Wie im Schraubstock
Ein grosser Teil der Bevölkerung ist von Kopfschmerzen betroffen. Doch wer denkt, Medikamente seien die beste Lösung gegen den Schmerz, irrt manchmal.
aktualisiert am 23. Juli 2019 - 16:37 Uhr durch
«Für mich ist es Entspannungskopfweh», sagt Raphael Gerber* aus Zürich. Denn bei ihm trete es auf, wenn er sich am Wochenende oder am Anfang der Ferien zu entspannen beginne. Den Schmerz beschreibt der 50-Jährige so: «Wie ein Schraubstock oder eine zu enge Haube um den Kopf.»
Er unterscheidet zwischen einem akuten und einem nicht akuten Schmerz. «Wenn das Kopfweh akut ist, nehme ich zwei Contra-Schmerz und lege mich hin. Nach 24 Stunden ist es dann vorbei.» Die nicht akute Form daure in der Regel zwei Tage. «Das ist lästig, doch ich kann ohne Medikamente weiter funktionieren.» Das Kopfweh beeinflusst die Freizeit. «Ich musste auch schon Einladungen absagen oder mit starkem Kopfweh in die Ferien fahren und mich dort sofort ins Bett legen.»
Es gibt gegen 250 Kopfweharten. Die häufigsten, die 90 Prozent ausmachen, werden grob in zwei Kategorien unterteilt: Migräne respektive Spannungskopfweh. Während bei Migräne eine Form von Entzündung im Kopf nachgewiesen werden kann, gibt es für das Spannungskopfweh keine solche sichtbare Ursache. «Spannungskopfweh wird definiert als eines ohne weitere Begleiterscheinungen», sagt Peter Sandor, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Neurologie in der RehaClinic in Baden.
Verschiedenen Studien zufolge erleben 30 bis 78 Prozent der Bevölkerung einmal in ihrem Leben einen Spannungskopfschmerz. Zudem leidet rund 10 Prozent der Bevölkerung an Migräne. In einer Umfrage des Bundesamtes für Statistik gaben im Jahr 2017 etwa 30 Prozent der Befragten an, in den letzten vier Wochen Kopf- und Gesichtsschmerzen gehabt zu haben. Frauen waren dabei häufiger betroffen als Männer.
Als wichtigste Gründe für das Spannungskopfweh nennt der Neurologe Sandor muskuläre Verspannungen, eine länger dauernde Druck- oder Stresssituation oder vererbte Anfälligkeit. Äussere Einflüsse wie Hitze , Wetterwechsel oder Föhn spielen hingegen kaum eine Rolle.
«Wer regelmässig an ein bis zwei Tagen in der Woche Kopfweh hat, muss das vom Hausarzt abklären lassen», betont der Sandor. Ab 15 Tagen pro Monat spricht man von chronischem Kopfweh. Der Neurologe empfiehlt, ein Kopfwehtagebuch über die Art und Heftigkeit, den Verlauf, die Begleitsymptome und Medikamente zu führen. «Das ist eine grosse Hilfe für die richtige Diagnose und eine wirksame Behandlung .»
Die meisten Kopfwehgeplagten greifen zuerst mal zu Kopfwehmitteln, die es rezeptfrei gibt. «Doch bei dieser Selbstmedikation muss man die Gefahren kennen», warnt Peter Sandor. Sie kann langfristig abhängig machen - und sogar das Gegenteil des gewünschten Effekts bewirken.
«Bei einerSelbstmedikation muss man die Gefahren kennen.»
Peter Sandor, Ärztlicher Direktor RehaClinic Baden
So war es bei Susanne Müller*, die bereits als Jugendliche unter Migräne litt. Später ging diese zurück, doch sie hatte nach wie vor etwa zweimal monatlich Spannungskopfweh. Zum Arzt ging sie nicht mehr, nachdem dieser ihr gesagt hatte, das sei Stress oder sonstwie psychisch bedingt.
Sie bekämpfte das Kopfweh mit Schmerzmitteln, die aber kaum Linderung brachten. Im Gegenteil: Die Schmerzen wurden häufiger und gingen manchmal in Migräneschübe über. Alternative Methoden wie Akupunktur und Craniosacraltherapie brachten nur für kurze Zeit Linderung.
Vom Arzt erhielt Susanne Müller Betablocker. «Damit hatte ich neun Monate Ruhe, doch danach kam das Kopfweh stärker als vorher», erzählt sie. Nun half auch Bewegung nichts mehr. Anfang Jahr begann sie das Migränemittel Triptan zu nehmen. Seit Februar hat sie praktisch jeden zweiten Tag Kopfweh. «Wenn ich das Triptan nicht frühzeitig genug schlucke, kann ich nicht mehr arbeiten.» Einen Tanzkurs gab sie auf und rollerbladen kann sie wegen der Schmerzattacken nicht mehr regelmässig.
Nach einer Beratung beim Kopfwehtelefon der Kopfschmerzhilfe Schweiz (siehe «Beratung») hat sich Susanne Müller nun für den Entzug der Medikamente entschieden. «Das ist nur in der Klinik möglich», sagt sie. Wohl deshalb schiebe man diese Entscheidung lange vor sich her.
Wissenschaftlich ist nachgewiesen, dass alle Arten von Schmerzmitteln, auch rezeptfreie
, bei häufiger Einnahme chronisches Kopfweh auslösen. Als häufig bezeichnet Sandor die Einnahme an zwei Tagen wöchentlich. «Rund ein Prozent der Bevölkerung leidet an einem solchen
Medikamentenkopfweh», so der Neurologe. Es sei enorm wichtig, Alternativen zu Medikamenten auszuprobieren. «Man weiss, dass das Spannungskopfweh durch regelmässige Entspannungsübungen weniger häufig und weniger stark ausbricht», erklärt er.
