Globuli weiter unter Druck
Deutschland streicht die Homöopathie aus der Ärzteweiterbildung. In der Schweiz hält man an der umstrittenen Methode fest.
Veröffentlicht am 30. Mai 2022 - 11:20 Uhr
Deutschland läutet die Abkehr von der Homöopathie ein: Die Zusatzbezeichnung Homöopathie wird aus der Weiterbildungsliste für Ärzte gestrichen. 13 von 17 Bundesländern haben sich bereits für die Streichung entschieden. Die komplementärmedizinische Methode wird damit kein Lernziel mehr sein. Dies berichtet die deutsche Onlineplattform Aerzteblatt.de.
Grund für die Streichung ist der Umstand, dass bis heute wissenschaftliche Studien fehlen, die die Wirksamkeit von Homöopathie – abgesehen von allfälligen Placebo-Effekten – belegen. Verboten ist Homöopathie aber weiterhin nicht: Deutsche Ärzte dürfen nach wie vor trotz fehlendem Wirkungsnachweis mit Globuli und anderen homöopathischen Präparaten behandeln.
Es ist ein erster Schritt. Viel weiter ging etwa Frankreich, wo Homöopathie per Januar 2021 aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen wurde. Oder das Vereinigte Königreich. Dort hatte die zuständige Behörde der britischen Gesellschaft für Homöopathie gleich die Zulassung entzogen.
Der Entscheid fiel bei einer Abstimmung am 126. Deutschen Ärztetag am 26. Mai 2022 – mit wenigen Gegenstimmen. Der deutsche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begrüsste den Entscheid auf Twitter: «Gute Medizin steht auf dem Boden der Wissenschaft. Für Homöopathie gibt es dort keinen Platz.»
In der Schweiz bleibt die Homöopathie unangefochten , nachdem sie 2009 mit einer Volksabstimmung sogar in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen worden war.
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4 Kommentare
Komplementärmedizin: Soll Grundversicherung für Placebo-Effekte bezahlen?
Da der Heilungseffekt vieler Methoden der Komplementärmedizin wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist, ist anzunehmen, dass die Heilung bei diesen Methoden vorwiegend über die Suggestivwirkung oder gar über die Selbstheilung durch „Warten“ erfolgt. Sollen wirklich alle Versicherten für diese Art der Heilung bezahlen?
Regelmässig stattfindende sozialwissenschaftliche Befragungen zeigen, dass Homöopathie beliebt ist bei hoher Zufriedenheit bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit. Deshalb werden homöopathische Arzneimittel gerne bei Säuglingen, Kindern, Schwangeren, Menschen mit Mehrfacherkrankungen und Menschen höheren Alters angewendet.
Für die Behandlungsqualität und Patientensicherheit existiert in der Schweiz ein Fähigkeitsausweis Homöopathie, der vom Schweizerischen Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) und von der FMH anerkannt ist.
Gerade durch die Antibiotika Resistenzproblematik und Polypharmazie sind nachhaltige und schonende Erweiterungen der Therapiemöglichkeiten gefragt, und die integrativ angewandte Homöopathie kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, wie verschiedene Publikationen in den Fachmedien zeigen.
Gisela Etter, Präsidentin Schweizer Verein homöopathischer Ärztinnen und Ärzte.
ich bin nach wie vor zufrieden und auf Homöopathie vertrauend. Mir hilft es seit 1991, es spart mir und allgemein Gesundheits/Krankenkasse Kosten.
Sehr geehrte Frau Dr. Etter,
Sie haben ja eine naturwissenschaftliche Ausbildung genossen. Am Rande derer hätten Sie eigentlich erfahren müssen, dass die Wirksamkeit von Arzneimitteln nicht durch sozialwissenschaftliche Befragungen belegt werden kann.
Dazu eignen sich aus wissenschaftlicher Sicht ausschliesslich randomisierte und doppelverblindete Studen, in welcher der Placeboeffekt (durch die Verblindung) neutralisiert wird. Und seit über 200 Jahren ist es der H nie gelungen, in solchen Studien mit gutem Design und genügender Anzahl Studienteilnehmern für irgend eine Krankheit ein signifikant positives Ergebnis zu erzielen. Dies ist auch nicht möglich, weil die behauptete Wirkungsweise Naturgesetzen widerspricht. Selbst die Homöopathen reden ja von geistigen Kräften. Magie hat jedoch in der Wissenschaft zum Glück keine Bedeutung.