielen Fällen keine Antwort, warum es zur Fehlgeburt kam. Am besten sprechen Betroffene direkt mit der Ärztin darüber und lassen sich so viel Zeit wie möglich für den Entscheid.
Kann man das Kind bestatten lassen?
Leider kann man nicht verlangen, dass das Kind auf dem Friedhof in einem Einzelgrab beerdigt wird. Es gibt aber mittlerweile in vielen Städten und Gemeinden spezielle Grabfelder oder Gedenkstätten für früh verstorbene Kinder. Es sind Feuer- und Erdbestattungen möglich. Eine Liste finden Sie auf Kindsverlust.ch.
Man kann die Asche des Kindes auch individuell bestatten und an einem speziellen Ort verstreuen oder die Urne auf dem eigenen Grundstück vergraben. Einige Spitäler führen regelmässig Trauerfeiern und Bestattungen durch. Man kann sich direkt bei der Geburtsklinik, einem Bestattungsinstitut oder der Gemeinde informieren.
Muss man der Krankenkasse etwas zurückzahlen?
Nein. Die obligatorische Grundversicherung übernimmt von Anfang an sämtliche Kosten im Zusammenhang mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft. Sie darf von der Schwangeren keine Franchise oder Kostenbeteiligung verlangen – auch nicht rückwirkend. Ab der 13. Schwangerschaftswoche muss sie auch nichts zahlen, wenn sie krank ist.
Wenn eine Frau aber vorher eine Fehlgeburt erleidet, gilt das als Krankheit – und sie muss die damit verbundenen Behandlungen bis zu ihrer Franchise selbst bezahlen. Wenn diese erreicht ist, zahlt man noch zehn Prozent Selbstbehalt bis maximal 700 Franken. Falls die Kasse Geld für die Untersuchungen vor der Fehlgeburt zurückfordert, kann man sich wehren und an die Ombudsstelle Krankenversicherung gelangen.
Wann muss man wieder zur Arbeit?
Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub und die entsprechende Entschädigung haben Mütter nur, wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen gedauert hat. Falls man davor eine Fehlgeburt erleidet, muss der Arbeitgeber je nach Arbeitsvertrag bis zu drei Tage frei geben.
Auch der Vaterschaftsurlaub fällt dahin. Je nach Zustand kann man sich krankschreiben lassen – damit man das Geschehene besser verarbeiten kann. Dann schuldet der Arbeitgeber während dieser Zeit den vollen Lohn und darf bis auf weiteres auch nicht kündigen. Aber Achtung: Weder der Kündigungsschutz noch die Lohnzahlung währen ewig. Es kann auch sein, dass eine Krankentaggeldversicherung einspringt. Deshalb ist es wichtig, abzuklären, was gilt, und wenn nötig das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Wo gibt es Hilfe?
Die Fachstelle Kindsverlust in Bern etwa berät Eltern und Angehörige kostenlos telefonisch und per E-Mail. Erfahrene Beraterinnen unterstützen zu unterschiedlichsten Zeitpunkten im Trauerprozess: Sie sprechen mit den Betroffenen über das, was sie erlebt haben und was sie am meisten beschäftigt; und darüber, welche nächsten Schritte sie machen können. Die Fachstelle berät auch vor oder während einer erneuten Schwangerschaft. Wenn eine weitergehende fachliche Unterstützung nötig ist, vermittelt die Fachstelle geeignete Fachpersonen und Anlaufstellen in der Region.
Auch eine Paartherapie kann sinnvoll sein. Wer dringend Hilfe braucht, wendet sich am besten an eine Geburtsklinik in der Nähe, an die Dargebotene Hand (Telefon 143) oder an den psychiatrischen Notfalldienst im Wohnkanton.