Als wirksam habe sich auch die Psychotherapie erwiesen, weil sie Reaktionsmuster verändere bei Kopfweh, das durch Stresssituationen ausgelöst wird. Eine vorbeugende Wirkung schreibt der Arzt Ausgleichs- und Ausdauersport zu .
Vorsicht sei hingegen bei Therapien geboten, die eine schnelle Heilung versprechen. «Alternative Methoden wirken erst durch Dauer und Regelmässigkeit», betont der Neurologe und fügt hinzu: «Und mit dem Heilungsanspruch setzt man sich unter unnötigen Druck.»
Raphael Gerber half sich mit den üblichen Hausmitteln: einem kalten Waschlappen auf der Stirn oder dem Einreiben von kühlendem Pfefferminzöl . Schmerzmittel nahm er, um schlafen zu können.
«Heute ist das Kopfweh viel seltener», sagt er. «Entscheidend ist wohl, dass ich Druck gegenüber gelassener geworden bin.» Er plane heute bei der Arbeitsorganisation Zeitpuffer ein. Verändert hat er auch den Tagesrhythmus: Er beginnt früher am Morgen und arbeitet abends gar nicht mehr oder – falls doch – weniger lang. Und auch in den grössten Stresszeiten geht er eisern einmal wöchentlich rudern.
* Namen geändert
Versuchen Sie es statt mit Schmerzmitteln einmal mit folgenden Methoden:
- Übermässige Belastung vermeiden
Eine neue Matratze, ein anderer Stuhl oder regelmässige Pausen bei der Computerarbeit können bereits erhebliche Besserung bringen. - Akupressur
Sie drücken bestimmte Punkte auf Energieleitbahnen. Am besten lassen Sie sich von einer Fachperson zeigen, wie Sie drücken sollen und welche Punkte für Ihr Kopfweh geeignet sind. Regelmässig angewendet, kann Akupressur auch helfen, die Häufigkeit zu verringern. - Pflanzliche Mittel
Zehnprozentiges Pfefferminzöl auf Stirn oder Schläfe geben; verspannte Muskeln mit ätherischem Öl (zum Beispiel Fichtennadel) einreiben; bei Migräne Capsaicintropfen (Wirkstoff aus Paprika) in das Nasenloch auf der Seite des Kopfschmerzes geben. - Umschläge
Kalte oder warme Umschläge im Nacken und kalte Umschläge auf der Stirn. - Massagen
... zum Beispiel eine Nackenmassage. - Warmes Entspannungsbad
Bei Wetterfühligkeit ist ein Badezusatz aus Rosmarin, Lavendel und Kamille günstig (nicht am Abend – Rosmarin regt an!). - Starker Kaffee mit Zitrone
... wenn Sie es im Magen vertragen. - Tee
... aus Melisse, Johanniskraut, Hopfen, Baldrian, Lavendel oder Pfefferminze. - Bewegung
... zum Beispiel spezifische Rückengymnastik, einen Spaziergang oder Yoga.
- Förderverein Migraine Action: www.kopfschmerzhilfe.ch.
Der unabhängige Verein bietet Beratung an. Kopfwehtelefon: 061 423 10 80 (Dienstag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr) - Kopfwehzentrum Hirslanden: www.kopfwww.ch
- Schmerzzentrum Zofingen: www.schmerzzentrum.ch
- Schweizerische Kopfwehgesellschaft: www.headache.ch
3 Kommentare
Die Pharmaindustrie hat ihren Job die letzten Jahrzehnte gut gemacht, und die meisten von uns dahingehend abgerichtet, dass wir kaum noch Alternativen zu Medikamenten kennen.
Gleichzeitig haben die Kirchen ihren Job sehr schlecht gemacht, und die Menschen vergessen lassen, dass Gott, so wie damals durch Jesus, auch heute noch alle Krankheiten heilen kann, und auch will!
Ich habe das Privileg, in einer Gemeinde zu sein, wo das nicht vergessen wird, und so regelmässig, fast jeden Sonntag Leute geheilt werden.
Ich erinnere mich an eine hübsche junge Frau, die vor einiger Zeit regelmässig zu uns kam. Sie litt seit Jahren an einer sehr schweren Form von Migräne, die so stark war, dass sie jeden Monat für ein paar Tage im Krankenhaus lag. Nach ein paar Gottesdiensten in unserer Gemeinde, war die Migräne weg, komplett. Sie hat seither nie wieder darunter leiden müssen!
Jesus heilt heute noch! Ihm gebührt alle Ehre!
Viele andere Zeugnisse hätte ich noch, die haben aber hier nicht alle Platz.
Als ich einmal im Militärdienst starke Kopfschmerzen hatte, fragte ich einen Bauern auf dem Feld im Emmental wo es eine Apotheke gibt um Tabletten zu kaufen. Er riet mir: Trink eine Stange Bier ! Gesagt, getan und die Kopfschmerzen waren nach kurzer Zeit verschwunden. Seit über 40 Jahren mache ich es so wenn ich gelegentlich Kopfschmerzen habe und in der Regel hilft es immer. (Natürlich dann nicht Auto fahren) Warum immer gleich zu Medikamenten greifen ?
Bei Kopfschmerzen, vorallem chronischen, wird oft die Nahrungsmittelunverträglichkeit vergessen. Vielfach ist diese ein Auslöser für solch regelmässige schmerzen. Gerade bei einer Histaminintoleranz oder Glutenunverträglichkeit kommen Kopfschmerzen sehr oft vor. Wenn nicht bemerkt fängt ein teufelkreis an, wie oben beschrieben.