Abnehmen ohne Verbote
Jeder muss seinen eigenen Weg zum Wunschgewicht finden. Die mediterrane Ernährung bietet dabei eine breite Auswahl, ist nachhaltig – und verbietet nichts.
aktualisiert am 25. Januar 2021 - 17:08 Uhr
Viele sehen beim Abnehmen nur das Eine: das Gewicht soll möglichst schnell und mit wenig Aufwand runter. Deshalb sind oft Diäten die vermeintliche Lösung . Diäthaltende folgen dabei blind einem Schema X über einen Zeitraum Y. Der Kopf – also das Fehlverhalten, das zum Übergewicht geführt hat – bleibt aber unbeteiligt.
Solange das Gewicht sinkt, sind Motivation und Elan gross. Und tatsächlich gelingt es den Meisten abzunehmen, auch wenn das verlorene Gewicht oft überwiegend aus Wasser und Muskelmasse besteht. Fast alle Menschen, die so ihre Kilos reduzieren, nehmen wieder zu. Dann kippt die Stimmung der Diätgeplagten und sie kompensieren die Tage des Verzichts mit kalorienreichen Tröstern.
«Wer in die alten Verhaltensmuster fällt, hat verloren.»
David Fäh, Gesundheitswissenschaftler
Woran viele nicht denken: Nach dem Abnehmen sinkt der Energiebedarf des Körpers dauerhaft. Wer das neue Gewicht halten will, muss weniger und anders essen und sich mehr bewegen .
Je mehr man abnimmt, desto schwieriger wird es, das erreichte Gewicht zu halten. Deshalb macht es selten Sinn mehr als 5 bis 10 Prozent des Körpergewichts zu reduzieren. Denn nicht eine bestimmte Anzahl Kilos zu verlieren sollte oberste Priorität haben, sondern ein Körpergewicht anzupeilen, das man auch dauerhaft halten kann.
Die Brechstange ist hier also das falsche Instrument. Vielmehr sollten Abnehmwillige auf eine nachhaltige Strategie setzen – zum Beispiel auf die sogenannte «mediterrane Ernährung».
Bereits in den 1960er-Jahren entdeckten Forscher durch die «Sieben-Länder-Studie», dass die traditionelle Art und Weise wie die Bewohner des Mittelmeerraumes assen, gesundheitliche Vorteile bot. Später fanden sie heraus, dass Menschen, die sich so ernährten, seltener an Herzinfarkt , Hirnschlag, Krebs, Alzheimer und anderen Krankheiten litten.
Etwas jünger ist die Erkenntnis, dass mediterran essen auch gut für die Figur ist. Personen, die sich über zwei Jahre mediterran ernährten, nahmen in einem ähnlichem Ausmass ab wie mit einer kohlenhydratarmen Diät und besser als solche, die eine fettarme Diät hielten.
Die Wissenschaftler beendeten zwar die Studie nach zwei Jahren, sie wogen die Studienteilnehmer aber nach vier weiteren Jahren erneut und fragten sie nach ihrer Ernährungsweise. Das Resultat: Sechs Jahre nach Beginn der Ernährungsumstellung hatte die mediterrane Gruppe im Schnitt ein niedrigeres Körpergewicht als zu Studienbeginn, während die Gruppe mit der fett- und kohlenhydratreduzierten Diät ihr Ausgangsgewicht ganz oder fast wieder erreicht hatten.
- Täglich Gemüse , Früchte sowie Nüsse, Samen oder Kerne
- Kohlenhydratquellen mit viel Ballaststoffen (Nahrungsfasern, z.B. Vollkornprodukte)
- Öle, die hauptsächlich aus einfach ungesättigten Fettsäuren bestehen; für die Zubereitung (Olivenöl , Rapsöl)
- Ungesüsste Milchprodukte, Eier, Fisch, Meeresfrüchte und mageres Geflügel als tierische Eiweissquelle
- Rotes Fleisch und Fleischprodukte maximal zwei Mal pro Woche
- Zurückhaltung bei Süssem, Durst kalorienfrei löschen
- Moderater Alkoholkonsum zum Essen geht in Ordnung (vorzugsweise Rotwein)
Die mediterrane Ernährungsweise hat dank der Summe ihrer Elemente und deren Zusammenspiel einen beschützenden Effekt auf die Gesundheit. Studien konnten zeigen, dass jeder der Ernährungsbestandteile seinen Beitrag leistet.
Nicht nur die Rohstoffe, auch die Herstellung der Produkte, die Zubereitung und der Rahmen, in dem gegessen wird , spielen eine Rolle. Der Vorteil an der mediterranen Ernährung ist, dass sie nichts verbietet. Dazu ist sie ebenso farbenfroh, vielseitig und genussfreundlich. Dies erklärt auch, warum die Studienteilnehmer sich nach sechs Jahren immer noch an diese Ernährungsform hielten, obwohl sie niemand daran erinnerte oder sie kontrollierte.
Sich nach mediterranem Vorbild zu ernähren, heisst auch, möglichst naturbelassen zu essen und nur ausnahmsweise zu stark verarbeiteten Produkten zu greifen. Denn oft macht das dick, was zwischen Acker und Teller passiert – sprich: Frittieren, panieren, konservieren. Mediterrane Ernährung setzt auch auf saisonale, regionale Produkte. Diese sind besonders reich an gesunden Nährstoffen, weil sie unter optimalen Bedingungen wuchsen und nur kurze Transportwege hinter sich haben.
- Alles ist erlaubt – mit Mass. Es gibt keine Verbote.
- Saisonal, regional und frisch einkaufen
- Abwechslungsreich einkaufen, zubereiten und essen
- Möglichst wenig verarbeitete Produkte
- Dämpfen und Garen statt Frittieren und Panieren
- Mit frischen Kräutern und Gewürzen zubereiten
- Gemeinsam essen und geniessen
- Viel bewegen, Stress vermeiden, Freude am Leben
Im Gegensatz zu vielen Diäten verhilft mediterran essen nicht nur zu einem nachhaltig niedrigeren Gewicht, sondern auch zu einer besseren Gesundheit. Tatsächlich hatten Studienteilnehmer in der mediterranen Gruppe bessere Blutzucker - und -fettwerte als vor Studienbeginn. Auch die Risiken für nicht-übertragbare Krankheiten konnten teilweise deutlich gesenkt werden.
Übrigens sollten sich auch sogenannte Normalgewichtige die mediterrane Ernährung zu Herzen nehmen. Nicht nur aus gesundheitlichen, sondern auch aus figurtechnischen Überlegungen. Denn die beste Massnahme um Übergewicht zu verhindern, ist eine Gewichtszunahme zu vermeiden.
Gesundheitliche Vorteile der mediterranen Ernährung | Ausmass |
Reduktion des Risikos vorzeitig zu sterben | 17 bis 25% |
Reduktion des Risikos an Herzinfarkt zu sterben | 20 bis 40% |
Reduktion des Risikos an Krebs zu sterben | 20 bis 30% |
Reduktion des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen | 25 bis 45% |
Reduktion des Risikos für Erkrankung an Alters-Zuckerkrankheit (Typ 2- Diabetes) | 25 bis 30% |
Abnahme von Körpergewicht | durchschnittlich 5 Kilo nach- haltiger Gewichtsverlust |
Verbesserung bei Komponenten des metabolischen Syndroms* | variabel, um 30 bis 40% |
*schlechte Blutfett- und zuckerwerte, grosser Bauchumfang, Bluthochdruck |
David Fäh forscht und lehrt an der Universität Zürich und ist Dozent an der ETH Zürich. Der Präventivmediziner und Gesundheitswissenschaftler beschäftigt sich mit den Ursachen, den Folgen und der Vermeidung von Übergewicht und ist Autor zahlreicher Publikationen.